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begonnenen Besuche ab, dann aber setzten wir denselben fort. Wenn man die Kugellöcher zählte, welche sich in dem »Vanguard« befanden, so fragte man sich, wie es möglich gewesen, daß das Schiff nicht gesunken und die ganze Mannschaft vom ersten bis zum letzten Mann getötet worden war.
Es war ein Uhr. Um nach Neapel zurückzukehren, brauchte man wenigstens zwei und eine halbe Stunde, und dann mußten wir auch das Te Deum anhören. Sir William, der ein Diner bestellt hatte, welches eines Apicius würdig gewesen wäre, fürchtete für dasselbe und sagte dem Könige, daß man, wenn man noch länger auf dem »Vanguard« verweile, Gefahr liefe, entweder alles kalt oder verbrannt essen zu müssen. Der König Ferdinand war für dergleichen Bemerkungen sehr empfänglich. Er sprach daher mit der Königin und diese lud Nelson ein, mit an Bord der Hauptbarke zu kommen. Jetzt war der Admiral Caracciolo an der Reihe, die Honneurs auf der Barke zu machen. Er stellte sich unten an die Treppe des »Vanguard« und empfing zuerst den König, die Königin und mich, dann den Kronprinzen und seine Schwester, vor der man mir fast immer mit oder ohne Absicht den Vortritt ließ, dann die Minister, die Gesandten, die hohen Offiziere, kurz alle, die mit der Hauptbarke gekommen waren, und dann Nelson. Die Begrüßung der beiden Admiräle war auf beiden Seiten kurz und kalt. Überdies sprach Caracciolo auch nicht englisch, ebensowenig wie Nelson italienisch. Er sagte seinem Kollegen ein Kompliment in bezug auf die Schlacht am Nil und da Nelson nicht antworten konnte, so lächelte und grüßte er nur. Man steuerte auf Neapel zu. Caracciolo begab sich wieder auf seine Quartierbank. Die Königin ließ Nelson zwischen sich und mir Platz nehmen.Kaum hatte man von den Kastellen aus gesehen, daß die Flottille sich vom »Vanguard« trennte und wieder den Weg nach Neapel einschlug, so fingen auch die Kanonen wieder zu donnern und die Glocken zu läuten an. In dem Augenblicke, wo Nelson den Fuß auf die Galeere setzte, hatte die Musik auf ein Zeichen das prächtige Lied: »God save the King« angestimmt, welches Ludwig der Vierzehnte zu Ehren Jakobs des Zweiten, der als Verbannter in Saint-Germain lebte, von Lully hatte komponieren lassen. Nelson, der einfache Sohn eines Pfarrers von Burnham-Thorpe, der nie an den Hof gekommen und höchstwahrscheinlich nie mit einem König, einer Königin, ja nicht einmal mit einem Fürsten gesprochen hatte, war berauscht, ja beinahe wahnsinnig. Meine Augen, die ihm das Interesse, welches ich für ihn empfand, nicht verbargen, brachten ihn vollends um die Besinnung. Diese Rückkehr nach Neapel schien eine Auferstehung der antiken Gebräuche, die zu der Zeit herrschten, als Miltiades oder Themistokles als Sieger in Athen einzogen. Noch mehr aber war dies der Fall, als man sich dem Ufer näherte, als Nelson den Molo, die Kais, die Plattformen der Türme, die Terrassen der Häuser mit Menschen bedeckt sah, als er die Beifallsrufe, die Vivats, die Hurras der Menge hörte, als die Artillerie die Salven und die Glocken ihr fröhliches Geläute verdoppelten, kurz, als ganz Neapel, diese zu allen Zeiten so geräuschvolle Stadt, die verschiedenartigen Geräusche, welche stets bei besonderen Gelegenheiten der Ausdruck der Freude oder des Zornes von fünfhunderttausend Einwohnern sind, verdrei-, vervier-, ja verfünffachte.
Noch sehr von seiner letzten Wunde angegriffen, erblaßte er mehrere Male sichtlich und schien nahe daran, ohnmächtig zu werden.
Ehe ich die Barke verließ, lud ich, auf die Bitte der Königin, den Admiral Caracciolo ein, mit an dem Feste teilzunehmen, welches seinem Kollegen, dem englischen Admiral Nelson, zu Ehren gegeben werden sollte. Mochte uns nun aber der neapolitanische Fürst für zu schlechte Gesellschaft für sich halten, oder mochte seine Entschuldigung eine wirklich begründete sein, kurz, er erwiderte mir mit großer Höflichkeit, daß er, da die Nacht stürmisch zu werden drohte, und der Hafen von nur mäßiger Sicherheit wäre, das Ankern der englischen Schiffe, die, da sie schon im Kampfe sehr gelitten, vielleicht einem Sturme nicht mehr würden widerstehen können, selbst überwachen wolle. Mochte diese Entschuldigung nun gut oder schlecht sein, ich nahm sie an; da aber seine Schwester undseine Nichte Cäcilia zu dem Ball eingeladen waren, welcher auf das Diner folgen sollte, so sagte ich Caracciolo, daß ich wenigstens hoffte, das Vergnügen der Gesellschaft der beiden Damen zu
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