TITLE
dem Luxus, dem eleganten Leben zu entsagen, wenn ich wieder in mein kleines Haus zu Nutley zurückkehrte, so brauchte ich mich wegen der Zukunft nicht zu ängstigen, denn meine Existenz war dann gesichert. Wollte ich dagegen die betretene Bahn, nämlich die der Abenteuer, der Laune und des Zufalls, weiter verfolgen, so mußte ich die Möbel und das Haus behalten, neue Liebesverhältnisse anknüpfen und es auf das weitere ankommen lassen. Leider drängte mein Charakter mich nur allzusehr zu diesem letzteren Entschlusse, und Amy, welche mir gegenüber die Rolle spielte, welche vor sechstausend Jahren die Schlange der armen, leichtsinnigen Eva gegenüber gespielt, ermutigte mich, diesen Entschluß zu fassen.Man errät, daß es dieser war, für den ich mich entschied.
Gott, der ein Gott des Erbarmens und nicht ein Gott der Rache ist, verlangt, hoffe ich, nicht, daß ich in allen seinen Einzelheiten das Jahr erzähle, welches zunächst verfloß und welches das neunzehnte meines Lebens war.
Alle Phasen jener beklagenswerten Existenz eines weiblichen Wesens, welches von seiner Schönheit lebt, wurden durchgemacht, alle Schmerzen derselben erschöpft, alle Schmach bis auf den letzten Tropfen getrunken.
Wenn ich alle diese Einzelheiten verschweige, so geschieht dies nicht, weil ich sie vergessen hätte. Ich unterlasse diese Erzählung bloß, weil die Kraft mir fehlt, denselben Weg in der Erinnerung noch einmal zu durchwandeln. Ich werde daher bloß sagen, daß gerade ein Jahr nach meiner Rückkehr in das kleine Haus von Piccadilly ich dasselbe, nachdem ich meine Möbel, meine Schmucksachen, meine Spitzen verkauft, weit ärmer verließ, als ich das Schloß von Up-Park verlassen, denn ich besaß von allen Trümmern meines ehemaligen Glanzes weiter nichts mehr, als das seidene Kleid, welches ich auf dem Leibe trug. Wie war ich auf eine so tiefe Stufe des Mangels und des Elends herabgesunken, daß selbst Amy, diese erste und hartnäckige Ursache meines Ruins, mich verlassen hatte? Nur das Verhängnis, welches mich von der Stufenleiter der Menschheit herabstürzen wollte, um mich sämtliche Sprossen derselben von neuem erklettern zu lassen, könnte dies sagen.
Jeder einzelne Umstand jenes furchtbaren Tages ist meiner Erinnerung gegenwärtig.
Es war Freitags am 26. Oktober 1782, elf Uhr vormittags, an einem jener kalten, nebeligen Tage, wie es deren nur in London gibt, als ich das kleine Haus in Piccadilly verließ. Mein Frühstück hatte in einem Stück Brot und einem Glas Wasser bestanden und ich wußte nicht gewiß, ob ich wieder ein Stück Brot zu meinem Mittagsmahle haben würde. Ich ging Piccadilly hinauf bis Old Bondstreet, ohne zu wissen, wohin ich ging, ohne mir ein Ziel gesteckt zu haben. Ich ging immer geradeaus wie ein Blinder, indem ich an die mir Begegnenden anstieß und gegen andere Hindernisse anrannte. Es dauerte nicht lange, so sah ich mich in Oxford Street. Nur der Zufall hatte mich hierhergeführt. Hier orientierte ich mich. Ich befand mich Miß Arabellas Hotel beinahe gegenüber. Ich blieb einen Augenblick stehen. Währenddieses Augenblickes kam ein Wagen aus dem Hofe heraus und fuhr bis an den Fuß des Perrons. Eine in eine kostbare, mit Spitzen besetzte Atlasmantille gehüllte Dame stieg in Begleitung eines eleganten Kavaliers ein. Der Wagen schloß sich wieder und fuhr, mich mit Kot bespritzend, vorüber. Diese Dame war Miß Arabella. Was den Kavalier betraf, der wahrscheinlich ein neuer Bewunderer war, so kannte ich denselben nicht. Der Wagen verschwand in Highstreet.
Warum blieb diese Person, die wahrscheinlich auch nicht von besserer Herkunft war als ich, die sicherlich nicht schöner war als ich, reich und glücklich, während ich, nachdem ich ebenso reich und ebenso glücklich gewesen wie sie, jetzt arm, und elend sie an mir vorüberfahren und mich mit Kot bespritzen sah?
Dies schien mir eine unerklärliche Grausamkeit des Schicksals zu sein.
Vielleicht eine halbe Stunde blieb ich unbeweglich an derselben Stelle stehen und wäre ohne Zweifel noch länger stehen geblieben, ohne zu wissen, warum ich nicht weiterging, wenn sich nicht allmählich eine Menschenmenge um mich gesammelt und ein Polizeier, sich hindurchdrängend, mich gefragt hatte, was ich gleich einer Bildsäule stumm und mit den Füßen im Kote stehen bliebe?
Ich antwortete, ich hätte eine Dame von meiner Bekanntschaft in ihrem Wagen aus dem Hause Nr. 23 herauskommen gesehen und erwartete nun ihre Rückkunft, um mit ihr zu
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