Titan 15
Weg!« Und Parizianski gab das Zeichen: Hilfe verlange ich im Namen meiner Pflicht.
Martel rang in der sirupartigen Luft nach Atem. Er machte einen letzten Versuch: »Parizianski, Freund, Freund, mein Freund. Stop! Stop!« (Nie zuvor hatte ein Checker einen Checker getötet.)
Parizianski machte das Zeichen: Du bist dienstuntauglich, und ich übernehme.
Martel dachte: Zum erstenmal in der Welt! und schaltete mit einem schnellen Griff Parizianskis Cephalobox auf ›Überlastung‹. Parizianskis Augen glänzten in Todesangst und Verstehen. Sein Körper begann zu Boden zu sinken.
Martel hatte gerade noch Kraft genug, nach seiner eigenen Instrumentenbox zu greifen. Während er in den Habermann-Zustand oder den Tod hinübersank, er wußte nicht, in welchen, fühlte er undeutlich, wie seine Finger die Leistungskontrolle drehten, herunterdrehten. Er versuchte zu sprechen, zu sagen: »Holen Sie einen Checker, ich brauche Hilfe, holen Sie einen Checker…«
Doch die Dunkelheit um ihn verdichtete sich, und die dumpfe Stille umfing ihn.
Als Martel erwachte, sah er Lucis Gesicht über sich.
Er öffnete die Augen ein wenig weiter und stellte fest, daß er hörte – hörte, wie sie vor Glück weinte, hörte, wie sie in heftigen Stößen die Luft in ihre Lungen einsog.
Schwach sagte er: »Noch gecrancht? Lebe ich?«
Noch ein Gesicht erschien verschwommen neben dem Lucis. Es war das von Adam Stone. Seine tiefe Stimme schien unendliche Räume zu durchwandern, bevor sie Martels Gehör erreichte. Martel versuchte Stones Lippen zu lesen, doch konnte er nichts erkennen. Er hörte wieder auf die Stimme: »…nicht gecrancht. Verstehen Sie mich? Nicht gecrancht!«
Martel versuchte zu sagen: »Aber ich kann doch hören! Ich kann fühlen!« Die anderen verstanden den Sinn seiner Worte.
Adam Stone fuhr fort:
»Sie sind kein Habermann mehr. Sie habe ich als ersten zurückge
holt. Ich wußte nicht, wie es in der Praxis klappen würde, aber theoretisch hatte ich alles schon ausgearbeitet. Sie glauben doch nicht, die Technokratie hätte einfach die Checker verkommen lassen? Sie sind wieder normal. Die Habermänner lassen wir sterben, sowie sie mit ihren Schiffen zurückkommen. Sie brauchen nicht mehr zu leben. Aber wir stellen die Checker wieder her. Sie sind der erste. Verstehen Sie? Sie sind der erste. Ruhen Sie sich jetzt aus.«
Adam Stone lächelte. Hinter Stone glaubte Martel undeutlich das Gesicht eines der Chef-Technokraten wahrzunehmen. Auch dies Gesicht lächelte ihn an, und dann verschwanden beide aus seinem Blickfeld.
Martel versuchte den Kopf zu heben, sich durchzuchecken. Es ging nicht. Luci starrte ihn an und zwang ihn zur Ruhe, ohne jedoch einen Ausdruck liebevoller Verwunderung verbergen zu können. Sie sagte:
»Mein Mann, mein Schatz! Du bist wieder da, für immer!«
Dennoch suchte Martel weiter nach seiner Box. Schließlich ließ er schwerfällig und ungeschickt seine Hand über die Brust gleiten. Da war nichts. Die Instrumente waren weg. Er war wieder normal, doch er lebte.
In dem tiefen erschöpften Frieden in seinem Hirn formte sich ein neuer beunruhigender Gedanke. Er versuchte mit seinem Finger zu schreiben, so wie Luci es wünschte, doch er hatte weder einen scharfen Fingernagel, noch die Checker-Tafel. Er mußte die Stimme neh
men. Alle Kräfte zusammenraffend flüsterte er:
»Checker?«
»Ja, Liebling. Was ist?«
»Checker.«
»Checker. Ach ja. Alles ist gut. Ein paar mußten verhaftet werden, weil sie auf Höchstgeschwindigkeit gingen und sich davonmachen wollten. Aber die Technokratie hat sie alle wieder eingefangen – alle, die auf dem Boden waren – und jetzt sind sie zufrieden. Weißt du, Liebling…« – sie lachte – »einige von ihnen wollten sich gar nicht wieder zu Menschen machen lassen. Aber Stone und die Chefs haben sie überredet.«
»Vomact?«
»Ihm geht es auch gut. Bis er operiert wird, bleibt er im Cranch. Weißt du, er hat es fertiggebracht, für die Checker neue Jobs zu organisieren. Ihr sollt alle Abteilungschefs für den Raum werden. Sich selbst läßt er zum Raumchef ernennen. Ihr sollt Piloten werden, damit eure Brüderschaft und euer Berufs stand weiterbestehen können. Eben wird Chang zurückgeholt. Du wirst ihn bald sehen.«
Ihr Gesicht nahm einen traurigen Ausdruck an. Sie sah ihn ernst an und sagte: »Ich kann es dir genausogut jetzt gleich sagen. Du machst dir sonst nur Sorgen. Es hat einen Unfall gegeben. Nur einen. Als du und dein Freund Adam Stone besuchtest,
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