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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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Postkasten außen vor dem Eingang zur Bibliothek, wahrscheinlich sind sie noch
dort.
    Jeden Morgen
ging die Sonne hinter uns auf in einem Himmel mit kreisförmigen Wolken,
breitete sich in langen, schmalen Streifen über den Horizont aus und hob sich
Stück für Stück über die Kimm, rot und orange und schattiert von orange bis
weiß, wenn die Sonne höher in den Himmel stieg. Es war eine wundervolle Ansicht
für jemand, der den Ozean noch nicht überquert hatte (oder vielleicht die
Küsten Englands noch nie außer Sicht hatte), auf dem höchsten Deck zu stehen
und auf die Wellen zu schauen, die vom Schiff fortstrebten in einem
ununterbrochenen Strom, bis sie die Kimm in der Unendlichkeit erreichten.
Dahinter zeigte weißer Schaum die Kielwelle an, wo die Propellerblätter
anscheinend die atlantischen »Roller« zerteilten. Mit ihnen auf gleicher Höhe
zogen zu beiden Seiten grüne, blaue und grünblaue Wellen, die die weiße Straße
hinwegzuwischen suchten, so als erstreckten sie sich über den Horizont hinaus
und reichten bis zu Irlands Küsten mit ihren Möwen, während sie in der
Morgensonne glitzerten und funkelten. Und jeden Abend sank die Sonne in die
See, einen gleichsam glitzernden Pfad weisend, eine goldene Spur auf die
Oberfläche des Meeres zeichnend, der unser Schiff unentwegt folgte, bis die
Sonne hinter den Horizont gesunken war, während der Pfad vor uns herlief,
schneller als wir ihm hinterhereilen konnten. Die Sonnenkugel glitt über die
Kante der Kimm – als wäre sie ein goldener Ball, dessen Goldanteil
verschwindet, so schnell, daß wir nicht folgen können.
    Von 12.00 Uhr
mittags am Donnerstag bis 12.00 Uhr mittags am Freitag liefen wir 386 Meilen,
Freitag bis Sonnabend 519, Sonnabend bis Sonntag 546 Meilen. Die Strecke am
zweiten Tag war, wie uns der Zahlmeister verriet, eine Enttäuschung, und wir
würden statt am Mittwoch morgen, wie wir angenommen hatten, erst Donnerstag
morgen anlegen. Wie auch immer, am Sonntag waren wir erfreut, daß ein längeres
Stück geschafft wurde, und es wurde angenommen, daß wir New York deswegen schon
Dienstag nacht erreichen könnten. Der Zahlmeister merkte an: »Sie treiben sie
nicht auf dieser Fahrt und erwarten keine schnelle Überfahrt. Ich glaube nicht,
daß wir mehr als 546 machen werden, es ist kein schlechtes Tagesergebnis für
die erste Reise.« Das war beim Mittagessen, und ich erinnerte mich an die Gespräche,
die sich um die Geschwindigkeit und die Bauart von Atlantik-Kreuzern als
Faktoren ihrer Komfortentwicklung drehten. All jene, die schon vielfach
übergesetzt hatten, waren einstimmig der Meinung, daß die Titanic das
komfortabelste Schiff war, auf dem sie je gewesen wären, und daß sie unsere
Geschwindigkeit der von schnelleren Schiffen vorzögen. Das gelte vom Standpunkt
der verminderten Vibrationen her ebenso, wie von der Art der schnelleren
Schiffe, wie sie die Wellen mit drehenden, korkenzieherartigen Bewegungen
durchbohrten, anstelle des direkten Auf- und Abschwingens der Titanic [kein
Wunder bei solch einem Wetter].
    Dann gewann
ich die Aufmerksamkeit unseres Tisches mit einer Bemerkung über die Schlagseite
der Titanic nach Backbord (ich hatte sie zuvor bemerkt), und wir alle,
die wir am Tisch des Zahlmeisters im Salon saßen, blickten aus den Bullaugen
zur Kimm. Die Tatsache war offenkundig, denn auf der Backbordseite war meist
das Wasser zu sehen, auf der Steuerbordseite meist der Himmel. Der Zahlmeister
merkte an, daß vielleicht mehr Kohle von der Steuerbordseite verbraucht worden
war. Es ist ohne Zweifel eine allgemeine Erscheinung, daß die Schiffe einige
Grad über liegen. Aber im Hinblick darauf, daß die Titanic auf der
Steuerbordseite aufgerissen wurde und als sie sank, so weit nach Backbord über
lag, daß eine ziemliche Kluft zwischen ihr und den ausgeschwungenen
Rettungsbooten auftrat, über die die Frauen gezogen wurden oder die auf
flachgelegten Stühlen überwunden werden mußte, dürfte diese vorhergehende
Schräglage nach Backbord von Interesse sein.
    Jetzt zu der
Bewegung der Titanic zurückkehrend: Es war interessant, auf dem
Bootsdeck zu stehen, wie ich es gelegentlich tat, auf der Steuerbordseite in
der Ecke zwischen den Rettungsbooten 13 und 15 (an die beiden Boote habe ich
guten Grund, mich immer zu erinnern; das erste brachte mich in Sicherheit zur Carpathia, und es scheint so, als wäre das andere jenes, das auf unsere Köpfe
herabkam, als wir in der Nummer 13 Sitzenden versuchten, vom

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