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TITLE

Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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wie ich ihn allein gelesen habe. Auf alle Fälle ist das Herz Ihres Onkels ein edles und großmütiges.«
    Charles ging wieder in das Schlafzimmer und ich blieb abermals allein im Salon. Allein? O nein, Sir Williams Brief hatte das Zimmer mit einer ganzen Welt unbekannter Phantome bevölkert. Noch einmal schienen das Schicksal, der Zufall, das Verhängnis, die Vorsehung über mich verfügen zu wollen, ohne meinem freien Willen und meinen eigenen Wünschen Spielraum zu lassen. Ich konnte mir die Kraft und Wahrheit der von Sir William Hamilton dargelegten Gründe in bezug auf meine Vermählung mit seinem Neffen nicht verhehlen. Alle diese Gedanken waren auch in mir mehr als einmal erwacht, und je näher ich dem von meinem Ehrgeiz geschaffenen Ziele gekommen, destoweniger hatte ich es in der Wirklichkeit wünschenswert gefunden.
    Der Horizont dagegen, welchen Sir William mir geöffnet, strahlte in dem ganzen Feuer jener südlichen Sonne, welche ich bis jetzt bloß in den Strophen Tassos und Ariostos gesehen. Meine verderbliche Einbildungskraft, welche stets bereit war, mich in die grenzenlosen Regionen der Phantasie zu locken, entrollte hier ihre blendendsten Gebilde. Jene Krone einer Salonkönigin, welche ich durch Sir Johns Abreise, Sir Harrys Untreue und Lord Greenvilles Ruin verloren, mußte ich vollständiger und in größerem Umfange durch die Stellung wiedererobern, welche Sir William Hamilton in der Welt der Diplomatie einnahm.Wenn ein Gesandter auch nicht selbst König ist, so ist er doch der Vertreter des Königtums und der anspruchsvollste weibliche Ehrgeiz kann sich mit dem Titel einer Gesandtin begnügen. Allerdings war ich, wenn ich Sir William Hamilton folgte, nicht Gesandtin, sondern bloß die Adoptivtochter eines Gesandten, und dies war ein großer Unterschied, da die Langweile und die Laune eines alten Mannes, wenn sie meiner überdrüssig ward, jeden Augenblick die Adoptivtochter, deren Stellung durch nichts verbürgt ward, auf den Standpunkt einer Emma Lyonna und selbst einer Miß Heart wieder herabsinken lassen konnte. Sir William hätte deshalb nicht beabsichtigen sollen, mich zu seiner Adoptivtochter, sondern zu seiner Gattin zu machen. Bei diesem Gedanken zuckte eine blendende Flamme an meinen Augen vorüber. Warum aber war diese Flamme so blendend? War Lord Greenville nicht von vornehmerer Herkunft als Sir William Hamilton? Stammte er nicht von den Warwicks, oder war er nicht wenigstens mit jener berühmten Familie Warwick verwandt, welche ihren Ursprung von jenem bekannten Grafen Richard Nevill herleitete, den man den Königmacher nannte?
    Sir William stammte bloß aus einer guten schottischen Familie, dies war alles. Wenn daher ein Greenville, das heißt Warwick, es nicht verschmäht hatte, mir sein Wort zu geben, warum sollte dann Sir Hamilton, der allerdings reich war und eine hohe Stellung einnahm, der aber in bezug auf aristokratische Abkunft und Jugend nicht dieselben Verlockungen zu bieten hatte, wie sein Neffe, warum, frage ich, sollte Sir William zögern, eine Person, welche nur ein Wort zu sprechen brauchte, um Lady Greenville zu werden, zur Lady Hamilton zu machen? War ich wohl auf meinem bergaufführendem Wege stehen geblieben? Oder, wenn ich auch gefallen war, hatte dann mein sozusagen von der Vorsehung gefügter Sturz mich nicht immer wieder in höhere Regionen zurückgeführt, als die waren, aus welchen ich herabgestiegen?
    War es jetzt, wo ich schon beinahe Lady Greenville war, schwerer Lady Hamilton zu werden, als es für Romneys Maitresse gewesen, Lady Greenville zu werden? Eines oder das andere mußte ich werden; dies war bei mir fest beschlossen.

29. Kapitel.
    Diese Betrachtungen hatten mich über eine Stunde lang ausschließlich beschäftigt. Der Stundenschlag der Uhr rüttelte mich aus meinem Hinbrüten auf. Ich hob die Augen empor und suchte Sir Charles.
    Er hatte vollauf Zeit gehabt, den Brief seines Onkels zu lesen. Warum war er nicht schon wieder zu mir gekommen, um mit mir darüber zu sprechen?
    Ich erhob mich, um zu ihm zu gehen, da er nicht zu mir kam. Ich trat in das Schlafzimmer, es war leer. Ich öffnete das Ankleidekabinett; dasselbe war ebenso leer wie das Schlafzimmer.
    War Charles ausgegangen? Dies war wohl möglich, denn eine Lauftreppe führte aus dem Schlafzimmer in den Hausflur hinab. Ich sah mich ringsum und suchte etwas zu entdecken, was mir den Schlüssel zu diesem Rätsel gäbe.
    Auf Charles Bureau lag Sir William Hamiltons geöffneter Brief. Neben

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