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Künstler keine Eifersucht an den Tag legte. Wir verabredeten, denselben den nächstfolgenden Morgen in seinem Atelier in Cavendish Square zu überraschen. Ich war der Courtoisie Romneys zu sicher, als daß ich nötig gehabt hätte, ihn durch einen Brief aufzufordern, in mir nur Lady Hamilton zu sehen, ja im sichern Besitz der Gewalt, welche ich über Sir William ausübte, machte ich mir ein Fest aus der Überraschung, welche mein unerwartetes Erscheinen dem berühmten Maler bereiten würde.
Da Sir William mein Porträt im Kostüm einer Odaliske zu besitzen wünschte, so legte ich meine prachtvolle türkische Kleidung an und wir stiegen in den geschlossenen Wagen, der uns nach Cavendish Square brachte, wohin wir von Sir Williams Hotel nur eine kurze Strecke zurückzulegen hatten. Ich kannte das Haus und es hatte, wie ich nicht anders sagen kann, einige meiner guten Erinnerungen bewahrt. Ohne Romney jemals in der eigentlichen Bedeutung des Wortes geliebt zu haben, war ich ihm doch sehr zugetan gewesen, und sein Andenken taucht in meinem Geistenie auf, ohne von dem Lächeln meiner Lippen begleitet zu sein. Er hatte immer noch denselben Kammerdiener. Dieser erkannte mich. Ich gab ihm einen Wink und deutete mit dem Auge auf meinen Gatten, der mir folgte.
Er bewies mir, daß er mich verstanden, indem er mich fragte, ob er Sir William oder Lady Hamilton anmelden sollte. Ich antwortete verneinend, indem ich erklärte, wir stünden im Begriff, seinem Herrn einen Freundschaftsbesuch, aber keine Staatsvisite zu machen und daß wir uns deshalb selbst anmelden würden. Der Diener trat auf die Seite und ließ uns passieren.
Wir traten in Romneys Hotel. Sämtliche vier Weltteile waren in Kontribution gesetzt worden, um diesen prachtvollen Tempel der Kunst zu schmücken, Trophäen vereinigten die schönsten Waffen wilder und zivilisierter Völker, die Pfeile des Indianers von Florida und die Kandschars Asiens, die Tigerfelle Bengaliens, die Löwenhäupter des Atlas, die Felle des sibirischen Bären und des persischen Panthers lagen über die Möbel gebreitet und bedeckten den Fußboden oder die Wände, deren obere Felder mit den wunderbaren Skizzen des Meisters, den wir zu besuchen kamen, geschmückt waren.
Kurz, es gab in diesem umfangreichen Raum keine Stelle, wo das Auge ruhen konnte, ohne auf einen Gegenstand zu fallen, der in materieller oder künstlerischer Beziehung von hohem Werte war. Romney war eben im Begriff, die letzte Hand an eine Erigone zu legen, welche sich mit einem Tiger auf einem Blumenteppich wälzte. Die Erigone hatte eine entfernte Ähnlichkeit mit einer gewissen Emma Lyonna, eine Ähnlichkeit, welche bewies, daß diese Emma Lyonna noch nicht vollständig aus der Erinnerung des Malers entschwunden war.
Bei dem Geräusch der Tür drehte er sich nicht herum. Ohne Zweifel glaubte er, es sei bloß sein Diener, der etwas zu ordnen oder aufzuräumen habe. Ich berührte ihn mit der Hand an der Schulter. Nun drehte er sich um, erkannte mich, stieß einen Schrei aus, stand, als er meinen Gemahl erblickte, auf, verneigte sich vor mir und sagte: »Noch schöner als früher. Ich hätte es nicht für möglich gehalten.« Dann wendete er sich zu Sir William und fuhr fort: »Empfangen Sie meine Komplimente, Mylord, und sagen Sie mir schnell, ob ich das Glück haben kann, Ihnen einen Dienst zu leisten.«
Und mit wunderbarer Courtoisie, gerade als ob er mich zumerstenmal sähe, führte er uns in seinem Atelier herum. Sir William sagte ihm, was er wünschte, – ein Porträt von mir in dem Kostüm, welches ich eben trug. Romney machte hocherfreut sofort eine große Leinwand zurecht und skizzierte seine ganze Komposition.
Wir verabredeten, daß ich alle Tage wiederkäme, um zu sitzen, und Romney versprach nach Ablauf von acht Tagen mit dem Porträt fertig zu sein. Am nächstfolgenden Tage führte Sir William mich ebenfalls nach Cavendish Square. Da er aber mehrere Geschäfte zu besorgen hatte, so ließ er mich bloß absteigen, setzte sich dann wieder in den Wagen und versprach mich in zwei Stunden abzuholen. Während dieser zwei Stunden war Romney so diskret, kein Wort zu sagen und keine Anspielung zu machen, welche an unser früheres vertrautes Verhältnis hätte erinnern können.
Er sprach mit mir von Rom und Neapel, hörte ganz besonders mich darüber sprechen und versprach uns dort einen Besuch zu machen.
Ich gestehe, daß ich mich durch eine solche Delikatesse fast verletzt fühlte. Ich begriff dieselbe, aber sie
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