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Titan 16

Titan 16

Titel: Titan 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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angebe oder versuche, jemanden zu dominieren.«
    »Du hast also hin und wieder versucht, andere zu beherrschen.«
    »In den Büchern drängen sich alle um den Jungen herum, der sie neue Spiele lehren oder sich neue Sachen zum Spielen ausdenken kann. Aber ich stellte fest, daß das gar nicht so ist. Sie wollen nur die ganze Zeit das gleiche tun – zum Beispiel Verstecken spielen. Es macht keinen Spaß, wenn der erste, der erwischt wird, ›es‹ das nächstemal ist. Der Rest läuft bloß herum und versucht gar nicht erst, sich zu verstecken oder wegzulaufen, weil es egal ist, ob man sie erwischt oder nicht. Die Jungs begreifen das einfach nicht, daß es besser wäre, wenn der letzte ›es‹ würde.«
    Timothy sah auf die Uhr.
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte er. »Es hat mir Spaß gemacht, mit Ihnen zu sprechen, Dr. Welles. Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu sehr gelangweilt.«
    Welles erkannte das Echo und lächelte dem kleinen Jungen zu.
    »Du hast mir nichts vom Schreiben erzählt. Hast du angefangen, ein Tagebuch zu führen?«
    »Nein. Es war eine Zeitung. Eine Seite pro Tag, nicht mehr und nicht weniger. Ich mache das immer noch«, vertraute Tim ihm an. »Aber ich bekomme jetzt mehr auf die Seite. Ich schreibe mit der Maschine.«
    »Schreibst du jetzt mit beiden Händen?«
    »Die linke Hand ist geheim. Für die Schule und solche Dinge gebrauche ich die rechte Hand.«
    Als Timothy gegangen war, gratulierte sich Welles im stillen. Aber den ganzen nächsten Monat über erfuhr er nichts mehr. Tim offenbarte ihm überhaupt nichts von Bedeutung. Er redete vom Ballspielen, schilderte die freudige Überraschung, die seine Großmutter über das schöne Kätzchen empfand, erzählte, wie es wuchs und wie es spielte. Er berichtete ernsthaft faszinierende Fakten, wie zum Beispiel, daß er gerne mit der Eisenbahn führe und daß sein Lieblingstier der Löwe sei und daß er sich wünschte, einmal Schnee fallen zu sehen. Aber kein Wort von dem, was Welles zu hören wünschte. Der Psychiater, der wußte, daß er wieder auf die Probe gestellt wurde, wartete geduldig. Und dann, eines Nachmittags, als Welles glücklicherweise ohne mit einem Patienten beschäftigt zu sein, auf seiner Veranda saß und Pfeife rauchte, kam Timothy Paul in den Garten.
    »Gestern hat Miß Page mich gefragt, ob ich Sie sehen würde, und ich habe ja gesagt. Sie sagte, sie hoffte, meine Großeltern fänden das nicht zu teuer, weil Sie ihr gesagt hatten, daß ich ganz in Ordnung wäre und sie sich keine Sorgen um mich zu machen brauche. Und dann fragte ich Oma, ob es teuer wäre, wenn Sie mit mir sprechen, und sie sagte ›O nein, mein Lieber; die Schule zahlt dafür. Deine Lehrerin hatte die Idee, daß du ein paarmal mit Dr. Welles reden solltest.‹«
    »Ich bin froh, daß du zu mir gekommen bist, Tim, und ich bin sicher, daß du mich nicht an die beiden verraten hast. Niemand bezahlt mich. Die Schule zahlt dann für meine Dienste, wenn es einem Kind schlecht geht und seine Eltern arm sind. Das ist neu, seit 1956. Man kann vielen verhaltensgestörten Kindern helfen – das ist für den Staat viel billiger, als wenn sie verrückt werden oder Verbrecher oder so etwas. Du verstehst das alles. Aber – setz dich doch, Tim! – ich kann dem Staat in deinem Fall keine Rechnung stellen, und deinen Großeltern auch nicht. Du bist, soweit ich erkennen kann, in jeder Hinsicht hervorragend angepaßt, und wenn ich den Rest gesehen habe, werde ich dessen sogar noch sicherer sein.«
    »Oh – dann wäre ich nicht gekommen…« Tim stammelte verwirrt. »Sie sollten Geld dafür bekommen. Ich nehme Ihnen so viel Zeit weg. Vielleicht sollte ich überhaupt nicht mehr kommen.«
    »Ich finde schon, daß du das solltest. Du nicht?«
    Der Junge setzte sich auf den Schaukelstuhl und schaukelte nachdenklich vor und zurück. Der Stuhl quietschte.
    »Du interessierst dich für mich. Du bist neugierig«, sagte er.
    »Das ist nicht alles, Tim.«
    Quietsch‐quietsch. Quietsch‐quietsch.
    »Ich weiß«, sagte Timothy. »Ich glaube es. Hören Sie, darf ich Peter sagen? Wir sind doch jetzt Freunde.«
    Bei ihrem nächsten Zusammentreffen erzählte Timothy Einzelheiten über seine Zeitung. Er hatte jedes einzelne Blatt aufgehoben, angefangen bei den ersten zerknitterten, schwerfällig mit Druckbuchstaben und Bleistift geschriebenen Ausgaben, bis zu den letzten, die sorgfältig mit Maschine geschrieben waren. Aber zeigen wollte er sie Welles nicht.
    »Ich habe einfach jeden Tag all die

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