Titan 15
öffnete Martel seine Jacke und zeigte die Instrumentenbox. Verwundert schaute Stone ihn an. Martel erläuterte:
»Ich bin gecrancht. Haben Sie das noch nie gesehen?«
»Nicht bei Menschen! Bei Tieren. Erstaunlich! Aber – was wollen Sie von mir?«
»Die Wahrheit. Fürchten Sie sich vor mir?«
»Nicht damit«, sagte Stone und packte seinen Drahtpunkt fester.
»Aber ich will Ihnen die Wahrheit sagen.«
»Ist es wahr, daß Sie die Große Qual besiegt haben?«
Stone zögerte und suchte nach Worten für eine passende Antwort.
»Schnell, können Sie mir sagen, wie Sie es geschafft haben, damit ich Ihnen glauben kann?«
»Ich habe die Schiffe mit Leben gefüllt.«
»Leben.«
»Leben. Was die Große Qual ist, weiß ich nicht. Aber was ich in Experimenten herausgefunden habe, ist, daß wenn ich große Mengen von Tieren oder Pflanzen hinausschickte, das Leben in der Mitte am längsten lebte. Ich habe Schiffe gebaut – kleine natürlich – und sie mit Kaninchen, mit Affen losgeschickt…«
»Sind das Tiere?«
»Ja. Kleine Tiere. Und sie kamen unversehrt zurück. Sie kamen zurück, weil die Wände der Schiffe mit Leben gefüllt waren. Vieles habe ich ausprobiert und schließlich eine Sorte Leben gefunden, die im Wasser wohnt. Austern. Austernbänke. Die äußersten Austern sind in dem, was Sie die Große Qual nennen gestorben. Die inneren lebten.
Die Passagiere waren unversehrt.«
»Aber sie waren Tiere.«
»Nicht nur Tiere. Ich selbst.«
»Sie?«
»Ich bin allein durch den Raum gekommen. Allein durch das, was Sie das Ex-und-Hopp nennen. Wachend und schlafend. Ich bin unversehrt. Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie doch Ihre Checker-Brüder. Kommen Sie morgen früh und sehen Sie sich mein Schiff an. Dann will ich Sie gerne empfangen, zusammen mit Ihren Checker-Brüdern. Ich werde ohnehin für die Chef-Technokraten eine Vorführung veranstalten.«
Martel wiederholte seine Frage: »Sie sind also allein hierhergekommen?«
Adam Stone wurde langsam ungeduldig. »Ja. Allein. Gehen Sie jetzt und schauen Sie in Ihrem Checker-Register nach, wenn Sie mir nicht glauben. Mich stecken Sie nie für die Raumdurchquerung in eine Flasche.«
Martels Gesicht strahlte. »Jetzt glaube ich Ihnen. Es ist wahr. Keine Checker mehr. Keine Habermänner mehr. Kein Cranchen mehr.«
Stone blickte auffordernd nach der Tür.
Martel ignorierte den Wink. »Ich muß Ihnen sagen, daß…«
»Sir, sagen Sie’s mir morgen früh. Gehen Sie und genießen Sie Ihren Cranch. Soll doch phantastisch sein. Medizinisch kenne ich es gut. Aber nicht in der Praxis.«
»Es ist phantastisch. Es ist Normalsein – für eine Weile. Aber hören Sie. Die Checker haben geschworen, Sie zu vernichten, Sie und Ihre Arbeit.«
»Was?«
»Sie sind zusammengekommen und haben abgestimmt und geschworen. Sie sagen, Sie werden die Checker überflüssig machen. Daß Sie die alten Kriege wieder in die Welt bringen, wenn die Kunst des Checkens verlorengeht und sie ihren Lebenszweck verlieren.«
Adam Stone war nervös, behielt aber seinen kühlen Kopf: »Sie sind Checker. Wollen Sie mich töten… oder es versuchen?«
»Nein, Sie Narr. Ich habe die Brüderschaft verraten. Rufen Sie die Wachen, sobald ich weg bin. Umgeben Sie sich ständig mit Wachen. Ich werde versuchen, den Mörder aufzuhalten.«
Martel sah einen verschwommenen Fleck am Fenster. Bevor Stone sich umdrehen konnte, wurde ihm der Drahtpunkt aus der Hand geschlagen. Der Schatten gewann an Form und nahm Parizianskis Gestalt an.
Martel begriff, was mit Parizianski los war: er hatte sich auf Höchstgeschwindigkeit geschaltet.
Ohne an seinen Cranch zu denken, griff er hastig nach seiner Brust und stellte auch sich auf Höchstgeschwindigkeit. Wellen von Feuer, wie die Große Qual, nur heißer, schlugen über ihm zusammen. Mit aller Anstrengung bemühte er sich, sein Gesicht lesbar zu halten, als er sich vor Parizianski stellte und das Zeichen gab:
Top-Notstand Parizianski sprach, während der sich normal bewegende Körper Stones sich langsam wie eine ziehende Wolke von ihnen entfernte. »Geh mir aus dem Weg! Ich bin im Dienst!«
»Ich weiß. Ich stoppe dich hier und jetzt! Stop! Stop! Stop! Stop! Stone hat recht!«
Parizianskis Lippen waren kaum zu lesen in dem Nebel von Schmerz, der Martel durchwogte. (Er dachte: Gott, Gott, Gott der Alten! Laß mich durchhalten! Laß mich nur lang genug unter Höchstgeschwindigkeit leben!) Parizianski sagte: »Geh aus dem Weg! Auf Befehl der Brüderschaft: aus dem
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