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Titan-4

Titan-4

Titel: Titan-4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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Erklärung. »Ja, und dort, wenn man den Fluß überquert hat und dann noch den Hügel mit den Bäumen darauf, liegt auf der anderen Seite A 3/26-475. Es ist ein hellgrünes Haus mit einem weißen Dach.«
    »Wahrhaftig?« Dr. Sloane empfand aufrichtiges Erstaunen. Er hatte nicht gewußt, daß es grün war. Ein kleines Tier, eilig darauf bedacht, den Füßen, die sich näherten, zu entrinnen, bewegte das Gras. Richard schaute ihm nach, dann zuckte er die Achseln.
    »Man kann sie nicht fangen. Ich habe es schon versucht.«
    Ein Schmetterling flatterte vorüber, ein lebendes Fetzchen Gelb. Dr. Sloanes Blick folgte ihm. Über dem Land lag ein leises Summen, bisweilen übertönt von einem rauhen Ruf, einem Klappern, einem Zwitschern, einem Schnattern, das anschwoll, dann verklang. Sein Gehör stellte sich langsam darauf ein. Dr. Sloane vernahm tausenderlei Laute, und keine stammten von Menschen. Ein Schatten fiel auf die Umgebung, der sich näherte, sich auf sie senkte. Plötzlich war es kühler, und er blickte überrascht in die Höhe. »Nur eine Wolke«, sagte Richard. »Sie wird gleich vorbei sein. Schauen Sie hier, diese Blumen – das sind solche, die duften.«
    Sie befanden sich nun mehrere hundert Meter vom Haus der Hanshaws entfernt. Die Wolke zog weiter, und wieder schien die Sonne. Dr. Sloane sah sich um und erschrak infolge der Distanz, die sie zurückgelegt hatten. Falls sie außer Sichtweite des Hauses gerieten und Richard ihm davonlief, würde er dann allein den Rückweg finden? Ungeduldig verdrängte er den Gedanken und spähte hinüber zu dem Strich aus Wasser (inzwischen näher) und darüber hinaus, wo sein Haus stehen mußte. Hellgrün? dachte er verwundert. »Du bist ja ein richtiger Forscher«, sagte er.
    »Ich versuche jedesmal, wenn ich zur Schule gehe und zurück nach Hause«, sagte Richard mit schüchternem Stolz, »einen anderen Weg einzuschlagen, um noch mehr neue Dinge zu entdecken.«
    »Aber du gehst doch nicht jeden Morgen hinaus, oder? Manchmal, so kann ich mir vorstellen, benutzt du die T-Tür.«
    »Ja, klar.«
    »Warum einmal so und warum einmal anders, Richard?« Irgendwie hatte Dr. Sloane das Gefühl, daß die Antwort darauf von erheblicher Bedeutung sein könne.
    Doch Richard widerlegte ihn. Er hob die Brauen und zog ein erstauntes Gesicht. »Na, herrje, manchmal regnet es morgens, und dann muß ich die T-Tür benutzen. Ich mache es ungern, aber was bleibt mir anderes übrig? Vor ungefähr zwei Wochen bin ich mitten in einen Regenguß geraten…« – Unwillkürlich schaute er sich um, und die Lautstärke seiner Stimme sank zu einem Flüstern herab – »… und habe mich erkältet, aber zum Glück hat Mutter sich kein bißchen aufgeregt.«
    Dr. Sloane seufzte. »Kehren wir jetzt um?«
    Flüchtig glitt der Ausdruck von Enttäuschung über Richards Gesicht. »Ach, warum?«
    »Du hast mich daran erinnert, daß deine Mutter wohl auf uns wartet.«
    »Ja, vermutlich.« Widerwillig machte der Junge kehrt. Langsam wanderten sie zurück. »Ich habe in der Schule einen Aufsatz geschrieben«, erzählte Richard gesprächig, »über das Thema, welches alte Fortbewegungsmittel ich auswählen würde, wenn ich die Wahl hätte.« (Er sprach das komische Wort mit großer Sorgfalt aus.) »Ich habe ein Strato-Flugzeug ausgesucht, wegen der Sterne und Wolken und so. Mann, war ich blöd!«
    »Heute würdest du etwas anderes wählen?«
    »Aber klar. Ich würde ein Auto nehmen, so ein richtig langsames. Dann könnte ich unterwegs alles sehen.«
     
    Mrs. Hanshaw wirkte sorgenvoll und verunsichert. »Demnach halten Sie es nicht für anomal, Doktor?«
    »Vielleicht für ungewöhnlich, aber nicht anomal. Das Draußen gefällt ihm.«
    »Aber wir kann es das? Es ist schmutzig, widerlich.«
    »Das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Noch vor hundert Jahren verbrachte die Mehrzahl unserer Vorfahren den Tag im Freien. Selbst heute, so wage ich zu behaupten, gibt es eine Million Afrikaner, die noch nie von einer T-Tür gehört haben.«
    »Aber Richard ist immer gelehrt worden, sich wie ein anständiger Mensch zu benehmen, wie man es im Distrikt A 3 erwartet«, sagte Mrs. Hanshaw heftig, »und nicht wie ein Afrikaner oder… oder einer unserer Vorfahren.«
    »Eben das macht wohl einen Teil seines Unbehagens aus, Mrs. Hanshaw. Er empfindet den Drang, sich nach draußen zu begeben, und zugleich empfindet er ihn als falsch. Er schämt sich davor, mit Ihnen oder mit seiner Lehrerin darüber zu reden. Die Lage

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