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Titanus

Titanus

Titel: Titanus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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die Klauen mittels Gammastrahlen mit ihm verschmelzen.
    Gegen diese Art ferngelenkten Lotsendienstes war kein Kraut gewachsen!
    Während Nasarow aufschnellte, um die Vorgänge auf dem Bildschirm deutlicher zu sehen, nickte Chi zufrieden vor sich hin und lockerte den Griff seiner Hände.
    Sie hatten ihn! Da nützte kein Strampeln mehr… Mal sehen, wer da herausgeschält wurde. Mußten unverzeihlich naive Zeitgenossen sein, daß sie glaubten, kommen und gehen zu können, wie es ihnen behagte – ohne die Grundregeln des Raumrechts zu beachten.
    Er beauftragte den Sicherheitsdienst, die unangemeldeten Gäste auf der Landeplattform zu empfangen, und schaltete das Befehlsgerät zum wachhabenden Offizier zurück.
    »Kommen Sie nach Ihrem Dienst bitte zu mir!« sagte er abschließend und unterbrach die telefonische Verbindung.
    Nasarow beneidete den Chinesen um seine Ruhe, um diese Ausgeglichenheit, die ihn befähigte, mitten in den Ereignissen zu stehen und doch so viel Distanz zu wahren, daß er von ihnen nicht überwältigt wurde. Er bewunderte ihn. Wie viele Rückschläge würde er erleiden müssen, wie alt mußte er werden, ehe ihm das gelang?
    »Sie sehen mich so fragend an…«, sagte Chi.
    Als hätte man ihn auf verbotenen Wegen ertappt, schlug Nasarow den Blick nieder.
    »Ich möchte so sein wie Sie!« sagte er schlicht. »Gelassen, beherrscht bis ins Innerste, ohne Widersprüche…«
    Der Chinese winkte entsetzt ab.
    »Sie sind doch noch kein alter Mann! Wein muß gären, wie sollte er sonst all das auswerfen, was seinem edlen Bukett nicht entspricht? Glauben Sie, ich war immer ein alter Mann? Ich hätte nie gezweifelt, nie geliebt, nie mit mir selbst gerungen? Gut, ich bin abgeklärt – bei dem Alter eigentlich selbstverständlich! Ein schöner Wein, der am Ende nicht doch klar wird.«
    »Schon…«, erwiderte Nasarow, »alles richtig – aber Leiter einer Expedition? Man muß Abstand gewinnen können, wenn man wirklich an das Wesen der Erscheinungen herankommen will. Mir gelingt’s nicht ganz, vielleicht bin ich deshalb inmitten des Betriebes einsam…«
    Er erschrak über das Wort. Unsinn! Und doch…
    »Einsam«, wiederholte der Chinese sinnend. »Sie? Ich würde mit diesem Begriff vorsichtiger umgehen. Entspringt diese Stimmung vielleicht einer Art Lampenfieber?«
    »Möglich… Ich weiß nicht recht«, murmelte Nasarow unsicher. »Ich leide nicht an Minderwertigkeitskomplexen, Chi, verstehen Sie mich bitte nicht falsch, aber es liegt so unsagbar viel Vertrauen in dieser Wahl, Fehler lassen sich in einem solchen Fall nicht so schnell berichtigen… Und Menschen mit verschiedener Auffassung, die nur das Abenteuer sehen… War es nicht ein Fehler, Lazzarri zuzulassen, wird es nicht ein neuer sein, sich auf Jansen zu verlassen? Zehn Jahre auf engstem Raum beschränkt – wird es mir gelingen, sie alle unter einen Hut zu bringen?«
    Chi, seinen Arm auf die Armlehne seines Sessels gestützt und das Kinn in die offene Hand gelegt, strich sich mit den Fingerspitzen über die lederne Wange und nickte verständnisvoll.
    »Ich bereue meinen Entschluß nicht!« sagte Nasarow schnell. »Aber ich war gewohnt, jeden Auftrag vorher abzuschätzen und mir darüber klarzuwerden, ob ich ihm gewachsen bin. Aber hier – zehn Jahre! Wie werden die Abenteurer reagieren, wenn sie enttäuscht werden? Wer bewußt sein Ich der gemeinsamen Sache unterordnet, hat einen bleibenden Halt, aber wen egoistische Motive treiben, der wird haltlos, wenn er enttäuscht wird!«
    »Ich fürchte, Sie sehen die Dinge zu einseitig«, erwiderte Chi bedächtig. »Sie vergessen, daß der Kampf den Menschen formt. Seit je waren Menschen verschieden, hatten unterschiedliche Anlagen und Voraussetzungen, und sie fanden doch zusammen – und was haben sie gemeinsam geschafft! Man hat Vertrauen zu Ihnen, Genosse Nasarow, haben Sie Vertrauen zu Ihren Mitarbeitern. Erst die Vielzahl der Einzelwesen schafft doch das Mosaik der Gemeinschaft, begründet ihre Fruchtbarkeit. Glauben Sie nicht, daß man Abenteuerdrang mit einer solchen Aufgabe verquicken kann, daß auch ein Erlebnishungriger sich in die Gemeinschaft einzufügen vermag?«
    »Allerdings…«
    »Im Mittelpunkt steht der Mensch, das sagen wir seit Jahrzehnten. Weshalb verkürzen wir die Arbeitszeit? Damit der Mensch mehr Zeit für sich selbst findet, für seine eigenen Interessen, damit er seine schöpferischen Fähigkeiten entwickeln kann. Sie kommen doch der Gemeinschaft zugute! Die Gemeinschaft

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