Titan 19
war ebenfalls ein hartes physisches Faktum. Und kein Bewußtsein, gleichgültig wie kräftig oder wie beschädigt es auch sein mochte, sollte imstande sein, ein physisches Faktum zu ignorieren oder gar völlig außer acht zu lassen. Immerhin baute das Universum auf gewisse feste Gesetze auf.
Soweit Conway das verstehen konnte, gab es nur zwei mögliche Erklärungen. Entweder wurden diese Regeln ignoriert, weil das Geschöpf, das sie aufgestellt hatte, auch die Macht besaß, sie zu ignorieren, oder irgend jemand – oder irgendeine Kombination von Umständen oder falsch aufgenommenen Daten – spielte ihm irgendwie einen Streich. Conway gab der zweiten Theorie den unbedingten Vorzug, weil die erste einfach zu erschütternd war, um sie ernsthaft in Betracht zu ziehen. Er wollte in seinem Patienten einfach weiterhin dies und nicht mehr sehen…
Trotzdem suchte Conway, nachdem er die Station verlassen hatte, das Büro von Captain Bryson auf, des Kaplans vom Monitor Corps, und konsultierte ihn ziemlich ausgiebig – Conway hielt sehr viel davon, sich reichlich zu versichern.
Sein nächster Besuch galt Colonel Skempton, dem Offizier, der für die Versorgung und die Fernmeldeeinrichtungen des Hospitals verantwortlich war. Dort forderte er komplette Kopien des Logbuchs des Patienten an – nicht nur die Abschnitte, die sich auf den Mord bezogen – sowie alle anderen Hintergrunddaten, die etwa verfügbar sein könnten. Dann begab er sich in den AUGL-Operationssaal, um dort eine Demonstration von Operationstechniken an Unterwasserlebewesen zu geben, und schaffte es schließlich noch vor dem Abendessen, zwei Stunden Arbeit in der Pathologie-Abteilung einzuschieben, in deren Verlauf er einiges über die Unsterblichkeit seines Patienten in Erfahrung brachte.
Als er in sein Zimmer zurückkehrte, lag auf seinem Schreibtisch ein beinahe fünf Zentimeter dicker Stapel maschinenbeschriebener Blätter. Conway stöhnte und dachte wehmütig an seine sechsstündige Freizeitperiode und daran, wie er sie verbringen würde. Dabei drängte sich ihm der Gedanke auf, wie er sie gerne verbracht hätte, wobei sich da ein sehr lebhaftes Bild der höchst effizienten und unwahrscheinlich gut aussehenden Schwester Murchison vor seinem inneren Auge aufdrängte, mit der er in letzter Zeit regelmäßig ausgegangen war. Aber Schwester Murchison war im Augenblick der FGLI-Entbindungsstation zugeteilt, und ihre Freizeitperioden würden erst wieder in zwei Wochen zusammenfallen.
Unter den augenblicklichen Umständen war es vielleicht ganz gut so, dachte Conway und setzte sich an seinen Schreibtisch, um mit der Lektüre zu beginnen.
Die Männer vom Monitor Corps, die das Schiff des Patienten untersucht hatten, waren nicht imstande gewesen, die Zeiteinheiten des EPLH mit auch nur annähernder Genauigkeit in die erdmenschliche Skala zu übersetzen, aber sie hatten eindeutig feststellen können, daß viele der auf Band aufgezeichneten Logbücher einige hundert Jahre alt waren, und daß einige von ihnen sogar zweitausend oder mehr Jahre zurückreichten. Conway begann mit dem ältesten und arbeitete sich langsam nach vorne, bis er das jüngste erreichte. Er stellte bald fest, daß es sich nicht so sehr um eine Folge auf Band aufgezeichneter Tagebücher handelte – Eintragungen persönlicher Art waren relativ selten – sondern vielmehr um einen Katalog von Aktenvermerken, die größtenteils hochgradig technischer Natur waren. Die Einzelheiten, die sich auf den Mord bezogen und die er als letztes studierte, waren viel dramatischer.
… Mein Arzt macht mich krank, lautete die letzte Eintragung. Das bringt mich einfach um. Ich muß etwas unternehmen. Er ist ein schlechter Arzt, weil er zuläßt, daß ich krank werde. Irgendwie muß ich ihn loswerden…
Conway legte das letzte Blatt auf den Stapel, seufzte und schickte sich an, eine Haltung einzunehmen, die sich mehr für kreatives Denken eignete; das heißt, mit weit nach hinten gekipptem Stuhl, den Füßen auf dem Schreibtisch, so daß er praktisch auf dem Hals saß.
Was für ein Durcheinander! dachte er.
Die einzelnen Bestandteile des Puzzlespiels – oder zumindest die meisten – standen ihm jetzt zur Verfügung und brauchten nur noch zusammengesetzt zu werden. Da war zum Beispiel der Zustand des Patienten – nicht gerade akut, soweit es das Hospital betraf, aber entschieden tödlich, wenn er nicht behandelt wurde. Dann die Einzelheiten, die die zwei Ians bezüglich dieser gottgleichen,
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