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Titan 16

Titan 16

Titel: Titan 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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ausdrücken darf?«
    »Nein, das nicht«, sagte Timothy. »Ich habe die einzelnen Religionen studiert und versucht herauszubekommen, was die Wahrheit ist. Ich habe an Priester aller Glaubensrichtungen Briefe geschrieben – alle, die im Telefonbuch stehen und auch an die Zeitungen. Als ich im Osten auf Ferien war, habe ich mir die Namen beschafft und ihnen dann geschrieben, nachdem ich zurückgekehrt war. An Leute in dieser Stadt konnte ich nicht schreiben. Ich schrieb ihnen, daß ich wissen wollte, welche Kirche wahr und echt wäre, und habe erwartet, daß sie mir schreiben würden und etwas von ihrer Kirche erzählen und mit mir argumentieren, wissen Sie. Ich könnte Bücher aus der Bibliothek lesen, und sie brauchten mir nur welche zu empfehlen, schrieb ich ihnen, und dann sollten sie mit mir darüber korrespondieren.«
    »Haben sie das getan?«
    »Ja, einige gaben Antwort«, sagte Tim, »aber fast alle schrieben mir, ich sollte doch zu jemandem gehen, der in meiner Nähe lebte. Einige schrieben, sie hätten sehr viel zu tun. Ein paar nannten mir die Titel von ein paar Büchern, aber keiner von ihnen sagte, ich solle wieder schreiben, und… und ich war doch nur ein kleiner Junge. Neun Jahre alt, ich konnte also mit niemandem reden. Als ich dann darüber nachdachte, erkannte ich, daß ich eigentlich nicht gut mit so Jungen Jahren irgendeiner Kirche beitreten konnte, wenn sie nicht auch die meiner Großeltern war. Ich gehe immer noch dorthin – es ist eine gute Kirche und sie lehrt viel Wahres, da bin ich sicher. Ich lese alles, was ich in die Finger bekommen kann, damit ich, wenn ich alt genug bin, weiß, was ich tun muß. Wie alt sollte ich denn Ihrer Ansicht nach sein, Peter?«
    »Im Oberschulalter«, erwiderte Welles. »Du gehst doch auf die Oberschule? Dann werden die meisten Priester mit dir sprechen – nur die nicht, die zuviel zu tun haben!«
    »In Wirklichkeit ist es natürlich ein moralisches Problem. Habe ich das Recht, so lange zu warten? Aber ich muß warten. Es ist wie mit dem Lügen – manchmal muß ich lügen, aber ich tue das ungern. Wenn ich die moralische Pflicht habe, mich der richtigen Kirche anzuschließen, sobald ich sie finde, nun, was dann? Ich kann das doch nicht, solange ich nicht achtzehn oder zwanzig bin, oder?«
    »Wenn du nicht kannst, dann kannst du eben nicht. Ich würde meinen, damit wäre das erledigt. Vor dem Gesetz bist du minderjährig und unterstehst dem Verfügungsrecht deiner Großeltern, und wenn du auch das Recht beanspruchen könntest, dorthin zu gehen, wohin dein Gewissen dich treibt, wäre es doch unmöglich, deine Wahl zu begründen und zu erklären, ohne dich völlig zu verraten – ebenso wie du gezwungen bist, bis zu deinem achtzehnten Lebensjahr zur Schule zu gehen, obwohl du mehr weißt als die meisten Akademiker. Das ist alles Teil dieses Spiels, und dein Schöpfer muß das verstehen.«
    »Ich werde Sie nie belügen«, sagte Tim. »Ich war so verzweifelt einsam – meine Brieffreunde wußten in Wirklichkeit gar nichts über mich. Ich schrieb ihnen nur das, was sie wissen durften. Kleine Kinder sind es zufrieden, mit anderen Leuten beisammen zu sein, aber wenn man etwas älter wird, braucht man wirklich Freunde.«
    »Ja, das ist ein Teil des Heranwachsens. Du mußt aus dir herausgehen, dich an andere anschließen und Gedanken mit ihnen teilen. Du bist zu lange für dich geblieben.«
    »Das wollte ich doch nicht. Aber ohne einen echten Freund war das Ganze doch nur Schwindel, und ich konnte nie zulassen, daß meine Spielgefährten etwas über mich erfuhren. Ich studierte sie und schrieb Geschichten über sie, und in den Geschichten waren sie ganz vorhanden, aber von mir nur ein kleines Stück.«
    »Ich bin stolz darauf, dein Freund zu sein, Tim. Jeder Mensch braucht einen Freund. Ich bin stolz darauf, daß du mir vertraust.«
    Tim streichelte die Katze stumm ein paar Augenblicke lang und blickte dann auf. Er grinste.
    »Möchten Sie meinen Lieblingswitz hören?« fragte er.
    »Ja, sehr«, sagte der Psychiater, und bereitete sich auf jeden beliebigen größeren Schock vor.
    »Das sind Schallplatten. Ich habe das im Radio aufgenommen.«
    Welles hörte zu. Er verstand wenig von Musik, aber die Symphonie, die er hörte, gefiel ihm. Der Ansager lobte sie vor und nach jedem Satz in den höchsten Tönen. Timothy kicherte.
    »Gefällt es Ihnen?«
    »Sehr. Ich verstehe nur nicht, wo der Witz liegt.«
    »Ich habe sie geschrieben.«
    »Tim, ich komme einfach nicht mehr

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