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Titan 22

Titan 22

Titel: Titan 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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ersten Klimaveränderungen bemerkbar. Zuerst waren sie lediglich statistischer Natur und wurden nur von den Meteorologen registriert. Ein Rückgang im Prozentsatz der Nebeltage an der südöstlichen Küste von Alaska. Ein nicht der Jahreszeit gemäßer kalter, trockener Wind, der über Kanada wehte. Ende August eine zwei Wochen dauernde Periode klaren Wetters am normalerweise nebelverhangenen Cape Flattery. Und dann kam, während sich der Film über dem ganzen Nordpazifik ausbreitete, die Dürre. Über dem Pazifischen Nordwesten spannte sich ein blauer Himmel von unglaublicher Tiefe und Klarheit. Den ganzen September hindurch wurde die Sonne täglich wärmer und die Nächte kälter. Der Wasserdampf, der große Hitzeregulator, war verschwunden. Mittags waren die gnadenlosen Strahlen der Sonne unabgeschirmt, aber nach Einbruch der Nacht gab es keine Dunstdecke, um die Wärme festzuhalten, und die Temperatur sank ab, so wie sie das früher nur in der Wüste und auf Berggipfeln getan hatte.
    Die Lage im Nordwesten linderte sich freilich bald durch den Rauch von Waldbränden, die zum Teil die Temperaturregulierung wiederherstellten.
    Im trockenen Südwesten der Vereinigten Staaten führte die Veränderung erst im Winter zu ernsthaften Problemen. Freilich war San Francisco zum erstenmal ohne seinen berühmten Nebel, aber Kalifornien, das lange, trockene Sommer gewöhnt war, bekam erst im Frühjahr 1951 die Auswirkungen zu spüren, als die Schneeschmelze nicht einsetzte – weil es keinen Schnee gab.
    Mittlerweile hatte sich die Katastrophe bereits über die ganze Welt ausgebreitet. Seit der Indische Ozean bedeckt war, blieben die Wolkenbrüche des Monsuns aus, und die Dschungel von Südostasien verwelkten und wurden braun. Flüsse und Sümpfe verschwanden, und die wilden Kopfjäger, von so elementarem Schrecken erfaßt, wie ihn auch die Tiere des Dschungels empfanden, kamen die trockenen Flußbette herunter, bis sie den salzigen Ozean erreichten.
    Der genaue Kurs der meteorologischen Veränderungen ist hinreichend dokumentiert, und ich will nicht einmal versuchen, hier darauf näher einzugehen. Als erstes wurden die Westküsten der Ozeane betroffen, als nämlich die feuchten Passatwinde und Zyklone ausblieben. Eigenartigerweise dauerten die normalen Regenfälle in den östlichen Vereinigten Staaten noch Monate an; erst später erkannte man, wieviel Wasser doch in scheinbar trockenem Land gespeichert ist.
    Während dieser ganzen Zeit wurde das Wasserkonservierungsprogramm natürlich fortgesetzt. In den Vereinigten Staaten waren die Großen Seen die wichtigste Quelle. Pumpstationen wurden eingerichtet, um ein Intensivbewässerungsprojekt für den Anbau von Getreide zu beliefern. Wäre es nur darum gegangen, die Versorgung der Bevölkerung der Staaten des Mittleren Westens sicherzustellen, so hätte dieses Reservoir zwanzig Jahre lang ausgereicht. Aber unglücklicherweise waren die Großen Seen auf der ganzen Welt einmalig. In Europa und Asien, ja selbst im amerikanischen Westen waren die lokalen Wasservorräte alles andere als ausreichend.
    Den ersten Schlag mußte der Westen hinnehmen, als alle Wasserkraftwerke abgeschaltet wurden. Über Nacht fand Los Angeles sich wieder in der Zeit der Gaslaternen, als nämlich die Boulder-Talsperre geschlossen wurde. Die Energie der verfügbaren Dampfkraftwerke wurde auf lebenswichtige Industrieanlagen umgelenkt. Binnen einer Woche, nach einem vergeblichen Appell, das städtische Wasser freiwillig zu rationieren, wurden die Leitungen abgesperrt und das Wasser per Tankwagen geliefert. Aber selbst nachdem diese verzweifelten Maßnahmen in Kraft gesetzt waren, schlichen sich die Menschen noch des Nachts mit einem Eimer hinaus in der vergeblichen Hoffnung, ihren Rasen oder ihre Blumen am Leben erhalten zu können. Illegales Gießen wurde in den Vereinigten Staaten zu einem ernsthaften Verbrechen erklärt.
    Von Anfang an versicherte man den Leuten, daß sie nicht verdursten würden. Wenn es nur um die Versorgung mit Trinkwasser ging, so konnte die Menschheit Jahrhunderte lang von dem verfügbaren Süßwasser existieren. Wo sich der fatale Mangel wirklich zeigte, war im Bereich der Nahrung – Nahrung, die man nur mit Hilfe von Wasser heranziehen konnte.
    Ich will Sie nicht mit Zahlen über den Wasserverbrauch der verschiedenen Getreidearten langweilen oder mit einem Bericht über die verzweifelten Forschungsarbeiten, die in Gang gesetzt wurden, um zu ermitteln, welche Getreidearten am

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