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Titan 19

Titan 19

Titel: Titan 19 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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ganze Zeit neue Tricks ausdenken. Nehmen Sie zum Beispiel meine Malerei…«
    »Jetzt hören Sie mal!« sagte Bishop. »Sie reden da von Dingen, die…«
    »Sprechen wir uns in einer Woche wieder«, sagte sie. »Ich heiße Maxine. Sagen Sie einfach nur, daß Sie Maxine sprechen wollen. In einer Woche können wir uns wieder unterhalten. Bis dann, Kleiner.«
    Sie schwebte vom Hocker und war plötzlich verschwunden.
    Ihren Drink hatte sie nicht angerührt.
     
     
VIII
     
    Er ging auf sein Zimmer, stand lange Zeit am Fenster und starrte auf die formlose Landschaft hinaus, die ein Mond beleuchtete.
    Staunen dröhnte in seinem Gehirn, das Staunen und das Neue und die vielen Fragen, das Atemlose daran, endlich hier zu sein, langsam die Tatsache voll zu begreifen, daß er hier war, daß er eins war mit jener glitzernden, märchenhaften Gesellschaft, von der er jahrelang geträumt hatte.
    Die langen düsteren Jahre schälten sich von ihm ab, die Jahre der Bücher und des Studiums, die Jahre entschlossener Zielstrebigkeit, die hungrigen, ängstlichen, mühsamen Jahre, in denen er ein Mönchsleben geführt, Körper und Seele fast zum Absterben gebracht hatte, nur um seinen Intellekt anzutreiben.
    Die Jahre fielen von ihm ab, und er fühlte das Neue an sich ebenso wie das Neue der Szene. Sauberkeit und Neuheit und plötzlicher Glanz.
    Da sprach der Schrank ihn an.
    »Warum versuchen Sie nicht das Lebe-es, Sir?«
    Bishop fuhr herum.
    »Sie meinen…«
    »Das dritte Zimmer«, sagte der Schrank. »Sie werden es höchst amüsant finden.«
    »Das Lebe-es!«
    »Richtig«, sagte der Schrank. »Sie suchen es sich heraus und leben es.«
    Das klang wie etwas aus Alice-im-Wunderland.
    »Es ist ganz ungefährlich«, sagte der Schrank. »Völlig ungefährlich. Sie können jederzeit zurückkehren, wenn Sie es wünschen.«
    »Danke«, sagte Bishop.
    Er ging in das Zimmer, setzte sich auf den Stuhl und studierte die Knöpfe auf den Armlehnen.
    Geschichte?
    Nun gut, sagte er sich. Er war in Geschichte einigermaßen bewandert. Er hatte sich dafür interessiert und einige Kurse belegt und außerdem las er eine ganze Menge.
    Er drückte den Knopf ›Geschichte‹.
    Ein Stück Wand vor dem Stuhl leuchtete auf, und ein Gesicht erschien – das Gesicht eines Kimonianers, das bronze- und goldfarbene Gesicht, die klassische Schönheit der Rasse.
    Gibt es denn gar keine, die nicht schön sind? fragte sich Bishop. Gar keine, die häßlich oder verkrüppelt sind wie der Rest der Menschheit.
    »Was für ein Typ von Geschichte, Sir?« fragte ihn das Gesicht auf dem Bildschirm.
    »Typ?«
    »Galaktisch, kimonianisch, Erde – so ziemlich jeder Ort, den Sie wünschen.«
    »Erde bitte«, sagte Bishop.
    »Spezifikation?«
    »England«, sagte Bishop. »Vierzehnter Oktober 1066. Ein Ort namens Senlac.«
    Und dann war er dort.
    Er war nicht länger in dem Raum mit dem einen Sessel und den vier kahlen Wänden, sondern er stand auf einem Hügel in sonnigem Herbstwetter, umgeben von Gold und vom Rot der Bäume und dem Blau des Himmels und den Rufen der Männer.
    Er stand verwurzelt im Gras, das über den Hügel wehte, und sah, daß das Gras vom Alter und der Sonne zu Heu geworden war – und unten, hinter dem Gras und dem Hügel, auf der Ebene gruppiert, gab es eine ausgezackte Reihe von Reitern, denen die Sonne auf die Helme schien und von ihren Schilden blitzte. Und die Banner mit den Leoparden wehten im Wind.
    Es war der 14. Oktober, und es war ein Samstag, und auf dem Hügel standen Haralds Heerscharen hinter ihrer dichtgefügten Mauer aus Schilden. Und ehe die Sonne untergegangen sein würde, würden neue Kräfte sich in Bewegung gesetzt haben, um den Lauf der Welt neu zu formen.
    Taillefer, dachte er. Taillefer wird vor Wilhelms Heerscharen einherreiten und das Chanson de Roland singen und sein Schwert durch die Luft kreisen lassen, auf daß es ein Rad aus Feuer werde, um die anderen anzuspornen.
    Die Normannen griffen an, aber da war kein Taillefer. Da war niemand, der sein Schwert in der Luft kreisen ließ, und da wurde auch nicht gesungen. Nur die heiseren Rufe von Männern erklangen, die in den Tod ritten.
    Die Reiter griffen ihn direkt an, und er wirbelte herum und versuchte wegzurennen. Aber er konnte ihnen nicht entkommen, und da waren sie auch über ihm. Er sah das Blitzen polierter Hufe und den grausamen Stahl der Hufeisen darauf, die glitzernde Lanzenspitze, die hüpfende Scheide, das Rot und das Grün und das Gelb der Mäntel, das stumpfe Grau der

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