Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 16

Titan 16

Titel: Titan 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
Jahrhundert. Er hat mehr philosophische Grundlagenarbeit geleistet als zehn andere Philosophen zusammengenommen; und er ist ganz jung gestorben.«
    Von diesem Tag an war es leichter.
    »Wie soll ich anfangen?« fragte Timothy. »Am besten ganz vorne. Erzähle mir alles über deine frühe Kindheit, woran du dich erinnern kannst, ehe du zur Schule kamst.«
    Tim überlegte.
    »Ich muß häufig vor und zurück springen«, sagte er dann. »Ich könnte nicht alles der Reihe nach erzählen.«
    »Schon gut. Erzähle mir heute einfach alles, woran du dich aus dieser Zeit deines Lebens erinnern kannst. Bis nächste Woche erinnerst du dich bestimmt an mehr. Und wenn wir dann auf spätere Perioden deines Lebens eingehen, erinnerst du dich vielleicht an Dinge, die in einen früheren Zeitabschnitt gehören, die kannst du mir ja dann erzählen. Irgendwie bringen wir schon Ordnung hinein.«
    Welles hörte sich die Schilderung des Jungen mit wachsender Erregung an. Es fiel ihm schwer, nach außen hin die Ruhe zu bewahren.
    »Wann hast du mit Lesen angefangen?« fragte Welles.
    »Ich weiß nicht, wann das war. Meine Großmutter las mir Geschichten vor, und irgendwie kam ich auf die Idee – über die Worte. Aber als ich ihr klarzumachen versuchte, daß ich lesen konnte, schlug sie mich. Sie sagte immer wieder, daß ich das nicht könnte, und ich sagte immer wieder, ich könnte es doch, bis sie mich dann wieder schlug. Eine Weile war das eine schreckliche Zeit für mich, weil ich kein Wort kannte, das sie mir nicht vorgelesen hatte – ich denke, ich saß neben ihr und sah zu, oder ich habe es mir gemerkt und es mir nachher alleine angesehen. Ich muß es sofort gelernt haben, als mir die Idee gekommen war, daß jede Buchstabengruppe auf der Seite ein Wort darstellte.«
    »Die Ganzheitsmethode«, meinte Welles. »Die meisten, die sich das Lesen selbst beigebracht haben, lernten es so.«
    »Ja. Davon habe ich inzwischen auch gelesen. Und Macaulay konnte als Dreijähriger lesen, aber nur verkehrt herum, weil er immer seinem Vater gegenüberstand, als der der Familie aus der Bibel vorlas.«
    »Es gibt viele Fälle von Kindern, die so wie du das Lesen gelernt haben, und ihre Eltern überraschten. Nun? Wie ging es dann weiter?«
    »Eines Tages fiel mir auf, daß zwei Worte fast gleich aussahen und auch fast gleich klangen. Das waren die Worte ›kann‹ und ›man‹. Ich erinnere mich noch gut, wie ich sie anstarrte, und dann war es, als ob etwas Schönes sich in mir entfaltete. Ich begann, mir die Worte sorgfältig anzusehen, aber ganz aufgeregt, wie verrückt. Das machte ich ziemlich lange, denn als ich das Buch hinlegte und aufzustehen versuchte, war ich ganz steif. Aber dann hatte ich die Idee, und nachher war es nicht mehr schwierig, fast alle Worte zu begreifen. Die wirklich schwierigen Worte sind die geläufigen, die man die ganze Zeit in einfachen Büchern findet. Andere Worte werden so ausgesprochen, wie man sie schreibt.«
    »Und niemand wußte, daß du lesen konntest?«
    »Nein. Großmutter hat mir gesagt, ich dürfe das nicht sagen, also tat ich es auch nicht. Sie las mir oft vor, und das half. Wir hatten natürlich viele Bücher. Die mit Bildern mochte ich am liebsten. Ein paarmal erwischten sie mich mit einem Buch, in dem keine Bilder waren, und dann nahmen sie es mir weg und sagten: ›Ich suche dir lieber ein Buch für einen kleinen Jungen.‹«
    »Erinnerst du dich noch daran, was für Bücher du damals mochtest?«
    »Bücher über Tiere, daran erinnere ich mich. Und Geographie. Das mit den Tieren war komisch…«
    Sobald man Timothy einmal in Gang gesetzt hatte, dachte Welles, war es nicht schwierig, ihn zum Weiterreden zu bewegen.
    »Eines Tages war ich im Zoo«, sagte Tim, »ich war ganz alleine bei den Käfigen. Großmutter ruhte sich auf einer Bank aus und ließ mich alleine herumgehen. Die Leute redeten über die Tiere, und ich fing an, ihnen alles zu sagen, was ich wußte. Irgendwie muß das sehr komisch gewesen sein, weil ich eine Menge Wörter gelesen hatte, die ich nicht richtig aussprechen konnte, Wörter, die ich noch nie gehört hatte. Sie hörten mir zu und stellten mir Fragen, und ich dachte, ich wäre wie Großvater, und belehrte sie, so wie er mich manchmal belehrte. Und dann riefen sie einen anderen Mann herbei und sagten: ›Hören Sie sich diesen Jungen an; der ist das Letzte!‹, und ich merkte, daß alle mich auslachten.«
    Timothys Gesicht war röter als gewöhnlich, aber er versuchte zu lächeln, als

Weitere Kostenlose Bücher