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gewesen. Man spricht von drei Herzoginnen, die vor Eifersucht krank geworden seien; andere haben, als sie gesehen, wie der König Sie auf Ihren Platz geleitet und wie dann der Prinz von Wales mit Ihnen geplaudert, sich vor Wut in die Finger gebissen und sind auf dem besten Wege, völlig überzuschnappen. Ich habe soeben das Porträt der Lady Craven skizziert, einer Engländerin von altem Schrot und Korn, welche sich kürzlich von Lord Craven nach vierzehnjähriger Ehe hat scheiden lassen. Sie ist mit auf dem Hofball gewesen und hat herzlich über die Gesichter gelacht, welche man Ihnen gezogen. Ich sagte ihr, daß ich Sie bei mir anzutreffen hoffte, und sie entgegnete mir ganz einfach: Machen Sie ihr meine Komplimente und sagen Sie ihr, sie sei das schönste Geschöpf, welches ich jemals gesehen.«
Ich ergriff Romneys Hand und drückte sie ihm mit aller Kraft. Es drängte mich, ihm um den Hals zu fallen. Er hatte mir bis in die feinsten Äderchen das göttliche Gefühl der befriedigten Rache eingeflößt.
Am nächstfolgenden Tage erstatteten alle Journale ihre Berichte über den Hofball. Einige schonten mich nicht, aber was kam weiter darauf an? Mein Prozeß der Königin von Neapel gegenüber war gewonnen.Am siebenten Tage war mein Porträt fertig, da es aber infolge der orientalischen Zutaten, womit Romney mich umgeben, mehr ein Gemälde geworden, als ein Porträt geblieben war, so bat Sir William, entzückt von dem Talent, womit es ausgeführt wurden, den Maler, die Gefälligkeit noch weiter zu treiben und sich nochmals an die Arbeit zu setzen, um ein zweites Porträt zu fertigen, welches ebenso einfach wäre, als das erste kompliziert war. Romney verlangte nichts Besseres. Er behauptete, es mache ihm so viel Vergnügen, mein Bild zu malen, daß er nie ein anderes Modell begehren möchte. An demselben Tage, wo er das erste Porträt beendete, begann er das zweite. Dieses war von wahrhaft griechischer Einfachheit. Ich war mit bloßem Kopf, von vorn gesehen, das Haupt ein wenig gegen die rechte Schulter geneigt. Mein langes aufgelöstes Haar wallte auf meine Brust herab, die durch eine Tunika von Musselin halb verschleiert war. Ein Mantel von rotem Kaschemir war über meine Schultern geworfen. Mein einziger Schmuck war ein goldener Gürtel, nach arabischer Manier ziseliert, der zugleich eine Kamee umschloß, welche Sir William Hamilton vorstellte.
Dieses zweite Porträt, welches meiner Meinung nach noch schöner war als das erste, ward in fünf Tagen beendet, es ist dies dasselbe, welches Sir William dem Lord Nelson schenkte. Dieser ließ es in seiner Kajüte auf dem »Donnerer« aufhängen. Nach seinem Tode ward es mir zurückgegeben und es bildet in der elenden Hütte, wo ich diese Memoiren schreibe, noch heute das Seitenstück zu dem seinigen. In den Tagen meiner Armut hat man mir bis zu zwölftausend Franks für diese beiden Porträts geboten, aber ich habe mich niemals entschließen können, mich davon zu trennen. Sie sollen die Aussteuer meiner Horatia sein.
Während unseres Verweilens in London gab Sir William einige Soiréen, zu welchen die ganze Gentry der Hauptstadt eingeladen ward. Einige Frauen, welche es für angemessen erachtet hatten, die Spröden zu spielen, weil sie sich auf der andern Seite der Vierzig befanden, glaubten, diese Gesellschaften nicht mit ihrer Gegenwart beehren zu sollen, von den jungen und schönen Frauen der Aristokratie aber blieb auch nicht eine einzige weg. Sir William verlangte, daß ich in diesen Soiréen einige Charakterszenen vorführte. In der einen sprach ich demgemäß Julias Monolog, in einer andern spielte und sang ich die Nina. An diesem Abende entwickelte sich ein förmlicher Enthusiasmus, und ganzbesonders Romney war wie von Sinnen. Am nächstfolgenden Tage schrieb er an einen seiner Freunde: »In meinem letzten Briefe glaube ich Dir gemeldet zu haben, daß ich bei Sir William und dessen Gemahlin dinieren würde. Am Abende versammelten sich mehrere Personen unserer ersten Gesellschaft, um Lady Hamilton singen zu hören. Im ernsten wie im komischen Fache weckte sie durch ihre Anmut, wie durch ihr Talent die Bewunderung aller, ihre Nina aber übertraf alles, was man sehen kann, und ich glaube in bezug auf das Feuer, welches sie in diese Rolle zu legen weiß, kommt keine andere Darstellerin ihr gleich. Die ganze Gesellschaft lauschte ihr mit atemloser Spannung, so einfach, so groß, so erschütternd und ergreifend ist ihr Spiel. Meine beiden Porträts wurden mit der
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