Titan 22
Dollar springen zu lassen, um unsere Hypothese zu erproben – vorausgesetzt…«
»Vorausgesetzt was?«
»Daß Ihre Expertenmeinung mit der unseren übereinstimmt. Mit anderen Worten, wir haben unsere Karten auf Sie gesetzt. Sie sehen sich die Stelle an und sagen uns, ob wir weitermachen sollen – dann machen wir weiter. Und wenn Sie sagen, daß alles Mist ist – nun, dann falten wir unsere Zelte zusammen wie die Araber und stehlen uns still und leise weg.«
»Bloß weil ich es sage?«
»Bloß weil Sie etwas von der Geschichte verstehen.«
»Max, bellen Sie da nicht den falschen Baum an? Ich bin ein ganz gewöhnlicher Geologieprofessor an einer unwichtigen staatlichen Universität im Westen, und es gibt wenigstens zwanzig Leute in meinem Fach, die mir noch etwas beibringen könnten…«
»Nicht nach unserer Meinung. Nicht, wenn es darum geht, wo das Zeug liegt. Wir wissen, wen es gibt, und kennen ihre Ergebnisse. Sie stellen Ihr Licht gern unter den Scheffel, aber wir wissen, was wir wollen. Also keinen Widerspruch! Entweder sind wir uns einig oder nicht. Nun?«
»Wie, zum Teufel, kann ich Ihnen antworten, wenn ich nicht einmal weiß, wovon Sie reden?«
»Also gut – ich will es Ihnen erklären, kurz und einfach. Das Öl war einmal dort, genau da, wo es sein sollte. Und dann kam es zu einer natürlichen Verwerfung – eine sehr tiefe Falte. Die Erde sprang, und das Öl floß hinunter, ganz tief hinunter, und jetzt sind riesige Ablagerungen davon an einer Stelle vergraben, wo kein Bohrer sie erreicht.«
»Wie tief?« »Wer weiß? Zwanzig-, dreißigtausend Meter.« »Das ist tief.« »Vielleicht noch tiefer. Wenn Sie sich eine solche Distanz unter der Erde vorstellen, dann ist das ein noch dunkleres Geheimnis als der Mars oder die Venus – aber das wissen Sie ja alles.«
»Das weiß ich alles.« Ich hatte ein schlechtes, unangenehmes Gefühl, und mein Gesicht mußte das gezeigt haben.
»Was ist denn?«
»Ich weiß nicht. Warum lassen Sie es nicht einfach, Max?«
»Warum?«
»Kommen Sie, Max – wir reden nicht vom Bohren nach Öl. Fünfzehn, zwanzig Meilen. Es gibt da eine Anlage am Pecos in Texas, und die haben gerade die achttausend Meter-Marke überschritten. Und das ist so ziemlich der Rekord. Oh, vielleicht noch tausend. Aber Sie reden da von Öl, das unter mehr als zwanzig Kilometern Erdkruste vergraben ist. Danach kann man nicht bohren; man kann nur hineingehen und…«
»Und was?«
»Es heraussprengen.«
»Natürlich – und machen Sie uns daraus einen Vorwurf? Was ist dagegen einzuwenden? Wir wissen – oder haben zumindest guten Grund zu der Annahme – daß es da eine Spalte gibt, die sich einmal geöffnet und dann wieder geschlossen hat. Das Öl sollte unter ungeheurem Druck stehen. Wir stecken eine Atombombe hinein – eine größere Bombe, als wir bisher je eingesetzt haben – und sprengen die Spalte wieder auf. Allmächtiger Gott, das sollte die höchste Ölfontäne geben, die die Welt je gesehen hat.«
»Sie haben das Loch doch schon gebohrt, nicht wahr, Max?«
»Stimmt.«
»Wie tief?«
»Siebentausend Meter.«
»Und Sie haben die Bombe?«
Max nickte. »Wir haben die Bombe. Wir arbeiten jetzt seit fünf Jahren an dieser Geschichte, und vor sieben Monaten haben die Jungs in Washington die Bombe freigegeben. Sie liegt dort draußen in Arizona und wartet.«
»Worauf?«
»Daß Sie sich alles anschauen und uns sagen, daß wir weitermachen sollen.«
»Warum? Wir haben genug Öl…«
»Den Teufel haben wir! Sie wissen verdammt genau, warum – und bilden Sie sich etwa ein, daß wir das jetzt nach all dem Geld und der Zeit, die wir investiert haben, verfallen lassen können?«
»Sie haben doch gesagt, Sie würden es fallen lassen, wenn ich es empfehle.«
»Als Geologe in unseren Diensten. Und ich kenne Sie gut genug, um zu wissen, was das hinsichtlich Ihrer beruflichen Fähigkeiten und Ihres Stolzes bedeutet.«
Ich blieb die halbe Nacht auf und redete mit Martha darüber, versuchte, es in eine Art moralische Position einzufügen. Aber mir fiel nichts anderes ein als die Tatsache, daß hier eine Atombombe weniger da sein würde, um Menschen zu ermorden und das Leben der Erde zu vernichten, und daß ich dagegen nicht argumentieren konnte. Einen Tag später war ich an der Bohrstelle in Arizona.
Der Platz war gut gewählt, in jeder Hinsicht der Traum eines jeden Ölmannes, und ich nehme an, daß man diese Tatsache schon seit wenigstens einem halben Jahrhundert zur Kenntnis
Weitere Kostenlose Bücher