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Titan - 2

Titan - 2

Titel: Titan - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne SF Classics
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Irrtümer; ebenso die geistige Schwerfälligkeit von Dosenfutter, der zwar einen großen Teil der geheimen Riten kannte und sich recht intelligent mit Gummiez unterhielt, wenn sie allein waren, der aber nichtsdestotrotz unter den Einschränkungen seines Status litt – ein recht netter alter Gott, aber leider ein aufreizend langsam denkender.
    Gummiez fiel es jedoch leicht, all die Unzulänglichkeiten und Widrigkeiten dieses Katzen-Menschen-Haushalts zu übersehen, denn er war sich klar darüber, daß er allein die Wahrheit über sich und andere Kätzchen und auch Babys wußte, eine Wahrheit, die beschränkteren Geistern verborgen blieb, eine Wahrheit, die an sich so unglaubhaft war wie die Theorie, daß Keime Krankheiten verursachten, oder daß das ganze große Universum mit der Explosion eines einzigen Atoms begann.
    Als sehr junges Kätzchen hatte Gummiez geglaubt, daß Dosenfutters zwei Hände haarlose Kätzchen waren, die zwar an den Enden von Dosenfutters Armen angewachsen waren, aber durchaus ein Eigenleben führten. Wie hatte er diese beiden fünfbeinigen, blassen Ungeheuer gehaßt und geliebt, die seine ersten Spielkameraden, Tröster und Kampfgegner gewesen waren!
    Nun, selbst diese fantastische, längst überlebte Ansicht war alltäglich und harmlos, verglichen mit der Wahrheit über ihn selbst!
    Die Stirn des Zeus spaltete sich und gebar Athene. Gummiez war aus der Bauchfalte eines schmuddeligen alten Bademantels, Dosenfutters häufigster Gewandung, geboren worden. Das Kätzchen war intuitiv davon überzeugt und hatte, einem Descartes oder Aristoteles gleich, sich selbst die logische Beweisführung erarbeitet. In einer kätzchengroßen Falte jenes ehrwürdigen Bademantels hatten sich die Atome seines Körpers zusammengefügt und waren zum Leben erwacht. Gummiez’ älteste Erinnerung zeigte ihn eingewickelt in abgewetztes Frottee, friedlich schlummernd, gewärmt von Dosenfutters Körper. Miez-Miez-Kooomm und Dosenfutter waren seine wirklichen Eltern. Die andere Theorie seiner Abkunft, jene, die er hin und wieder Dosenfutter und Miez-Miez-Kooomm erzählen hörte – daß er nämlich das einzige überlebende Kätzchen von einem nebenan ausgesetzten Wurf gewesen sei, daß er an Vitaminmangel und Unterernährung fast eingegangen sei und dadurch seine Schwanzspitze und die Haare auf seinen Pfoten verloren hätte und mit einer warmen, gelblichen Milch-Vitamin-Mixtur aus einem Augentropfer wieder auf die Beine gebracht werden mußte – diese andere Theorie war einfach eine dieser rationalisierenden Erklärungen, mit denen die geheimnisvolle Natur die Geburt von Helden bemäntelt, weise die Wahrheit jenen verhüllend, deren Geist nicht fähig war, sie zu ertragen. Dieser Rationalisierung war jedenfalls ebenso falsch wie Miez-Miez-Kooomms und Dosenfleischs rührender Glaube, daß Sissy und Baby ihre Kinder waren und nicht die Jungen von Assurbanipal und Kleopatra.
     
    An dem Tag, da Gummiez rein intuitiv das Geheimnis seiner Geburt lüftete, hätte er sich im ersten Augenblick vor Aufregung fast in den Schwanz gebissen. Nur, indem er in die Küche raste und die Klauen in eine gebackene Muschel schlug und sie verschlang, nachdem er ihr zwanzig Minuten lang übel mitgespielt hatte, nur so konnte er verhindern, daß ihn diese grandiose Erleuchtung in Stücke riß.
    Und das Geheimnis seiner Geburt war nur ein Anfang. Da nun seine intellektuellen Fähigkeiten geweckt waren, hatte Gummiez zwei Tage später ein weiteres, noch gewaltigeres Geheimnis entdeckt: da er das Kind von Menschen war, würde er, wenn er bald erwachsen wurde, wie Dosenfutter gesagt hatte, nicht zu einem grantigen Kater werden, sondern sich in einen gottgleichen menschlichen Jüngling mit rotgoldenem Haar verwandeln, der Farbe seines jetzigen Pelzes. Man würde ihm Kaffee einschenken, und er würde augenblicklich sprechen können, höchstwahrscheinlich in allen Sprachen. Sissy dagegen (wie klar nun alles wurde!) würde ungefähr zur gleichen Zeit zusammenschrumpfen und sich bepelzen und zu einem scharfkralligen und bösartigen Katzenmädchen werden, schwarz wie ihr Haar jetzt, ein Geschöpf, dem nur Sex und Egoismus etwas bedeuteten, eine passende Haremskollegin für Kleopatra und Konkubine von Assurbanipal.
    Genau dasselbe galt auch, das begriff Gummiez sofort, für sämtliche Kätzchen und Babys, für alle Menschen und Katzen, wo immer sie auch lebten. Metamorphose war ebenso wie bei Insekten ein untrennbarer Teil ihres Lebens, außerdem

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