Titan 17
meine Wangen rot. »Aber mal abgesehen von Schriftstellern, wer hat denn je eine Zeitmaschine erfunden?«
»Ich«, antwortete der Professor. Er lächelte, als er den Unglauben in meinem Gesicht sah. »Also dieses Gerät hier«, fügte er hinzu und klopfte mit der Hand behutsam und liebevoll auf den von ihm erschaffenen Apparat, »ist eine Zeitmaschine.«
Das war das erstemal, daß er mir erklärte, was es mit seiner Erfindung auf sich hatte.
»Wollen Sie damit sagen, dieses Gerät kann in die Zukunft reisen?« fragte ich skeptisch.
»Falls meine Berechnungen sich als korrekt erweisen – und ich wüßte eigentlich keinen Grund, warum dem nicht so sein sollte –, dann wird uns diese Maschine in die Zukunft bringen.«
»Uns!« wiederholte ich entsetzt.
Er ging an mir vorbei und schloß die Tür mit einem lauten Knall. »Haben Sie irgendwelche Einwände, an einer solchen Reise teilzunehmen?«
»Überhaupt keine«, log ich, weil ich mir dachte, daß meine Chancen, damit durchzukommen, sehr gering waren.
»Wunderbar. Dann steht dem eigentlich ja nichts mehr im Wege, heute nachmittag die Maschine auszuprobieren.«
Das Gerät verfügte über zwei Sitzplätze. Die Rückenlehnen waren ungefähr einen halben Meter hoch. Der Professor hieß mich, auf einem der beiden Platz zu nehmen, und setzte sich dann neben mich. »Nur eine Vorsichtsmaßnahme, damit Sie unterwegs nicht hinausfallen«, lächelte er, als er einen breiten Ledergurt um mich schlang. Er zog eine Art schwenkbares Armaturenbrett zu sich heran, auf dem sich eine Anzahl zähler- und uhrenähnlicher Instrumente befanden. Abgesehen von den Uhren ähnelte das Brett in gewisser Weise der Vorderseite eines Radios. Aus welchen Zahnrädern und sonstigen Antriebsmechanismen das Gerät zusammengesetzt war, verbarg sich im Innern der Maschine unter unseren Füßen.
»Das hier zeigt Jahre und Jahrhunderte an«, sagte der Professor und deutete auf einen Zähler. »Und der daneben Wochen, Tage und Stunden. Mit diesem Schaltknüppel kontrolliert man die Maschine«, sagte er und berührte einen Hebel. Der Professor stand wieder auf und hob die Sitzfläche hoch. Darunter befand sich ein Hohlraum, der mit Werkzeugen und Proviant gefüllt war. »Das gleiche befindet sich unter Ihrem Sitz«, sagte er voller Genugtuung. »Und wenn Sie den Ledergurt einmal näher in Augenschein nehmen, der Sie auf dem Sitz festhält, werden Sie entdecken, daß er gleichzeitig als Halfter für einen Revolver und als Patronengurt dient.« Er ließ sich wieder nieder und machte es sich in seinem Sitz bequem. Dann griff er nach dem Schaltknüppel. »Alles bereit, mein Junge?«
Er wirkte so zielsicher und überzeugt, daß mich für einen kurzen Augenblick Zweifel befielen. Was, wenn dieses merkwürdige Gerät wirklich funktionierte! Dann gewann mein gesunder Menschenverstand wieder die Oberhand. Natürlich konnte so etwas nicht funktionieren! Der Professor begann mir nun leid zu tun. Als ich ihm durch ein Nicken mein Einverständnis anzeigte, drückte er den Hebel nach unten. Die Maschine schüttelte sich, und ein Schnurren ertönte. Das war aber auch schon alles. Ich lächelte, teils aus Erleichterung, teils aus Spott. »Was ist denn los?« fragte ich. Noch während ich sprach, begann der Raum sich wie ein Brummkreisel zu drehen, um schließlich vollständig in der Dunkelheit zu verschwinden. Das Getöse von Millionen Katarakten lähmte und betäubte mich. Ich hatte das schreckliche Gefühl, mein Innerstes würde nach außen gekehrt. Dem folgte ein furchtbarer Stoß, und dann war alles vorbei. Ich lag ausgestreckt und halb bewußtlos in einem Wrack aus verrostetem Eisen und Stahl. Natürlich war mein erster Gedanke, wir befänden uns immer noch im Laboratorium, und die Maschine sei umgestürzt oder explodiert und hätte mich beinahe umgebracht. Das kam davon, wenn man sich mit irrsinnigen Professoren und ihren wahnwitzigen Erfindungen einließ! Mein Kopf und meine Glieder waren taub und wie gelähmt. Meine Gesundheit schien jedoch, abgesehen von ein paar Schrammen und Prellungen, keinen Schaden davongetragen zu haben. Ich bemühte mich hochzukommen. Kaum saß ich aufrecht, sah ich mich einem alten Mann mit einer gewaltigen, grauhaarigen Mähne und einem ungepflegten, langen Bart gegenüber. Einige Minuten vergingen, bevor ich in ihm den Professor erkannte. Im gleichen Moment fiel mir auf, daß mir schwarze Barthaare bis auf die Brust hinunterhingen und der Kopf so kahl war wie eine Billardkugel.
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