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genießen. Er antwortete mir jedoch mit derselben Höflichkeit, aber auch mit derselben Kälte, daß seine Schwester schon seit drei Tagen so unpäßlich sei, daß sie das Zimmer nicht verlassen dürfe, und daß sie daher, zu ihrem großen Bedauern, meiner Einladung nicht Folge leisten könnte. Die erste Entschuldigung hatte ich ruhig und lächelnd hingenommen, bei der zweiten abschlägigen Antwort aber konnte ich mich einer ungeduldigen Bewegung nicht enthalten. Die Königin bemerkte es und näherte sich uns. »Der Fürst Caracciolo,« sagte sie, »ist ein zu fein gebildeter Edelmann, als daß er dir eine unhöfliche Antwort hätte geben können, liebe Emma, und dennoch scheint es, deinem Gesicht nach zu urteilen, als ob du dich über ihn beklagen müßtest.« Anstatt sich zu beeilen eine Antwort zu geben und sich zu rechtfertigen, ließ der Admiral mir Zeit, das Wort zu ergreifen. »Nein, Madame,« erwiderte ich, »nicht über den Admiral, sondern über mein Verhängnis muß ich mich beklagen.« – »Du weißt, liebe Emma, daß ich die Rätsel nicht liebe, daher erkläre dich!« sagte die Königin in dem Tone, der bei ihr stets den Beginn eines Sturmes andeutete. – »Gewiß, Madame, das Verhängnis will, daß wir des Vergnügens beraubt werden, Seine Exzellenz zu empfangen, da das jetzt so herrliche Wetter diese Nacht stürmisch zu werden droht. Und ein nicht minder grausames Geschick hat es gewollt, daß die Schwester des Herren Admirals noch an demselben Tage, wo sie unsere Einladung erhalten, von einer so ernsten Unpäßlichkeit befallen worden ist, daß sie das Zimmer hüten muß, wodurch die reizende Cäcilia genötigt worden ist, als gute Tochter bei ihrer Mutter zu bleiben. So kommt es denn, daß durch dieses doppelte Verhängnis die Festlichkeiten, die man dem einen Admiral zu Ehren gibt, und zwar einem Admiral, welcher die Franzosen besiegt hat, vorübergehen werden, ohne daß wir zu seiner Ehre nur eine einzige Person aus der Familie des berühmten Admirals Caracciolo bei uns sehen können, und ohne daß der Herr Admiral selbst im Namen der neapolitanischen Marine einen Toast auf die englische Marine ausbringen kann.«
Die Königin ward sehr bleich und runzelte die Stirn. »Nehmen Sie sich in acht, mein Herr Admiral!« sagte sie, »diejenigen, welche gute oder schlechte Entschuldigungen gefunden haben, um nicht den Festen beiwohnen zu müssen, welche die Gemahlin desenglischen Gesandten gibt, werden auch nicht zu den Festen eingeladen werden, welche die Königin von Neapel geben wird.« – »Madame,« sagte Caracciolo, ohne sich zu rühren, »die Krankheit meiner armen Schwester ist mit solcher Heftigkeit aufgetreten, daß ich, selbst wenn diese Festlichkeiten einen Monat dauern sollten, daran zweifle, daß meine Schwester selbst in einem Monat soweit wieder hergestellt sein würde, um an diesen Festen teilnehmen zu können.« Jetzt ward der König ungeduldig, weil er nicht wußte, was der Gegenstand dieser langen Unterredung mit seinem Admiral war, und Nelson, welcher sah, daß ich rot vor Scham und die Königin bleich vor Zorn war, kam unruhig auf uns zu. Die Königin, welche Nelson jede Erklärung, die ihn hätte verwunden können, ersparen und mich jeder Demütigung, die mich in seinen Augen hätte herabsetzen können, entziehen wollte, zog mich schnell mit fort, indem sie sagte: »Komm, Emma, komm! Die Gesundheit der Schwester des Fürsten liegt uns so am Herzen, daß wir uns jeden Tag nach ihrem Befinden erkundigen lassen, bis wir wissen, daß es ihr besser geht.« – »Das ist eine Aufmerksamkeit, welche meine Schwester um so höher schätzen wird,« erwiderte der Fürst, »da sie in dem Umstand, daß sie nicht weiß, womit sie dieselbe verdient hat, eine ganz besondere Gunst Euer Majestät sehen wird.« – Der Admiral sprach diese letzten Worte mit so ehrfurchtsvoller Höflichkeit, daß die Königin, die nicht leicht das letzte Wort von einem Gegner, mochte dieser sein wer er wollte, annahm, keine Antwort darauf fand und sich entfernte, indem sie mich mit fortzog. Ich gestehe, daß ich ihr mit Tränen in den Augen und mit durchbohrtem Herzen folgte. Wie jene römischen Triumphatoren inmitten ihres Triumphes die Stimme des Sklaven hören mußten, der ihnen zurief, daß sie sterblich wären, rief auch mir inmitten meines Triumphes eine Stimme zu: »Favoritin der Königin! Gemahlin des englischen Gesandten! Mylady Hamilton! Denke an das Apollobett und das Trottoir von Haymarket!« Man wartete
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