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Titan 19

Titan 19

Titel: Titan 19 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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emotionelle Ausstrahlung des Patienten stärker geworden war. Conway hatte gerade den Mund geöffnet, um eine Frage zu stellen, als ein scharfes, reißendes Geräusch seine Aufmerksamkeit auf den Patienten zurücklenkte. Der EPLH bäumte sich wie wild unter den Gurten auf, die ihn an das Bett fesselten. Zwei der Riemen hatten sich gelöst, und er hatte einen seiner Tentakel befreit. Den mit der Keule…
    Conway duckte sich erschreckt – und konnte um den Bruchteil eines Zolls vermeiden, daß ihm der Kopf abgeschlagen wurde – er spürte, wie der stumpfe Gegenstand am Tentakelende sein Haar streifte. Der Leutnant war nicht so glücklich dran. Fast am Ende seines Schwungs schmetterte die Knochenaxt gegen seine Schulter und schleuderte ihn quer durch die winzige Station, daß er gegen die Wand prallte. Prilicla, bei dem Feigheit zu den wesentlichsten Überlebenstaktiken zählte, hatte sich bereits mit seinen saugnapfbewaffneten Beinen an die Decke geklammert, was die einzig sichere Stelle im Raum war.
    Conway, flach auf dem Boden liegend, hörte, wie weitere Gurte sich lösten, und sah noch mehr Tentakel herumfuchteln. Er wußte, daß der Patient sich binnen weniger Minuten völlig von seinen Gurten befreit haben würde und sich dann ganz nach Belieben im Raum würde bewegen können. Er richtete sich auf, duckte sich zum Sprung und warf sich auf den Berserker. Während er sich krampfhaft mit beiden Armen unter den Tentakelansätzen an dem Körper des Aliens festklammerte, stieß dieser durch die Sprechöffnung neben dem Ohr ein an Bellen erinnerndes Brüllen aus. Der Lärm ließ sich als »Hilfe! Hilfe!« übersetzen. Gleichzeitig sah er, wie der Tentakel mit dem großen, knochigen Knüppel an der Spitze nach unten schwang. Ein Krachen ertönte, und plötzlich hatte der Boden eine drei Zoll tiefe Furche, und zwar genau an der Stelle, wo er noch vor wenigen Sekunden gelegen hatte. Den Patienten so anzugreifen, wie er das getan hatte, mochte vielleicht verrückt erschienen sein, aber Conway hatte in mehr als einer Hinsicht versucht, den Kopf zu behalten. Indem er sich unter den wie wild um sich schlagenden Tentakel an den Körper des EPLH klammerte, befand Conway sich an der sichersten Stelle im Raum. Und dann sah er den Leutnant.
    Der Leutnant lehnte mit dem Rücken zur Wand; halb saß er und halb stand er. Der eine Arm hing ihm schlaff herunter, und in der anderen Hand hielt er seine Pistole, die auf seine Knie gestützt war. Das eine Auge war zu einem diabolischen Grinsen zusammengekniffen, während das andere über Kimme und Korn zielte. Conway schrie verzweifelt, er solle gefälligst warten, aber der Lärm, der von dem Patienten ausging, übertönte ihn. Jeden Augenblick erwartete Conway den ersten Schuß zu hören. Er fühlte sich von eisiger Furcht gelähmt und konnte nicht loslassen.
    Und dann war plötzlich alles vorbei. Der Patient sank zur Seite, zuckte noch einmal und lag dann plötzlich reglos. Der Leutnant schob die nicht abgefeuerte Waffe wieder ins Halfter zurück und richtete sich auf. Conway löste sich von dem Patienten, und Prilicla von der Decke.
    Etwas verlegen meinte Conway: »Äh… Sie konnten wahrscheinlich nicht schießen, solange ich dort hing?«
    Der Leutnant schüttelte den Kopf. »Ich bin ein guter Schütze, Doktor. Ich hätte ihn schon getroffen, ohne Sie zu verletzen. Aber es schrie die ganze Zeit ›Hilfe‹, und das stört einen doch…«
     
     
3
     
    Etwa zwanzig Minuten später, nachdem Prilicla den Leutnant weggeschickt hatte, der sich den angebrochenen Humerus schienen lassen mußte, und Conway den GLNO mit einem wesentlich kräftigeren Geschirr ausgestattet hatte, merkten sie, daß die dunklere Hautstelle verschwunden war. Der Zustand des Patienten war jetzt genauso wie vor der Behandlung. Offensichtlich hatte die kräftige Injektion, die Conway ihm verpaßt hatte, nur eine kurzzeitige Wirkung gehabt, und das war seltsam. Genauer gesagt: es war geradezu unmöglich.
    Von dem Augenblick an, in dem Prilicla seine empathischen Fähigkeiten eingesetzt hatte, war Conway sicher gewesen, daß die Wurzel des Problems im psychologischen Bereich lag. Aber er wußte auch, daß ein ernsthaft gestörtes Bewußtsein dem Körper, der es beherbergte, ungeheuren Schaden zufügen konnte. Aber dieser Schaden lag einzig und allein im physischen Bereich, und die zu seiner Behebung erforderliche Methode – die Behandlung, die die Pathologie entwickelt und immer wieder mit Erfolg angewendet hatte –

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