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Titan 19

Titan 19

Titel: Titan 19 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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würden, daß man sie beobachtete. Man konnte die ganze Geschichte der Menschheit erleben, vom Dämmer der Vorgeschichte bis zum Tage vor dem gestrigen – und nicht nur die Geschichte der Menschheit, sondern auch die Geschichte anderer Geschöpfe, denn das Zimmer hatte ihm auch andere Kategorien des Erlebens angeboten – kimonianisch und galaktisch – zusätzlich zur Erde.
    Eines Tages, dachte er, werde ich neben Shakespeare stehen. Eines Tages werde ich mit Kolumbus segeln. Oder mit dem Priester Johannes reisen und die Wahrheit über ihn herausfinden.
    Denn es war Wahrheit. Man konnte es fühlen.
    Aber wie kam es, daß es Wahrheit war?
    Das konnte er nicht erfahren. Aber alles lief auf die Tatsache hinaus, daß die Umstände zwar fremdartig sein mochten, man aber dennoch ein Leben darauf aufbauen konnte.
    Und die Umstände würden fremdartig sein, denn dies war ein fremdes Land, und eines, das in bezug auf seine Kultur und seine Technologie der Erde unermeßlich weit überlegen war. Hier gab es keine Notwendigkeit für künstliche Kommunikation oder mechanischen Transport. Hier gab es keine Notwendigkeit für Verträge, da die bloße Tatsache der Telepathie einen Menschen vor dem anderen entschleierte. Und deshalb brauchte man keine Verträge.
    Du mußt dich anpassen, sagte sich Bishop.
    Man würde sich anpassen müssen und das Kimonspiel spielen, weil sie diejenigen waren, die die Regeln aufstellten. Ungerufen hatte er ihren Planeten betreten, und sie hatten es ihm gestattet. Und wenn er bleiben wollte, so folgte daraus, daß er sich anpassen mußte.
    »Sie sind unruhig, Sir«, sagte der Schrank aus dem anderen Zimmer.
    »Nicht unruhig«, sagte Bishop. »Ich denke nur nach.«
    »Ich kann Ihnen ein Beruhigungsmittel liefern. Ein sehr mildes, angenehmes Beruhigungsmittel.«
    »Kein Beruhigungsmittel«, sagte Bishop.
    »Dann«, sagte der Schrank, »würden Sie mir vielleicht erlauben, daß ich Ihnen ein Schlaflied singe.«
    »Unbedingt«, sagte Bishop. »Ein Schlaflied ist genau das, was ich jetzt brauche.«
    Und so sang ihm der Schrank ein Schlaflied, und nach einer Weile schlief Bishop ein.
     
     
XII
     
    Die kimonianische Göttin in der Stellenvermittlung sagte ihm am nächsten Morgen, daß sie einen Job für ihn hätte.
    »Eine neue Familie«, sagte sie.
    Bishop fragte sich, ob er froh sein sollte, daß es eine neue Familie war, oder ob es besser gewesen wäre, wenn es eine alte gewesen wäre.
    »Sie haben noch nie einen Menschen gehabt«, sagte sie.
    »Wie schön von ihnen«, sagte Bishop, »daß sie endlich einen aufnehmen.«
    »Das Gehalt«, sagte die Göttin, »beträgt hundert Credits pro Tag.«
    »Hundert…«
    »Sie werden nur am Tag arbeiten«, sagte sie. »Ich teleportiere sie jeden Morgen hin, und am Abend werden die Sie zurück teleportieren.«
    Bishop schluckte. »Einhundert… was muß ich tun?«
    »Gesellschafter«, sagte die Göttin. »Aber Sie brauchen keine Sorge zu haben. Wir werden sie im Auge behalten, und wenn sie Sie schlecht behandeln…«
    »Mich schlecht behandeln?«
    »Zu viel Arbeit von Ihnen verlangen oder…«
    »Miß«, sagte Bishop, »für hundert Eier pro Tag würde ich…«
    Sie ließ ihn nicht ausreden. »Sie nehmen die Stelle also?«
    »Mit dem größten Vergnügen«, sagte Bishop.
    »Sie gestatten…«
    Das Universum ging aus den Nähten und klatschte dann wieder zusammen.
    Er stand in einem Alkoven, und vor ihm war eine Waldlichtung mit einem Wasserfall, und von dort, wo er stand, konnte er die kühle, moosige Frische des Wassers riechen. Ringsum waren Farne und Bäume, mächtige Bäume wie die knorrigen Eichen, die man in den Illustrationen zu König Artus und Robin Hood und den anderen Geschichten aus der Frühzeit Britanniens findet – die Art von Eichen, aus denen die Druiden die Mistelzweige geschnitten hatten.
    Ein Weg führte am Wasserlauf entlang und auf den Hügel, von dem der Wasserfall herunterschoß. Und der Wind wehte und trug Musik und Parfümduft mit sich.
    Ein Mädchen kam den Weg herunter; sie war eine Kimonianerin, aber sie schien nicht so groß zu sein wie die anderen, die er gesehen hatte, und sie wirkte etwas weniger göttinnenhaft.
    Er hielt den Atem an und beobachtete sie, und einen Augenblick lang vergaß er, daß sie eine Kimonianerin war, sah in ihr nur ein hübsches Mädchen, das über einen Waldweg geht. Sie ist wunderschön, sagte er sich – lieblich war sie.
    Sie sah ihn und klatschte in die Hände.
    »Das müssen Sie sein«, sagte sie.
    Er

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