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TITLE

Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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der Gotteslästerung erst bestraft werden mußte, ehe man gegen die Verbrechen der Majestätsbeleidigung vorschreiten konnte. Gleich nach der Abreise des Admirals Latouche-Tréville hatten die Festnehmungen begonnen. So waren einige der Gefangenen jetzt fast vier Jahre in Haft. Es handelte sich um rund fünfzig Angeklagte. Der Fiskalprokuratur,Basilio Palmieri, hatte bei Eröffnung des Prozesses gesagt, daß er Beweise gegen zwanzigtausend Menschen hätte. Inzwischen hatte er beschlossen, dreißig der Angeklagten zum Tode zu verurteilen, das heißt nach vorheriger Anwendung der Tortur. Das Tribunal aber begnügte sich damit, drei zur Todesstrafe, drei zu den Galeeren und dreizehn zu leichteren Strafen zu verurteilen. Die übrigen wurden freigesprochen. Das Haupt der Verschwörung war ein gewisser Pietro di Falco. Er legte Bekenntnisse ab und offenbarte den Plan der Verschworenen, aber ohne, daß diese Bekenntnisse jemals öffentlich abgelegt wurden. Man schickte den Ankläger auf die Insel Tremiti, ohne daß man ihn je seinen Mitschuldigen gegenübergestellt hatte. Die Wahl der Richter hinsichtlich der Todesstrafe war seltsam. Man hätte meinen sollen, sie wollten ein Opfer bringen, welches dem bleichen Gott angenehm wäre. Die drei Verurteilten waren drei junge Leute, fast drei Kinder, welche der aristokratischen Klasse angehörten, dem Alter nach noch Schüler, unbekannt mit der Welt, in die einzutreten sie noch nicht Zeit gehabt, und nur durch ihre Triumphe im Kolleg bei ihren Mitschülern bekannt. Das Alter aller drei zusammen machte nicht das Alter eines Greises aus. Der Älteste hieß Vicenzo Vitagliano und war zweiundzwanzig Jahre alt; der zweite hieß Emanuele de Deo und war zwanzig Jahre alt, und der dritte hieß Vicenzo Gagliani und war neunzehn Jahre alt. Durch die ganze Stadt tönte ein Wehruf, als man die verhängnisvolle Wahl der Junta und zugleich erfuhr, daß diese Wahl auf drei junge Männer gefallen war, die ›weiter kein Verbrechen begangen hatten,‹ als daß sie Dinge gesagt, über die es besser gewesen wäre zu schweigen, und daß sie dem Beifall gespendet, was erst einer Untersuchung bedurft hätte.« Das große Verbrechen, das sie begangen, bestand darin, daß sie sich das Haar hatten kurz schneiden lassen und zuerst die aus Frankreich durch den Schauspieler Talma bei Gelegenheit der ersten Aufführung des »Titus«, wie ich erzählt, aufgebrachte Mode angenommen hatten.
    Ich muß gestehen, daß, als man mir diese Nachricht mitteilte, als man mir das Alter der Verurteilten nannte, als man mir sagte, wer sie waren und als man mir erklärte, daß sie unmöglich eine ernstliche Verschwörung beabsichtigt hätten, ich von tiefem Mitleid für diese drei Bäumchen ergriffen ward, die mit der Wurzel ausgerissen werden sollten, ohne daß sie Zeit gehabt, Früchte zu tragen.
    Ich eilte zur Königin. Sie empfing mich mit strengem Gesichte und gerunzelter Stirn. »Willst du auch für sie bitten?« fragte sie. – »Und wenn ich es nun wollte, Madame, würden Sie sich weigern, mir Gehör zu schenken?« – »Ja, denn ich habe mir fest vorgenommen, der Gerechtigkeit freien Lauf zu lassen und deine Bitte würde nur eine nutzlose Mühe sein.« – »O Madame,« sagte ich, indem ich die Hände faltete, »so jung und so ungefährlich!« – »Allerdings gehören sie nicht zu denen, die Tarquinius dem Boten seines Sohnes bezeichnete, denn es waren die höchsten Mohnköpfe des Gartens, die er mit seinem Stabe abschlug.« – »O Madame, Sie geben das also selbst zu.« – »Siehst du, es gibt Augenblicke, in denen ich mich frage, ob die elenden Richter jene drei Kinder aus Dummheit oder aus Verrat gewählt haben; ich muß dir aber gestehen, daß ich für den Verrat bin.« – Ich sah die Königin erstaunt an. – »Du verstehst mich wohl nicht? Wenn ich jene begnadige, so bin ich verpflichtet, auch alle zu begnadigen, denn alle werden sich für so unschuldig wie jene halten, oder wenigstens sagen, sie wären es. Wenn ich sie hinrichten lasse, so wird man über solche Grausamkeit, solchen Kannibalismus ein lautes Geschrei erheben, alle Väter werden mich hassen, alle Mütter werden mir fluchen und wo eine Mutter ist, die einen zwanzigjährigen Sohn hat, wird sie diesen Sohn an ihr Herz drücken und sagen: ›Gott bewahre dich vor der fremden Königin, der Österreicherin!‹ wie man meine Schwester genannt hat.« – »O Madame, Sie sehen wohl, daß Sie zögern!« rief ich aus, »und wenn Sie zögern, so liegt

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