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Ehre stritten, ihn auf die Jagd zu begleiten oder eine Partie Reversi mit ihm zu machen.
Ein solcher Vorschlag verdiente in Erwägung gezogen zu werden, obschon er im ersten Augenblicke alle Gemüter in große Unruhe versetzte. Ruffo aber, welcher mit allen Mitgliedern seiner Familie in lebhaftem Briefwechsel stand, und fünf oder sechs Boten nach Calabrien abgefertigt hatte, bewies klar, daß diese Provinz nur auf ihn wartete, um sich sofort zu erheben. Der König gab daher noch in dieser Sitzung seine Zustimmung zu dem Projekt des Kardinals, und in der sehr richtigen Voraussetzung, daß mit der Ausführung desselben keine Zeit zu verlieren sei, versprach er, daß der Kardinal binnen drei Tagen sein Bestallungsdekret als Generalvikar ausgefertigt erhalten sollte. Ruffo bat, da der Staatsrat einmal versammelt sei, dieses Dokument sofort abzufassen; der König erklärte jedoch, daß er dies selbst besorgen werde.
Wenn Ferdinand so sprach, so wußte man, was es bedeutete. Die Sache war seinem geheimen Kabinett, das heißt der Königin, dem General Acton und Sir William Hamilton vorbehalten.Erfüllt von Stolz und Freude, kehrte der König in seine Gemächer zurück. Sein Freund, der Kardinal, den die Königin so verachtete, dieser Mann der Kirche, den man nicht einmal würdig erachtete, ihm den Posten eines Bureauchefs im Kriegs- oder Marineministerium anzuvertrauen, hatte etwas vorgeschlagen, was eigentlich Sache des Kronprinzen war, und wovon dieser gleichwohl nicht die mindeste Idee hatte. Er ließ die Königin, Sir William, Lord Nelson und den General Acton zusammenrufen und teilte ihnen Ruffos Vorschlug mit. Alle waren der Meinung, daß man diesen Vorschlag annehmen müsse. Nur die Königin sprach weder Zustimmung noch Mißbilligung aus, sondern begnügte sich zu schweigen. Man kam überein, Ruffo den nächstfolgenden Morgen in den Palast zu rufen und in seiner Gegenwart und seinen eigenen Ratschlägen gemäß, die Urkunde aufzusetzen, durch welche ihm der Titel eines Generalvikars verliehen werden sollte. Noch denselben Abend ließ der Admiral Francesco Caracciolo um die Gunst bitten, von dem König empfangen zu werden. Ferdinand, welcher fühlte, daß er gegen Caracciolo unrecht gehandelt und welchem demzufolge die Gegenwart des Admirals unerträglich gewesen wäre, ließ antworten, daß er mit einer sehr dringenden Angelegenheit beschäftigt sei, und deshalb den Admiral bitten ließe, ihm, wenn er etwas wünsche, es schriftlich mitzuteilen.
Caracciolo ließ eine Petition zurück, worin er um seine Enthebung von dem Posten eines Admirals der neapolitanischen Marine und um die Erlaubnis bat, nach Neapel zurückkehren zu dürfen. Der König, welcher im Gefühle seines Unrechts doppelt empfindlich war, benutzte die Gelegenheit, um sich des Admirals zu entledigen, und schrieb an den Rand des Entlassungsgesuchs: »Si accordi, ma sappia il cavaliere Carracciolo, che Napoli è in potere del nemico.«
(Wird bewilligt, der Kavalier Caracciolo muß aber wissen, daß Neapel in der Gewalt des Feindes ist.)
Caracciolo achtete weiter nicht auf die Ausdrücke, in welchen der Abschied bewilligt war. Er sah darin nur die Erlaubnis, Palermo zu verlassen, und schiffte mit einem Herzen von Wermut und Galle sich schon am nächstfolgenden Morgen ein. Im Augenblicke seiner Abreise war der engere Staatsrat im Palast versammelt und Ruffo empfing aus den Händen des Königs, außer einem Manifest an die Calabresen, die Urkunden, durch welche er zum Generalleutnant ernannt ward und Vollmacht erhielt, imNamen des Königs zu handeln. Dem Kardinal war mitgeteilt worden, daß man ihm, obschon der König fünfundsechzig bis siebzig Millionen von Neapel mit fortgenommen, an Geld nicht mehr geben könne als eine Summe von dreitausend Dukaten oder zwölftausend Franks, womit er alle Unkosten der Restauration bestreiten sollte. Er selbst sollte, sobald er einmal in Calabrien wäre, ein Mittel ausfindig machen, um freiwillige oder erzwungene Kontributionen zu erheben, oder sich auf sonst beliebige Weise zu helfen.
Ehe er jedoch noch Abschied vom König genommen, glaubte man eine Goldmine gefunden zu haben. Der Fürst Luzzi meldete nämlich dem Prälaten im Namen des Königs, daß der Marquis Don Francesco Taccone, Oberschatzmeister des Königreiches Neapel, in Messina angekommen sei und über fünfhunderttausend Dukaten, das heißt über zwei Millionen Franks, mitgebracht habe, die er in Neapel gegen Banknoten umgewechselt habe. Da nun dieses
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