Titan 17
Was Smith nicht herausfinden konnte, war dieses Problem: Angenommen, die Stange war so an den Magneten befestigt, daß sie nur zwei Zentimeter in die Luft schweben konnte? Aber konnte man die weiteren beiden Zentimeter ignorieren? Es herrschte eine Zugkraft. Würde sie für die beiden extra Zentimeter reichen? Wenn ja, würde sie den Magneten mit sich ziehen, da sie ja nur zwei Zentimeter auseinander sein konnten. Wenn es genauso funktionierte, was hielte es davon ab, sich einfach in die Luft zu erheben? Mit dem Magneten war es dasselbe. Die Permlegierung würde immer versuchen, vier Zentimeter von dem Magneten fernzubleiben, und während sie das tat, würde sie den Magneten nach oben ziehen. Wenn es so funktionierte, war die Gravitation überwunden, und wenn ein Mann auf der Stange saß, wurde er samt Stange und Magnet in die Höhe gezogen.
Smith erkannte, daß bestimmte Gleichungen noch zu finden waren. Wieviel sollte die Permlegierungsstange proportional zum Gewicht des Magneten wiegen? Stand die Abhebefähigkeit der Stange in Proportion zu ihrem Gewicht oder in Relation zur Größe des Magneten? Wie lange würde der Magnet seinen Magnetismus beibehalten? Konnte er durch elektrische Induktion wieder aufgeladen werden, während er in der Luft war? Aber für Smiths eifriges Gehirn waren das keine Probleme, eher unbedeutende Kleinigkeiten, die ausgearbeitet werden mußten, nachdem die Fakten herauskristallisiert worden waren. Er war sicher, daß er die Fähigkeit besaß, sich in die Lüfte zu erheben, vorausgesetzt er hatte einen Magneten und eine Permlegierungsstange und einen Stuhl, auf dem er sitzen konnte und der an der Stange befestigt war.
Er schlang hastig sein Essen hinunter, ging zu einer öffentlichen Telephonzelle und rief die Bell Telephongesellschaft an. Boten sie die Permlegierung zum Verkauf an? Zu seiner Überraschung antworteten sie, daß sie es taten, und fragten, wieviel er wollte – zehn Dollar pro Pfund, in Form eines sehr dünnen Drahtes. Er sagte, er würde später wieder anrufen und ging zum Litzen- und Schnürsenkelladen zurück. Er wußte, er konnte sich ohne Schwierigkeiten einen Magneten beschaffen, aber wie sollte er das mit den fünf Pfund Draht bewerkstelligen? Er konnte dafür nur fünfzig Dollar ausgeben. Das war ein Geburtstagsgeschenk, das er klammheimlich vor seiner Frau versteckt hatte. Dann kam ihm ein wundervoller Gedanke. Nach vielen Monaten des Sparens hatte seine Frau endlich genug beiseite gelegt, um ihm einen neuen Anzug kaufen zu können – einen wirklich maßgeschneiderten Anzug. Es hatte verschiedene Anproben gegeben. Er würde die fünf Pfund Draht nehmen und sie dem Schneider bringen, der sie in den Anzug nähen mußte. Was er dann noch brauchte, war ein Stuhl, an den er einen Magneten und sich selbst binden konnte – und es würde funktionieren.
»Ich könnte ein fliegender Narr werden«, flüsterte er zu sich selbst. »Aber es wird bestimmt wunderbar sein.«
Er benötigte mehrere Tage, in denen er aufs Mittagessen verzichtete, um den Draht kaufen zu können und dem verwirrten Schneider zu zeigen, was er wollte. Gewiß, das vergrößerte den Betrag für den Anzug, aber Smith bezahlte das aus eigener Tasche mit seinem Ersparten. Seine Instruktion lautete, daß seine Frau unter keinen Umständen von dem Draht im Anzug erfahren durfte. Endlich erhielt er das Versprechen, daß der Anzug in ein paar Wochen geliefert werden würde. Tatsächlich wurde er geliefert und hing eine ganze Woche im Mottenschutz, bevor der Rest der Maschine fertiggestellt war.
In seiner Phantasie befand sich Smith schon in der Luft. Er hatte nicht die Zeit gescheut, ein einfaches Arrangement von Drähten zu basteln, das, wurde ein Knopf gedrückt, einen kräftigen Stromfluß aus der Atmosphäre zog, die – was wohl jeder seit den Tagen von Benjamin Franklin weiß – dauernd von dieser mysteriösen Kraft überladen ist. Es bedurfte keines Tricks, den Magneten zu bekommen und an die Drähte anzuschließen. Er arrangierte es so, daß er den Starterknopf an einer Seite des Stuhles anbrachte. Drückte er den Knopf, vergrößerte er damit den Magnetismus, welcher die Permlegierung in seiner Kleidung abstieß – und schon ginge es hinauf in die Lüfte. Wenn er wieder herunter wollte, mußte er nur den Stromfluß aus der Luft stoppen, der Magnetfluß würde langsamer werden und er wieder zur Erde sinken wie ein Pusteblumensamen. Ihm gefiel der Gedanke, wie ein Pusteblumensamen herabzusinken –
Weitere Kostenlose Bücher