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Titan 22

Titan 22

Titel: Titan 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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genommen hatte, denn so weit man sehen konnte, waren die verkommenen Überreste von hundert Bohrtürmen, verrottende Reste von Anlagen aus Holz und Metall, soweit das Auge reichte, verlassene Hütten, Wohnwagen, die man, als die Hoffnung zerstoben war, einfach stehengelassen hatte, uralte Lkws, verrostendes Gerät, Haufen von Rohren – das alles legte Zeugnis für die einstige Hoffnung ab, die stets in der Brust eines jeden Prospektors brennt.
    Thunder Inc. war da ganz anders: eine riesige Anlage mitten in dem tiefen Tal; ein Bohrturm größer und komplizierter als ich je einen gesehen hatte; eine Mauer, um das Öl einzudämmen, falls es ihnen nicht gelang, das Bohrloch sofort wieder zu stopfen; eine Werkstätte; eine kleine Generatoranlage; wenigstens hundert Fahrzeuge verschiedener Art und vielleicht fünfzig transportable Häuser, wie man sie so oft an Bohrstellen findet. Das schiere Ausmaß dieser Anlage hier mitten in der Wüste war atemberaubend. Und ich ließ Max wissen, was ich von seiner Behauptung hielt, daß man all dies aufgeben würde, wenn ich erklärte, ihre Idee tauge nichts.
    »Vielleicht – vielleicht auch nicht. Was sagen Sie denn?«
    »Geben Sie mir etwas Zeit.«
    »Aber selbstverständlich, so viel Sie brauchen.«
    Noch nie in meinem Leben war ich mit solchem Respekt behandelt worden. Ich kroch überall herum, fuhr mit einem Jeep durch die Gegend, hinauf in die Berge und wieder zurück; aber so lange ich auch herumfuhr, schnüffelte und schätzte, zu mehr als eben dem – einer Schätzung – würde ich nie imstande sein. Ich war auch sicher, daß sie das Projekt nicht aufgeben würden, wenn ich es mißbilligte, und sagte, es würde nichts bringen. Sie hielten mich für eine Art Wünschelrutengänger und glaubten an mich, besonders dann, wenn ich sagte, daß sie weitermachen sollten. Was sie in Wirklichkeit suchten, war die Bestätigung eines Fachmanns, der ihnen sagen sollte, daß ihr Glauben der Realität entsprach. Das war allein schon der Tatsache zu entnehmen, daß sie bereits ein teures siebentausend Meter tiefes Loch gebohrt und all diese Anlagen aufgestellt hatten. Wenn ich ihnen sagte, daß sie unrecht hatten, würde das ihren Glauben vielleicht ein wenig erschüttern, aber dann würden sie sich erholen und sich einen anderen Wünschelrutengänger suchen.
    Ich sagte das Martha, als ich mit ihr telefonierte.
    »Nun, und was glaubst du ehrlich?«
    »Ölland ist es. Aber ich bin nicht der erste mit dieser brillanten Feststellung. Worauf ich wirklich hinausmöchte, ist – kann man aus ihrer Erklärung entnehmen, weshalb da kein Öl ist?«
    »Kann man das?«
    »Ich weiß nicht. Niemand weiß das. Und die lassen da eine Million Dollar vor meiner Nase baumeln.«
    »Ich kann mir nicht helfen«, sagte Martha. »Damit mußt du alleine zurechtkommen.«
    Natürlich konnte sie mir nicht helfen. Niemand hätte mir helfen können. Es war zu weit unten, zu tief verborgen. Wir wußten, wie die andere Seite des Mondes aussah, und wir wußten ein wenig über den Mars und die anderen Planeten Bescheid, aber was haben wir je schon über uns gewußt und den Ort, an dem wir leben?
    Am Tag nachdem ich mit Martha gesprochen hatte, traf ich mich mit Max und seinem Aufsichtsrat.
    »Ich bin Ihrer Ansicht«, erklärte ich ihnen. »Das Öl sollte da sein. Meiner Meinung nach sollten Sie es mit der Sprengung versuchen.«
    Darauf quetschten sie mich etwa eine Stunde lang aus, aber wenn man die Rolle des Wünschelrutengängers spielt, werden Fragen und Antworten zu einer Art Zauberritual. Tatsache war jedenfalls, daß noch niemand je eine Bombe von solcher Sprengwirkung in solcher Tiefe zur Explosion gebracht hatte, und bis das geschehen war, wußte niemand, was passieren würde.
    Ich beobachtete ihre Vorbereitungen mit großem Interesse. Die Bombe mit ihrer Implosionsverkleidung war speziell für diese Aufgabe geschaffen worden – oder umgebaut, sollte man vielleicht besser sagen – sehr lang, fast sieben Meter, sehr schlank. Sie wurde scharf gemacht, nachdem sie sich im Bohrturm befand, und dann zogen sich der Aufsichtsrat, die Ingenieure, Techniker, Journalisten, Max und ich zu dem Schutzbunker und den Kontrollstationen zurück, die man etwa zwei Kilometer vom Schacht entfernt gebaut hatte. Wir waren durch Kabelfernsehen mit dem Loch in Verbindung, und wenn auch niemand damit rechnete, daß die Explosion mehr als einen leichten Erdstoß dicht unter der Oberfläche bewirken würde, hatte die

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