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Titan 20

Titan 20

Titel: Titan 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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»Aber aus all dem erwächst keine Unfehlbarkeit – und das ist ein qualitativer Unterschied, Kras. Nehmen Sie diese Geschichte mit der Armada aus dem Pferdekopfnebel. In dem Augenblick, in dem die Armada erschien, wollen wir einmal annehmen, hörte die Erde über Dirac davon und begann eine Gegenarmada aufzustellen. Aber es erfordert endliche Zeit, eine Konzentration von Schiffen und Männern aufzubauen, selbst wenn Ihr Nachrichtensystem ohne Zeitverzögerung arbeitet.
    Die Gegenarmada des Dienstes hatte bereits Position bezogen. Sie hatte sich so lange und mit so wenig Aufregung formiert, daß niemand ihre Konzentration bemerkte, bis zum letzten Tag vor der Schlacht. Dann begannen die Planeten in der Gegend allmählich etwas zu bemerken und unruhig zu werden. Aber nicht sehr unruhig; der Dienst gewinnt immer – das ist seit Jahrhunderten eine statistische Tatsache. Jahrhunderte , Kras. Du lieber Gott, man braucht fast so lange dazu, um einige der Tricks durchzuziehen, die uns gelungen sind! Der Dirac verschafft uns draußen am Rand der Galaxis in wirklich extremen Fällen einen Vorteil von zehn bis fünfundzwanzig Jahren, aber nicht mehr als das.«
    Er bemerkte, daß er zu heftig an der Zigarette gesogen hatte und nun sein Mund brannte. Er drückte sie verärgert aus. »Das ist eine völlig andere Sache«, fuhr er fort, »als in allgemeiner Weise zu wissen, wie ein Feind sich wahrscheinlich verhalten wird, oder was für Kinder ein bestimmtes Paar nach den Mendelschen Gesetzen haben sollte. Es bedeutet, daß wir über irgendeine Möglichkeit verfügen, die Zukunft in winzigen Einzelheiten zu lesen. Und das steht in völligem Widerspruch zu allem, was man mich in bezug auf die Wahrscheinlichkeit gelehrt hat, aber ich muß das glauben, was ich sehe.«
    Krasna lachte. »Das ist eine sehr geschickte Darstellung«, sagte er. Er schien echt befriedigt. »Ich glaube, Sie werden sich daran erinnern, daß man Sie bedrängte, in den Dienst einzutreten, als Sie anfingen, sich zu fragen, weshalb die Nachrichten stets gut waren. Heutzutage wundern sich immer weniger Leute darüber; das wird zu einem Teil dessen, was sie von ihrer Umgebung erwarten.« Er stand auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Jetzt haben Sie die nächste Phase hinter sich gebracht. Gratuliere, Jo. Sie sind soeben befördert worden!«
    »So, bin ich das?« sagte Jo ungläubig. »Dabei bin ich in der Meinung hergekommen, man würde mich vielleicht feuern.«
    »Nein. Kommen Sie auf diese Seite des Schreibtischs, dann spiele ich Ihnen ein wenig Geschichte vor.« Krasna klappte die Schreibtischplatte auf, so daß ein kleiner Bildschirm sichtbar wurde. Gehorsam stand Jo auf und ging um den Schreibtisch herum, damit er auf den Bildschirm blicken konnte. »Ich habe mir vor einer Woche ein Standardausbildungsband schicken lassen, weil ich damit rechnete, daß Sie bald so weit sein würden und ich es Ihnen zeigen könnte. Passen Sie auf!«
    Krasna tippte an einen Schalter. Ein kleiner Lichtpunkt erschien in der Mitte des Bildschirms und ging wieder aus. Im gleichen Augenblick war ein leises, piepsendes Geräusch zu hören. Pieps.
    Dann begann das Band abzurollen, und ein Bild erschien auf dem Bildschirm.
    »Wie Sie schon angenommen haben«, meinte Krasna im Gesprächston, »ist der Dienst unfehlbar. Wie er das wurde, ist eine Geschichte, die vor einigen hundert Jahren anfing. Dieses Band liefert Ihnen alles Wissenswerte. Sie sollten beinahe imstande sein, sich vorzustellen, was wirklich geschah ...«
     
     
II
     
    Dana Lje – ihr Vater war Holländer gewesen, ihre Mutter auf Celebes geboren – setzte sich auf den Stuhl, den ihr Captain Robin Weinbaum gezeigt hatte, schlug die Beine übereinander und wartete. Ihr blauschwarzes Haar glänzte im Schein der Deckenbeleuchtung.
    Weinbaum musterte sie nachdenklich. Der weiße Eroberer, der dem Mädchen ihren ganz und gar europäischen Namen gegeben hatte, hatte dafür die Quittung bekommen, denn die Schönheit seiner Tochter hatte nichts nordländisch Blondes und nichts Holländisches an sich. Dem unbefangenen Betrachter mußte Dana Lje als eine besonders zarte Jungfrau von Bali erscheinen, und dies trotz ihres westlichen Namens, ihrer Kleidung und ihres Auftretens. Die Millionen von Zuschauer ihrer Fernsehkolumne hatten diesen prickelnden Reiz bereits erkannt, und auch Weinbaum konnte sich ihm auf den ersten Blick nicht entziehen.
    »Als eines Ihrer jüngsten Opfer«, sagte er, »bin ich gar nicht sicher, ob

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