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Titan 19

Titan 19

Titel: Titan 19 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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Eingeborene kam, war er das doch.
    Denn der Eingeborene war über zwei Meter groß und fast ein gottähnliches Geschöpf, ein Humanoid mit eingemeißelten Zügen, der erstaunlicherweise viel menschlicher war, als er es erwartet hatte.
    Eben hatte er noch allein auf der kleinen Lichtung gesessen, und im nächsten Augenblick stand der Eingeborene an seiner Seite.
    Bishop stand auf, und der Kimonianer sagte: »Wir sind froh, daß Sie hier sind. Willkommen auf Kimon, Sir.«
    Die Sprache des Eingeborenen war ebenso präzise und schön wie sein Körper.
    »Ich danke Ihnen«, sagte Bishop und wußte sofort, daß die drei Worte unzureichend waren, und daß seine Stimme im Vergleich mit der des Eingeborenen stockend und undeutlich wirkte. Und als er den Eingeborenen ansah, hatte er das Gefühl, daß er im Vergleich zu ihm eine armselige Figur abgab.
    Er griff in die Tasche, um seine Papiere herauszuholen, und seine Finger schienen aus lauter Daumen zu bestehen, so daß er herumfummeln mußte, bis er sie schließlich ausgrub – grub war genau das richtige Wort – und sie dem wartenden Geschöpf gab.
    Der Kimonianer warf einen flüchtigen Blick darauf – ja flüchtig – und dann sagte er: »Mr. Selden Bishop. Sehr erfreut, Sie kennenzulernen. Ihr IQ, 160, ist sehr befriedigend. Ihre Prüfungsergebnisse, wenn ich das sagen darf, sind außergewöhnlich. Die Empfehlungen gut. Die Freigabepapiere von der Erde in Ordnung. Und ich sehe, daß Sie es schnell geschafft haben. Sehr erfreut, Sie hier zu haben.«
    »Aber…«, sagte Bishop. Dann klappte er den Mund wieder fest zu. Er konnte diesem Geschöpf nicht sagen, daß er nur einen flüchtigen Blick auf die Seiten geworfen hatte, und unmöglich alles gelesen haben konnte, aber offensichtlich hatte er das doch getan.
    »Hatten Sie einen angenehmen Flug, Mr. Bishop?«
    »Höchst angenehm«, sagte Bishop, und dann erfüllte ihn plötzlich Stolz, daß er so geläufig und weltmännisch geantwortet hatte.
    »Ihr Gepäck«, sagte der Eingeborene, »verrät ausgezeichneten Geschmack.«
    »Oh, danke…«, und dann erfüllte ihn Wut. Woher nahm sich diese Person das Recht, so herablassend ein Urteil über sein Gepäck abzugeben?
    Aber der Eingeborene schien das nicht zu bemerken.
    »Wollen Sie das Hotel aufsuchen?«
    »Ja bitte«, sagte Bishop ganz knapp, wobei er sich fest im Griff hatte.
    »Bitte gestatten Sie«, sagte der Eingeborene.
    Bishops Umgebung verschwamm eine Sekunde lang – ein ganz deutliches Gefühl des Verschwimmens, als wäre das Universum ganz kurz unscharf geworden – und dann stand er nicht mehr auf der Lichtung im Park, sondern in einem Alkoven, der gerade die richtige Größe für einen Menschen hatte, etwas abseits in einer Hotelhalle. Und seine Koffer waren ordentlich neben ihm aufgestapelt.
     
     
IV
     
    Vorher hatte er den Triumph vermißt, wie er in der Lichtung saß und auf den Eingeborenen wartete, nachdem der Leichter ihn verlassen hatte, aber jetzt erfaßte er ihn, ein zu Kopf steigender, trunken machender Triumph, der seinen ganzen Körper durchpulste und ihm in die Kehle stieg und ihn fast erstickte.
    Dies war Kimon! Er war endlich auf Kimon! Nach all den Jahren des Studiums war er endlich hier – an dem märchenhaften Ort, für den er so viele Jahre gearbeitet hatte.
    »Ein hoher IQ« hatten sie zwischen halb erhobenen Händen gesagt – ein hoher IQ und viele Jahre des Studiums und eine strenge Prüfung, die höchstens einer unter tausend bestand.
    Er stand in dem Alkoven mit dem Gefühl, sich dort zu verstecken, um sich selbst einen Augenblick zu verschaffen, in dem er wieder Atem holen konnte, um sich mit dem Herrlichen auseinanderzusetzen, das sich endlich ereignet hatte, um den Augenblick zu gewinnen, den sein Triumphgefühl brauchte, um ihn zu erfüllen und wieder zu verschwinden. Denn der Triumph war etwas, das er nicht zeigen durfte. Er war etwas ganz Persönliches, und als solches mußte man ihn ganz tief in sich verbergen.
    Auf der Erde mochte er vielleicht einer unter tausend sein, aber hier stand er auf gleicher Ebene mit denen, die vor ihm gekommen waren. Vielleicht nicht ganz auf gleicher Ebene, weil sie schon Bescheid wußten, und er sich erst anpassen mußte.
    Er betrachtete sie in der Hotelhalle – die Glücklichen und die Märchenhaften, die ihm vorangegangen waren, die glitzernde Gesellschaft, von der er während all der erschöpfenden Jahre geträumt hatte – die Gesellschaft, der er sich gleich anschließen würde, jenen Kindern

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