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Titan 19

Titan 19

Titel: Titan 19 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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gelegt hatte und wie ein Vater zu ihm sprach. Normalerweise war O’Mara ein übellauniger, unnahbarer Tyrann, der, wenn man ihn um Hilfe anging, sarkastische Bemerkungen von sich gab, während der Betreffende unruhig auf seinem Sessel herumrutschte und mit vor Scham gerötetem Gesicht selbst seine Probleme zu lösen versuchte. Sein augenblickliches, völlig uncharakteristisches Verhalten bewies etwas, dachte Conway bitter. Es bewies, daß Conway mit einem Problem zu tun hatte, das Conway nicht selbst lösen konnte.
    Aber aus O’Maras Ausdruck war noch mehr als nur Sorge um Conway herauszulesen, und das lag wahrscheinlich daran, weil der Psychologe tief in seinem Innersten ein wenig froh darüber war, daß die Dinge sich so entwickelt hatten. Damit trat Conway O’Mara in keiner Weise zu nahe, weil er genau wußte, daß der Major an seiner Stelle sich die gleiche oder noch mehr Mühe gegeben hätte, um den Patienten zu heilen, und am Ende ebenso bedrückt wie er gewesen wäre. Gleichzeitig aber mußte der Chefpsychologe von tiefer Sorge erfüllt gewesen sein, daß möglicherweise ein Geschöpf mit großen und völlig unbekannten Kräften, das zu allem Überfluß noch aus dem geistigen Gleichgewicht geraten war, im Krankenhaus losgelassen werden könnte. Außerdem hatte sich O’Mara möglicherweise sogar gefragt, ob er neben einem lebenden EPLH im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte vielleicht wie ein kleiner, ungebildeter Junge wirken würde…
    »Versuchen wir es doch noch einmal von vorne«, sagte O’Mara und riß ihn damit aus seinen Gedanken. »Gibt es denn irgend etwas in der Vorgeschichte des Patienten, das ihn dazu veranlassen könnte, sich selbst zerstören zu wollen?«
    »Nein!« sagte Conway heftig. »Im Gegenteil! Nach meiner Ansicht müßte er sich geradezu verzweifelt ans Leben klammern. Er hat sich unselektiven Verjüngungsbehandlungen unterzogen, und das bedeutet, daß die komplette Zellstruktur seines Körpers periodisch regeneriert wurde. Da der Vorgang der Gedächtnisspeicherung ein Produkt des Alterns der Gehirnzellen ist, würde dies sein Bewußtsein praktisch nach jeder Behandlung entleeren…«
    »Deshalb glichen diese Bandaufzeichnungen technischen Aktenvermerken«, warf O’Mara ein. »Genau das waren sie nämlich. Trotzdem ziehe ich unsere eigene Verjüngungsmethode vor, auch wenn wir nicht so lange leben. Nur beschädigte Organe regenerieren und das Gehirn unangetastet lassen…«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Conway und fragte sich, weshalb der sonst so schweigsame O’Mara plötzlich so gesprächig geworden war.
    Versuchte er, das Problem zu vereinfachen, indem er ihn dazu brachte, es in Begriffen darzustellen, die außerhalb der Fachsprache lagen? »Aber wie Sie selbst wissen, vermitteln andauernde Langlebigkeitsbehandlungen dem Besitzer eine wachsende Furcht vor dem Tode. Trotz der Einsamkeit, der Langeweile und einer insgesamt unnatürlichen Existenz wächst die Furcht ständig, je mehr Zeit vergeht. Deshalb reiste er stets mit seinem persönlichen Arzt, hatte verzweifelte Angst, er könnte krank werden oder zwischen den Behandlungen einen Unfall erleiden. Und deshalb kann ich ein gewisses Mitgefühl mit ihm empfinden, als der Arzt, der dafür hätte sorgen sollen, daß er gesund blieb, zuließ, daß er krank wurde. Obwohl der Gedanke, daß er ihn aufgefressen hat…«
    »Sie sind also auf seiner Seite«, sagte O’Mara trocken.
    »Nun, jedenfalls könnte er auf Notwehr plädieren«, erwiderte Conway. »Aber ich sagte, daß er verzweifelte Furcht vor dem Tode hatte und sich daher dauernd darum bemühte, einen besseren, effizienteren Arzt… Oh!«
    »Oh was?« fragte O’Mara.
    Darauf antwortete Prilicla, der Empath. Er sagte: »Doktor Conway hatte gerade eine Idee.«
    »Was denn, Sie junger Schnösel? Sie brauchen doch nicht so verdammt geheimnisvoll zu tun…!« Plötzlich war der sanfte, väterliche Klang aus O’Maras Stimme verschwunden, und etwas funkelte in seinen Augen und ließ erkennen, daß er froh war, daß die Sanftheit nicht länger notwendig war. »Was stimmt denn an dem Patienten nicht?«
    Conway stolperte glücklich und erregt und gleichzeitig höchst unsicher aus Interkom und bestellte einige höchst ungewöhnliche Geräte, überzeugte sich noch mal, daß der Patient einwandfrei angeschnallt war und keinen Muskel bewegen konnte, und sagte dann: »Ich vermute, daß der Patient geistig völlig gesund ist, und daß wir uns im psychologischen Sinne von ihm haben

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