Titan 19
den jetzt völlig demoralisierten Höfling zuging. »Kniet nieder, Landor! Ein Lakai sollte auf den Knien sterben!«
Der Erste Lord warf sich aufs Pflaster und schlang die Arme um die Knie des Außenweltlers. Er war vor Furcht aschgrau und flehte um Gnade, hatte die Augen zugedrückt. Kieron drehte sein Schwert um und ließ das schwere Heft auf Landors Kopf heruntersausen. Der Höfling seufzte und sackte nach vorne zusammen. Kieron schob seinen Degen in die Scheide und hob den Bewußtlosen auf wie einen Sack Mehl. Er hatte wenig Zeit. Jeden Augenblick würden die Wachen zurückkehren, um Landor zu Freka zu geleiten. Kieron hob das Schwert des Höflings auf. Es durfte keine Spuren ihres Kampfes im Hof geben.
Der Walkürer schleppte Landor zu der Stelle hinüber, wo Alys und Nevitta ihr improvisiertes Seil heruntergelassen hatten. Er verschnürte Landor wie ein totes Stück Vieh und rief ihnen zu: »Zieht ihn hinauf!«
Landor verschwand im Fenster, dann kam das Seil wieder herunter. Kieron kletterte Hand über Hand hinter dem verschwundenen Höfling her. Binnen Sekunden stand er wieder inmitten seiner Krieger, und der Innenhof war leer.
»Landor!« Kieron spritzte dem Bewußtlosen Wein ins Gesicht. »Landor, wacht auf!«
Der Höfling regte sich und schlug die Augen auf. Im nächsten Augenblick wurden sie vor Furcht glasig. Ein feindseliger Kreis von Gesichter blickte auf ihn herunter. Kieron, dessen dunkle Augen flammten. Alys… das breite, gerötete Gesicht von Nevitta, umrahmt von seinem Flügelhelm… und andere wild blickende Walkürer. Auf Landor wirkte das Ganze wie eine Szene aus der legendären siebten Hölle des Großen Vernichters.
»Redet, wenn Ihr Leben wollt!« sagte Kieron. »Was macht Ihr hier auf Kalgan? Ihr müßt eine sehr wichtige Botschaft bringen. Sonst hätte Ivane einen anderen geschickt.«
»Ich… trage keine Botschaft, Kieron.«
Kieron nickte Nevitta zu, worauf dieser den Dolch zog.
»Wir haben jetzt keine Zeit für Lügen, Landor«, sagte Kieron.
Um das zu bestätigen, setzte Nevitta dem Ersten Lord die Spitze des Dolches auf den Hals. Landor schrie.
»Nicht…!«
»Raus mit der Sprache – sonst schneid’ ich dir die Gurgel ab!« knurrte Nevitta.
»Schon gut! Aber nehmt das Messer weg…!«
»Ivane hat Euch geschickt.«
Landor nickte stumm.
»Warum?«
»Ich… ich… sollte Freka sagen, daß… daß seine Männer es nicht geschafft… nicht geschafft hatten…«
»Mich zu töten!« sprach Alys für ihn zu Ende. »Was noch?«
»Ich… sollte ihm auch sagen, daß der Rest des Planes… äh… erfolgreich… verlaufen ist.«
»Verdammt, sprecht nicht in Rätseln!« sagte Kieron. »Was für ein ›Plan‹?«
»Der… der Kaiser ist tot«, stieß Landor hervor, und seine Augen huschten erschreckt herum. »Aber er ist nicht von meiner Hand gestorben! Das schwöre ich! Nicht von meiner Hand!«
Alys erstickte einen Schmerzensschrei.
»Toran! Armer… Toran…«
Kieron packte den erschreckten Höfling am Hals und schüttelte ihn. »Du dreckiges Schwein! Wer hat es getan? Wer hat den Kaiser getötet? «
»Ivane!« stieß Landor hervor. »Die Leute wissen nicht, daß er tot ist, und sie wartet die Invasion der Sternenkönige ab, um sich zur Kaiserin zu proklamieren! – Im Namen Gottes, Kieron, tötet mich nicht! Ich spreche die Wahrheit!«
»Freka hat mitgeholfen, das so zu planen?« wollte Kieron wissen.
»Er ist Ivanes Mann«, stammelte Landor, »aber ich weiß nichts von ihm! Nichts, Kieron! Der Zauberer Geller hat ihn vor fünf Jahren zu Ivane gebracht… Das ist alles, was ich weiß!«
Geller von den Marschen… Wieder. Kieron fühlte, wie sich schreckliche Angst in seinen Zorn mischte. Irgendwie mußte er die Verbindung zwischen Geller und Freka ausfindig machen. Irgendwie…!
Kieron wandte sich von dem erschreckten Landor ab. Das Bild begann jetzt Gestalt anzunehmen. Freka und Ivane. Der Aufstand der Sternenkönige. Toran… ermordet.
»Bewacht diesen Hund!« befahl Kieron.
Landor wurde weggeführt. Er zitterte und schwankte.
»Nevitta!«
»Herr?«
»Du gehst mit der Prinzessin sofort zum Schiff zurück, mit dem du gekommen bist. Sie muß sofort in Sicherheit gebracht werden. Sobald man dieses Schwein hier vermißt, bekommen wir Besuch…«
»Nein, Kieron! Ich werde nicht gehen!« rief Alys.
»Du mußt! Wenn man dich jetzt auf Kalgan gefangennimmt, bedeutete das eine carte blanche für Ivane.«
»Dann mußt du auch mitkommen!«
»Das kann ich nicht. Wenn
Weitere Kostenlose Bücher