TITANIC-WORLD
innerlich laut auf. Es würde gewiss eine neuerliche Schimpfkanonade auslösen und für den heutigen Tag reichte es ihr entschieden. Freundlich, aber bestimmt erklärte sie, dass es im Moment nichts weiter zu besprechen gäbe. Sie würde Madame selbstverständlich auf dem Laufenden halten und notierte sich Hotel- und Heimatadresse. Dann, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, berichtete Cecilia, dass Monsieur Leroc seine Gattin im Hotel erwarte. Sie bestellte ein Taxi und geleitete eine immer noch äußerst verstimmte Madame Leroc zum Ausgang.
Als sie jetzt wieder in ihrem Büro saß und versuchte den Sachverhalt für sich zu analysieren, klopfte es und Steve Masterson trat ein. Betreten sagte er: „Es tut mirLeid, dass ich Sie mit dieser Furie allein gelassen habe, Cecilia. Aber, wenn die noch ein Wort gegen meine Mannschaft gesagt hätte, dann hätte ich der eigenhändig den Hals umgedreht. Was für eine Pestbeule!“
„Ja, das war sie wirklich.“ Cecilia sah Steve kopfschüttelnd an und fragte nach einer kurzen Pause: „Steve, was ist wirklich passiert? Ich meine, hier kann doch keiner als Steward verkleidet herein spaziert kommen und sich so einen fiesen Scherz erlauben. Wir haben doch Sicherheitsvorschriften – gerade für die Mannschaft. Ich verstehe das nicht.“
Der Chefsteward nickte; er wusste genau was seine Chefin meinte. Der Personaleingang der TITANIC-WORLD glich einem Hochsicherheitstrakt. Neben der üblichen Chipkarte musste zusätzlich eine ID-Nummer eingegeben werden, die es überhaupt erst ermöglichte, die gespeicherten Daten zu lesen. Stimmten Nummer und Daten überein, entschied ein Zufallsgenerator, welche Hand zur weiteren Identifizierung gescannt wurde. Danach öffnete sich die Türe und man betrat einen Wachraum, in dem zwei Sicherheitsleute saßen. Dort musste man auf dem sogenannten Digi-board seine Unterschrift leisten. Erst wenn alles überprüft und in Ordnung befunden war, durfte man endlich den Personalbereich der TITANICWORLD betreten. Alle diesbezüglichen Vorschriften waren Teil des gesamten Sicherheitskonzepts und dienten dazu, die Erlebniswelt, ihre Angestellten und die Besucher zu schützen.
„Sehen Sie, Cecilia. Diese Frage habe ich mir auch gestellt“, antwortete Steve aus seinen Gedanken heraus und fuhr stirnrunzelnd fort: „Nach menschlichem Ermessen ist es eigentlich unmöglich, sich unbefugt Zutritt zu verschaffen. Folglich muss es jemand sein, der hier arbeitet. Also, bin ich in die Sicherheitszentrale gegangen und hab‘ die Jungs von der Security gebeten, mir die Überwachungs-CD vom Veranda Café zu zeigen. Bei dem ganzen Theater, dass die alte Giftspritze hier aufgeführt hat, hab‘ ich das vorhin doch glatt vergessen.“
„Machen Sie sich nichts daraus, Steve“, unterbrach Cecilia ihn. „Ich hab‘auch nicht daran gedacht. Ich hab‘ mir sogar eine Personenbeschreibung geben lassen – klingt recht überflüssig, nicht wahr?“ Doch Steve schüttelte den Kopf und sah Cecilia so betreten an, dass sie gleich das Schlimmste befürchtete. „Jetzt sagen Sie nicht, die Kameras waren defekt oder ausgeschaltet!?“
Wieder schüttelte er den Kopf. „Nee, die Kameras liefen einwandfrei. – Aber es ist nichts darauf zu erkennen.“
„Was?!“
„Naja, man sieht eben nichts.“ Er zog die CD aus seiner Uniformtasche und reichte sie ihr. Zwei Minuten später starrten beide gespannt auf den Monitor von Cecilias Laptop. Die ersten Bilder zeigten das gut gefüllte Veranda Café aus der Vogelperspektive. Menschen saßen plaudernd an den Tischen, während einige Stewards und zwei Stewardessen den Tee servierten. Cecilia sah, dass die Lerocs allein an einem kleinen Tisch im hinteren Teil des Cafés saßen. Madame Leroc wandte der Kamera den Rücken zu. Doch an der Art ihrer Bewegung konnte Cecilia deutlich erkennen, dass sie lamentierte. Monsieur Leroc schien in Gedanken versunken zu sein, denn erreagierte in keinster Weise auf die unbeherrschten Gesten seiner Frau. Eine Stewardess ging an dem Tisch des Ehepaares vorüber. Für den Bruchteil einer Sekunde schien das Bild verschwommen; als es wieder klar war, sahen Cecilia und Steve deutlich, wie Monsieur Leroc – immer noch geistesabwesend – den Tee einschenkte. Als Madame trank und gleich darauf den Tee ihrem Mann ins Gesicht spuckte, schaltete Cecilia die CD aus. Eine Weile starrte sie auf den Bildschirm, der jetzt nur das Logo der TITANIC-WORLD zeigte. Nachdenklich sah sie Steve dann an und fragte:
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