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TITLE

Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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Geschäfte auf der Admiralität zu besorgen hatte.
    Ich fand, daß meine Zofe mit den von mir aufgetragenen Einkäufen wieder da war. Ich hatte ihr befohlen, gleich eine Näherin mitzubringen und diese war ebenfalls schon da. Ich entsann mich des Schnittes, welchen Opheliens Gewand gehabt, ganz genau. Das, was ich nicht graziös genug daran fand, verbesserte ich, und mit jener bewunderungswürdigen Geschicklichkeit, ich will nicht sagen mich anzukleiden, wohl aber mich zu kostümieren, welche ich von jeher besessen, schnitt ich meine Tunika selbst zu und versprach zwei Pfund Sterling zwischen der Arbeiterin und meiner Zofe zu teilen, wenn das Gewand bis um neun Uhr abends fertig oder wenigstens geheftet wäre.
    Beide machten, von der Aussicht auf Belohnung angespornt, sich sofort an die Arbeit. Was mich anging, so traf ich unter meinen Feldblumen eine geeignete Auswahl, und ließ sie in Wasser einweichen, damit sie sich bis zum Abend frisch erhielten. Um sechs Uhr kam Sir John nach Hause zurück. Er war in sehr heiterer Laune. Er hatte um einen zweimonatlichen Urlaub nachgesucht, der ihm auch bewilligt worden, und seine Absicht war, diese zwei Monate ausschließlich mir zu widmen. Ohne Sir John in dem absoluten Sinne zu lieben, welchen man dem Wort Liebe beilegt, empfand ich für ihn doch innige dankbare Anhänglichkeit, nicht wegen des Luxus, womit er mich umgeben, sondern wegen seiner Freundlichkeit gegen mich, denn mein aristokratischer Stolz ward durch die Formen, in welche Sir John seine Wohltaten kleidete, mehr gerührt, als durch die Wohltaten selbst.
    Sir John hatte mich um die Erlaubnis gebeten, erst den nächstfolgenden Tag auf den »Theseus« zurückzukehren und wie man sich leicht denken kann, hatte ich diese Erlaubnis gewährt. Ich sagte ihm sogar, daß ich, um ihn für seinen übertriebenen Ehrgeiz zu belohnen oder zu bestrafen, je nachdem er die Sache nehmen wollte, eine Überraschung bereiten würde. Um neun Uhr bat ich deshalb Sir John um die Erlaubnis, mich auf einige Augenblicke in mein Zimmer zu begeben. Er fragte mich lachend, ob dieses Verschwinden mit der in Aussicht gestellten Überraschungzusammenhinge, doch gab ich hierauf keine bestimmte Antwort. Mein Gewand war fertig.
    Ich löste mein langes Haar auf und wand mir einen jener Kränze, wie ich deren als Kind so viele gewunden, um sie sodann aufzusetzen und mich damit in der Quelle zu betrachten. Ich legte mein langes Gewand an, welches einen Teil meiner Brust und meine Arme unverhüllt ließ, raffte alle meine Erinnerungen zusammen, gesellte meine eigenen Inspirationen dazu und öffnete dann die Tür des Salons. Zum erstenmal wollte ich den Eindruck beurteilen, welchen meine Schönheit, von dem doppelten Zauber der Mimik und der Poesie unterstützt, auf die Menschen ausüben könne. Allerdings war der Mann, der in diesem Augenblick für mich die gesamte Männerwelt repräsentierte, sehr zu meinen Gunsten eingenommen, so daß ich seine Meinung nicht als allgemeines Gesetz betrachten konnte. Dennoch aber wagte ich nicht, vor ihn zu treten, ohne vorher noch einen langen und letzten Blick in den verhängnisvollen Goldrahmenspiegel geworfen zu haben. Das Kompliment, was dieser mir machte, war so vollständig, daß ich nicht mehr zweifelte, sondern keck eintrat.
    Sir John stand an den Kamin gelehnt und hielt das Gesicht nach der Tür gewendet. Bei meinem Erscheinen stieß er einen Ruf der Überraschung und Bewunderung aus. Gleich mein erstes Auftreten war von Erfolg begleitet.
    Es war dies, wie man leicht begreift, eine große Ermutigung. Ich begann sofort den halb heiteren, halb schwermütigen Gesang, welcher die Wahnsinnsszene eröffnet:
    »Wie erkenn' ich dein Treulieb
Vor den andern nun?
An dem Muschelhut und Stab
Und den Sandelschuh'n.«
    Sir John streckte die Arme nach mir aus; ich tat aber, als wenn ich ihn nicht sähe, und starr vor mich hinblickend fuhr ich fort:
    »Er ist lange tot und hin,
Tot und hin, Fräulein!
Ihm zu Häupten ein Rasen grün,
Ihm zu Fuß ein Stein.«
    Sir John klatschte Beifall. Ich erhob jenen langgezogenen, klagenden Ruf, den ich von der Künstlerin gehört, welche dieRolle der Ophelia spielte, und mit schluchzender Stimme fuhr ich fort:
    »Sein Leichenhemd weiß wie Schnee zu seh'n,
Geziert mit Blumensegen,
Das unbetränt zum Grab' mußt' geh'n
Von Liebesregen.«
    Sir John kam einen Schritt auf mich zu. Nun erst schien ich ihn zu erblicken, und ich sprach die Worte, welche Ophelia an den König richtet.
    »Gottes

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