Titan 16
Dinge aufgeschrieben, die ich sagen wollte, die Nachrichten oder Informationen oder Meinungen, die ich unausgesprochen hinunterschlucken mußte. Es ist also ein wirres Durcheinander. Die ersten Blätter sind schrecklich komisch. Manchmal vermute ich nur noch, womit sie sich befaßten, was mich dazu brachte, sie zu schreiben. Manchmal erinnere ich mich. Über die Bücher, die ich gelesen habe, habe ich auch etwas geschrieben, und dann habe ich sie benotet, so wie in der Schule, in zwei Punkten – wie mir das Buch gefiel, und ob es gut war. Und ob ich es schon einmal gelesen hatte.«
»Wie viele Bücher liest du? Wie groß ist deine Lesegeschwindigkeit?«
Es erwies sich, daß Timothys Lesegeschwindigkeit bei neuen Büchern, die für Erwachsene geschrieben waren, zwischen acht‐und neunhundertfünfzig Worten die Minute schwankte. Ein durchschnittlicher Krimi – die las er sehr gerne – dauerte bei ihm etwas mehr als eine Stunde. Den Geschichtsstoff für ein Jahr eignete Tim sich leicht an, indem er das ganze Buch während des Jahres drei‐oder viermal las. Er entschuldigte sich dafür, erklärte aber, daß er wissen mußte, was in dem Buch stand, um bei Klassenarbeiten nicht zuviel von dem preiszugeben, was er aus anderen Quellen erfahren hatte. Die Abende, wenn seine Großeltern glaubten, daß er Hausaufgaben machte, verbrachte er damit, andere Bücher zu lesen oder seine Zeitung zu schreiben oder ›sonst irgend etwas‹. Wie Welles vermutet hatte, hatte Tim alles gelesen, was die Bibliothek seines Großvaters enthielt und alles in der öffentlichen Bibliothek, das ihn interessierte und nicht in den geschlossenen Kästen stand, und alles, das er sich aus der Staatsbibliothek bestellen konnte.
»Was sagen die Bibliothekare denn?«
»Sie meinen, die Bücher seien für meinen Großvater. Das sage ich ihnen auch, wenn sie fragen, was ein so kleiner Junge mit einem solch großen Buch vorhätte. Peter, das beunruhigt mich, daß ich so oft lügen muß. Das muß ich doch, oder?«
»Soweit ich das verstehen kann, mußt du das«, pflichtete Welles ihm bei. »Aber hier in meiner Bibliothek ist auch Material für eine Weile. Aber es muß auch hier einen verschlossenen Kasten geben, Tim.«
»Könnten Sie mir sagen, warum? Ich weiß, wie es mit den Büchern in der Bibliothek ist. Einige von ihnen könnten den Leuten Angst machen, und einige sind…«
»Einige meiner Bücher könnten auch dir Angst machen, Tim. Wenn du willst, erzähle ich dir ein wenig über abnormale Psychologie, und dann wirst du wahrscheinlich begreifen, daß es besser für dich ist, wenn du nicht zuviel darüber weißt, wenigstens nicht, so lange du nicht ausgebildet bist, mit solchen Fällen umzugehen.«
»Ich will nicht morbid sein«, pflichtete Tim ihm bei. »Also gut. Ich werde nur lesen, was Sie mir geben. Und von nun an will ich Ihnen mehr sagen. Wissen Sie, da war nämlich noch mehr als die Zeitung.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Willst du mit deinem Bericht fortfahren?«
»Es ging an, als ich zum erstenmal einen Leserbrief an eine Zeitung schrieb – unter einem falschen Namen natürlich. Sie haben ihn abgedruckt. Eine Weile machte mir das mächtigen Spaß – fast jeden Tag einen Leserbrief unter allen möglichen Namen. Und dann weitete ich mich auf Magazine aus, wieder Briefe an die Redaktion. Und Geschichten – Geschichten habe ich auch versucht.«
Er sah Welles etwas zweifelhaft an, aber der sagte nur: »Wie alt warst du denn, als du deine erste Kurzgeschichte verkauftest?«
»Ach«, sagte Timothy. »Und als dann der Scheck kam, mit meinem Namen darauf, ›T. Paul‹, wußte ich nicht, was ich damit anfangen sollte.«
»Ja freilich. Was hast du dann gemacht?«
»Die Bank hatte ein Schild im Fenster. Ich lese immer Schilder, und das fiel mir dann ein. ›Bankgeschäfte per Post.‹ Sie können sich ja vorstellen, daß ich ziemlich verzweifelt war. Also beschaffte ich mir den Namen einer Bank auf der anderen Seite der Bucht und schrieb ihnen – mit meiner Schreibmaschine – und sagte, ich wollte ein Konto eröffnen, und hier sei ein Scheck als erste Einzahlung. Oh, ich hatte schreckliche Angst, und mußte mir die ganze Zeit sagen, daß mir ja schließlich niemand viel tun könne. Das war mein eigenes Geld. Aber Sie wissen ja nicht, wie es ist, wenn man nur ein kleiner Junge ist! Sie schickten mir den Scheck zurück, und ich bin eines zehnfachen Todes gestorben, als ich ihn sah. Aber der Brief erklärte alles. Ich hatte ihn
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