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Titan 22

Titan 22

Titel: Titan 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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konnte, und daß man selbst diese schreckliche Gefahr abwenden könnte, wenn nur die Menschen guten Willens zusammenkamen und Vernunft walten ließen. Ich glaube, innerlich wußten wir alle, daß es hoffnungslos war, aber dennoch bemühten wir uns in jenem langen Frühjahr, während weltweit die Bleilager wuchsen.
    Im Juni, als das klare, sonnige Wetter in Südkalifornien einzog und die Strände sich füllten, legte sich eine Art unruhiger Stille über die Presse. Der Kongreß vertagte sich nach einigen bedeutsamen Entscheidungen, während die Mitglieder des Sicherheitsrates einander wie vorsichtige Hunde belauerten. Irgend etwas lag in der Luft, das wußte jeder, aber was oder wo, konnte man nicht erraten. Es gab eine ungewöhnlich hohe Zahl von Sommergästen in den bergigen Bereichen östlich von Los Angeles; wie es schien, war jeder daran interessiert, die überfüllten Städte hinter sich zu lassen.
    Selbst die Fakultät schien von dem Fieber angesteckt. Ich stand in meinem Büro und zählte auf dem Kalender die Tage bis zum Semesterende ab, als die Tür sich öffnete und Dr. Ordway eintrat.
    Ich wandte mich erleichtert zu ihm um, weil er ein Mensch war, der einen gewöhnlich mit seiner guten Laune aufheiterte, und dann stöhnte ich überrascht auf. Das war nicht derselbe Ordway, den ich kannte. Das Lächeln war verschwunden. Statt dessen wirkte sein Gesicht so verhärmt wie das eines Mitglieds des Sicherheitsrates. Er schien seit Tagen nicht mehr geschlafen zu haben. Ich führte ihn zu einem Stuhl und fragte verblüfft: »Fred, was ist denn los? Was ist passiert?«
    Anstelle einer Antwort reichte er mir stumm eine Zeitung und wies auf einen kleinen Absatz ganz unten auf der ersten Seite. Ich las:
    ›Tanker im Taifun gesunken. Der neue sowjetische Tanker Vladimir Stuloff meldete über Radio, daß er im schlimmsten Taifun der Saison auseinandergebrochen ist und fünfhundert Meilen östlich von Hokkaido sinkt. Das Schiff, das normalerweise für Rohöltransporte eingesetzt wird, trug eine Ladung von achttausend Tonnen Z-Säure, ein neues Mittel zur Verhinderung der Verdunstung, das von Dr. Frederick Ordway entwickelt wurde, einem bekannten Chemiker…‹
    Ich blickte auf und begriff.
    »Aber das ist ja schrecklich, Fred. Das muß Ihre ganze Produktion sein. Wahrscheinlich werden die nicht bezahlen, sofern die Ladung nicht versichert ist.«
    »Bezahlen?« Ordway sah mich aus glasigen Augen an. »Bezahlen? – Verstehen Sie denn nicht, was das bedeutet? Ich hätte das nie zulassen dürfen. Achttausend Tonnen Z-Säure!«
    Und dann begann ich mit einem Schauder der Vorahnung zu begreifen, worauf Ordway hinauswollte.
    »Wissen Sie, wieviel Z-Säure man braucht, um einen Hektar Wasser zu bedecken?« fragte er plötzlich und beantwortete sich die Frage selbst. »Man braucht dazu 1,2 Gramm. Das bedeutet, das ein Kilo acht Quadratkilometer bedeckt, achttausend Tonnen reichen aus, um sämtliche Ozeane der ganzen Welt fast zweimal zu bedecken. Das wird jegliche Verdunstung zum Stillstand bringen, verstehen Sie nicht? Die Flüsse und Seen werden austrocknen, die gesamte Vegetation wird verdorren. Jetzt hat es nichts mehr zu besagen, ob wir einander in die Luft jagen oder nicht, wir werden alle so oder so in drei oder vier Jahren tot sein.«
    Ich ließ mich schwer in meinen Sessel sinken und versuchte, meine Gedanken neu zu ordnen. Es hatte keinen Sinn, Fred zu fragen, ob er seine Zahlen auch überprüft hätte. Die schwarzen Ringe unter seinen Augen legten Zeugnis für die Zeit ab, die er eben damit verbracht hatte. Und es hatte auch keinen Sinn, ihn zu fragen, ob seine Theorie stimmte. Dazu kannte ich Fred zu gut. Er war ein vorsichtiger und gründlicher Arbeiter, und wenn er sagte, daß die Z-Säure bestimmte Dinge tun würde, dann war das endgültig.
    Ich glaube, ich muß wohl eine Minute stumm dagesessen und ihn angestarrt haben. Dann…
    »Haben Sie das schon jemandem gesagt?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Gut. Wir wollen unter keinen Umständen das wiederholen, was Schneider angerichtet hat. Aber wir müssen die Behörden verständigen. Z-Säure hält nicht ewig. Wenn wir sofort anfangen, Wasser und Lebensmittel zu sparen…«
    Ordway schüttelte den Kopf. »Eine einzige Schicht reicht für zehn Jahre. Bei dieser Dosis weiß niemand, wie lang das Meer bedeckt sein wird – fünfzehn Jahre, vielleicht zwanzig… ich weiß es nicht.«
    Plötzlich kam mir eine Idee. »Vielleicht haben wir noch eine Galgenfrist. Wissen Sie,

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