TITANIC-WORLD
gebissen, dass es schmerzte. Als er sein Glas an die Lippen führte und es in einem Zug leer trank, fiel sein Blick auf eine Schachtel Zigaretten, die Cecilia auf dem Tisch vergessen hatte. Er streckte die Hand danach aus und zündete sich eine an. Die Enttäuschung über den Ausgang des Abends stand jetzt deutlich in seinem Gesicht geschrieben. Zwar hatte er nicht direkt erwartet, dass Cecilia sofort in seine Arme sinken würde, aber er war sich doch relativ sicher gewesen, dass ihrer Bitte, sich mit ihm privat zu treffen, der Wunsch zugrunde lag, sie möchten sich wieder annähern. Ihr Verhältnis zueinander war nach dem letzten Streit – wenn man Cecilias finale Ablehnung seines Heiratsantrages so nennen wollte – sichtlich angeschlagen. Der tägliche Umgang miteinander beschränkte sich seit dem auf das Geschäftliche und in ihrer Verständigung gab es erstmalig einen frostigen Unterton. Diese veränderte Situation setzte Craig zu, aber Cecilia schien regelrecht darunter zu leiden. Wenigstens hatte er das gedacht und ihr Benehmen der letzten Woche darauf zurückgeführt. Doch der heutige Abend hatte ihn eines Besseren belehrt. Weder bereute sie ihr Verhalten, noch hatte sie ein versöhnliches Gespräch führen wollen. Plötzlich keimte in ihm der Verdacht auf, dass sie einzig und allein Inspektor Parker zu Liebe ihre Integrität aufs Spiel gesetzt hatte. Warum sonst sollte sie das Versagen der polizeilichen Ermittlungen mit diesem blödsinnigen Geisterspukzu erklären versuchen?
Während Craig die Flasche Champagner langsam leerte und noch eine Zigarette rauchte, versuchte er zu ergründen, warum Cecilia diesem Vollversager von einem Cop den Vorzug gab. Jonathan Parker war kein Mann, nach dem sich die Frauen umdrehten und mit weltlichen Gütern war er sicherlich auch nicht annähernd so reich gesegnet, wie er selbst! Was, zum Teufel, gefiel ihr so an ihm? Die Vorstellung, dass sich zwischen seiner Cissy und diesem Bullen eine private Beziehung anbahnen könnte, fachte Craigs Eifersucht unermesslich an. Er musste sich abreagieren! Kurzentschlossen griff er zum Handy und befahl Babette, zu ihm zu kommen. Als er angetrunken in die Küche taumelte, um eine weitere Flasche Champagner zu öffen, kam ihm ein beunruhigender Gedanke. Wäre es möglich, dass, wenn er anders auf Cecilia eingegangen wäre, sie heute Abend bei ihm geblieben wäre?
Samstag, 28. April 2012 bis Sonntag, 06. Mai 2012
Schon drei Wochen nach der Eröffnung, war die TITANIC-WORLD gerade an den Wochenenden ein überaus beliebtes Ausflugsziel geworden. Die Karten im Vorverkauf waren bereits auf Monate hinaus ausgebucht. Da die 500 extra Tickets an der Tageskasse bei weitem nicht mehr ausreichten, dem Ansturm gerecht zu werden, hatte Craig verfügt, deren Anzahl insbesondere an den Wochenenden auf 1.200 zu erhöhen.
Als Cecilia am Samstagmorgen gegen zehn ihr Büro verließ, um auf dem Personaldeck ein bisschen frische Luft zu schnappen, staunte sie über die riesigen Menschenmassen, die sich langsam über die Decks der Erlebniswelt schoben. Überrascht warf sie einen Blick auf die Gangways und stellte fest, das auch hier der Andrang größer schien, als sonst. Wie es aussah, hatten die Schlagzeilen, über die sich Craig so bitter beklagte, keine abschreckende Wirkung; eher das Gegenteil schien der Fall zu sein. Wahrscheinlich hoffen alle, einem waschechten Gespenst zu begegnen, dachte sie mit einem Anflug von Ironie und stieß die Tür zum Personaldeck auf. Es war leer und Cecilias Züge entspannten sich sichtlich. Ihr stand nicht der Sinn nach einer Unterhaltung. Noch weniger wollte sie allerdings, dass ihre Angestellten ihr fragende Blicke zuwarfen. Der gestrige Abend hatte sie am Boden zerstört zurück gelassen und Cecilia wusste, dass das Dilemma, in dem sie sich nun befand, deutlich von ihrem Gesicht abzulesen war. Craigs Verhalten hatte sie nicht nur tief verletzt, sondern obendrein erneut die Frage aufgeworfen, ob sie in Zukunft überhaupt noch in der Lage waren, miteinander zu arbeiten. Ihr Umgangston hatte sich schon vor der gestrigen Aueinandersetzung merklich abgekühlt. Trotzdem war es ihnen bislang gelungen, zumindest auf geschäftlicher Ebene, weitestgehend normal miteinander zu kommunizieren. Sie konnte nicht verleugnen, dass es sie jedes Mal traf, wenn ihr auffiel, das die Vertraulichkeit – die die Jahre ihrer Zusammenarbeit geprägt hatte – verschwunden war. Bis gestern Abend hatte sie jedoch gehofft, dass sich im Laufe der
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