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Titan 11

Titan 11

Titel: Titan 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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hatte, aber es war ihm gleichgültig. Tanzen… Niemals würde ich wieder tanzen, denn ich wußte jetzt, daß die Wälder nicht frei von Augen waren, nicht frei von großen, stumpfsinnigen, schmutzigen, animalischen Männern. Sommertage, an denen die Kleider an mir klebten, Wintertage, deren Würde mich einhüllte und erzittern ließ, und niemals mehr konnte ich tanzen, niemals mehr mich an das Tanzen erinnern, ohne an die Schande denken zu müssen, daß er mich dabei beobachtet hatte. Wie ich ihn haßte! Oh, wie ich ihn haßte!
    Allein zu tanzen, wo mich niemand sah, war das einzige, was ich verbarg, ich, die als Miß Kew bekannt war, als jene viktorianische Frau, die älter aussah als sie war, in der Zeit zurückgeblieben, korrekt und gestärkt, in Spitzen und Leinen und Einsamkeit. Nun würde ich in der Tat ganz und gar das sein, was sie von mir behaupteten, für immer und ewig, nun, da er mich des einzigen beraubt hatte, das ich vor aller Welt verborgen hatte.
    Er trat in die Sonne, kam auf mich zu, hielt den Kopf ein wenig schräg. Ich blieb stehen, wo ich war, innerlich völlig gelähmt, äußerlich erstarrt und durch und durch bedeckt vom Hauch der Angst und vom Schatten der Furcht. Mein Arm war noch ausgestreckt, meine Hüfte bog sich noch im Tanz, und als er stehen blieb, atmete ich wieder, weil ich nicht anders konnte. »Liest du Bücher?« fragte er.
    Ich konnte es nicht ertragen, daß er so nahe bei mir war, aber ich konnte mich nicht bewegen. Er streckte seine schwielige Hand aus und berührte mein Kinn, drehte meinen Kopf, bis ich in sein Gesicht sehen mußte. Ich bog mich zurück, aber seine Hand ließ mein Gesicht nicht los, obwohl er es nicht hart gefaßt hielt, es nur ein wenig hob. »Du mußt ein paar Bücher für mich lesen. Ich habe keine Zeit, sie zu suchen.«
    »Wer sind Sie?« fragte ich ihn. »Lone«, sagte er. »Liest du nun die Bücher für mich?« »Nein. Lassen Sie mich los, lassen Sie mich gehen!« Er lachte mich an. Er hielt mich gar nicht fest. »Welche Bücher?« schrie ich. Sehr behutsam hob er mein Gesicht an. Ich mußte ihn nun noch etwas mehr ansehen. Er nahm die Hand weg. Seine Augen, die Iris drehte sich… »Öffne dich«, sagte er. »Öffne dich und laß mich sehen…«
    Ich dachte an Bücher, und er suchte nach Titeln. Nein, er suchte nicht nach Titeln, da er nicht lesen konnte. Er suchte danach, was ich über die Bücher wußte. Plötzlich fühlte ich mich schrecklich nutzlos, da ich nur einen Bruchteil dessen kannte, was er verlangte.
    »Was ist das?« sagte er rauh. Ich wußte nicht, was er meinte. Er hatte es aus meinem Kopf. Ich wußte noch nicht einmal, daß es dort war, aber er fand es dennoch. »Telekinese«, sagte ich. »Wie macht man das?« »Niemand weiß, ob sie möglich ist. Man bewegt Gegenstände mit der Kraft des Geistes.«
    »Sie ist möglich«, sagte er. »Und das?« »Teleportation. Das ist fast das gleiche. Man bewegt seinen Körper von Ort zu Ort, nur mit Geisteskraft.« »A ja, ich verstehe«, sagte er. »Molekulardurchdringung. Telepathie und Hellsehen. Ich weiß nichts darüber. Ich halte das alles für Humbug.«
    »Lies darüber. Egal, ob du es verstehst oder nicht. Was ist das?«
    Es war in meinem Gehirn, auf meinen Lippen. »Gestalt.«
    »Was bedeutet es?«
    »Gruppe, Gruppentheorie. Wie eine Heilmethode für verschiedene Krankheiten. Oder wie viele Gedanken, die in einem Satz ausgedrückt werden. Das Ganze ist größer als die Summe seiner Einzelteile.«
    »Lies auch darüber. Sehr viel darüber. Darüber mußt du am meisten lesen. Es ist sehr wichtig.«
    Er drehte sich weg, und als seine Augen den Kontakt mit den meinen verloren, war es, als ob irgend etwas auseinanderbräche, und ich stolperte und fiel auf die Knie. Er ging zurück in die Wälder, ohne sich nach mir umzusehen. Ich ergriff meine Kleider und rannte nach Hause. Der Ärger riß mit der Gewalt eines Sturms an mir. Ich hatte Angst, aber sie war schwächer. Ich wußte, daß ich die Bücher lesen würde, wußte, daß er zurückkommen würde, wußte, daß ich niemals wieder tanzen würde.
    Also las ich die Bücher, und er kam zurück. Manchmal kam er drei oder vier Tage nacheinander, und manchmal kam er zehn Tage nicht, weil ich ein bestimmtes Buch nicht finden konnte. Er wartete immer in diesem kleinen Hain, stand im Schatten, nahm, was er von den Büchern gebrauchen konnte, aber nichts von mir. Niemals erwähnte er unsere nächste Zusammenkunft. Ob er jeden Tag kam, um dort auf mich zu

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