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TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht

TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht

Titel: TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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musste erst seine Brille wieder aufsetzen, die er zum Polieren abgenommen hatte.
    Diesmal war Klößchen schneller. "Das ist er. Glasklar! So wahr ich einen ausgezeichneten Zeugen abgeben würde. 300 Mark hat der Kerl der versoffenen Magdalena abgenommen. Toll, was!"
    "Euch kennt er. Wendet euch ab!"
    Karl und Klößchen begannen, sich für die Enten zu interessieren.
    Körner achtete allerdings nicht auf seine Umgebung. Er zwängte sich hinter seinen Wagen und öffnete die Heckklappe.
    Tim sah: Der Stauraum zwischen Rücksitzen und Heck war abgedeckt mit einer Plane, die wie ein Rollo funktionierte, allerdings waagerecht, und auf beiden Seiten in Schienen lief.
    Körner bückte sich, fummelte unter der Plane herum, rückte was Schweres zurecht und war dann zufrieden.
    Die Kiste! dachte Tim. Die Kiste mit dem Sprengstoff!
    Körner stieg in den Kombi.
    Tim konnte für einen Moment durch die geöffnete Fahrertür hineinsehen und stellte fest, dass mindestens ein dickes Kissen auf dem Sitz lag. Das Hilfsmittel diente sicherlich nicht dem Komfort, sondern zur erhöhten Sitzposition, damit Körner übers Lenkrad gucken konnte. Er begann zu manövrieren. Fünfmal musste er vor und zurück, um sich aus der Lücke zu befreien.
    "Ich verfolge ihn", sagte Tim. "Kommt nach, sofern ihr das Tempo halten könnt. Notfalls steigt um in ein Taxi. Ich wette, der hat was vor."
    "Der hängt dich doch ab", meinte Gaby.
    "Auf Autobahn oder freier Landstraße hätte ich keine Chance. Aber solange er durch die City düst, muss er von Ampel zu Ampel. Und dann der Stau! Und die Blinden am Steuer, die Gehirnamputierten, die Aggressiven und die Schleicher unter 20 Sachen! Das ist easy für mich. Nicht umsonst ist der Fahrradkurier heutzutage der schnellste Typ in der City."
    Und so war es dann auch.
    Als Jumbo Körner mit seinem Rost-Kombi abfuhr, hängte sich der TKKG-Häuptling in die Auspuffschwaden.
    Stopp an der Einmündung zum Torweg. Weiter! Stopp an der Ampel Kreuzdamer Straße, Ecke Brüggeler- Flachweg. Weiter! Halt beim Linksabbiegen in die Heinrichshaller. Weiter!
    Die Verfolgung war ein Kinderspiel.
    Tim musste Acht geben, dass er nicht auf den RostKombi auffuhr oder von Körner bemerkt wurde. Also ließ sich der TKKG-Häuptling zurückfallen und stellte mit einem Blick über die Schulter fest: Auch seine Freunde folgten dem Wild wie die gierige Meute.
    Körner fuhr durch die Innenstadt, hielt sich nordwärts, gelangte auf Ausfallstraßen, wo er rascher vorankam, und drehte auf.
    Als der Kombi im Eidesstoller Gewerbebezirk verschwand, war Tim abgehängt, hatte jedenfalls 500
    Meter Rückstand und musste spurten wie irre. Aufholjagd. Dann sah er den Wagen wieder.
    Eine lange, öde Straße zwischen Fabrikmauern. Schlaglöcher und Stille. Krächzen der Dohlen, die hier ungestört waren. Windstöße über die Gelände stillgelegter Firmen.
    Tim wusste, wo er war. Hier herrschte überwiegend tote Hose. Hier waren kleine und mittlere Betriebe einem Konjunkturknick oder Absatztal zum Opfer gefallen. Hier qualmten die Schornsteine nicht mehr, und die ehemals Beschäftigten verlängerten nun die Warteschlangen der Arbeitslosen vor den Ämtern.
    Zwei Straßen westlich - da wurde noch produziert. Aber hier war alles ruhig.
    Tim spähte nach vorn. Der Kombi bog nach rechts und ward nicht mehr gesehen.
    Tim strampelte schneller. Als er die Einmündung erreichte, tat sich rechts eine noch schmälere Straße auf, ebenfalls eingeschnürt von Mauern und Zäunen aus Maschendraht. Fabriken, Filialen, Klitschen reihten sich aneinander. Handwerksbetriebe, die aufgegeben hatten, Firmen, deren Markt übersättigt war.
    Zwei Wege bogen ab. Beinahe wäre Tim auch an dem zweiten vorbeigeflitzt. Aber dort, unauffällig an einer kopfhohen Mauer, parkte der Kombi. Kein Insasse. Körner war nicht zu sehen.
    Tim hielt und spähte umher. In einer geöffneten Einfahrt stand eine Katze und beobachtete ihn. Ihr Fell war struppig und graubraun geströmt. Sie war mager, und Tim hätte sie gern gefüttert. Doch als er zum zweiten Mal hinsah, war sie verschwunden.
    Er horchte nach allen Seiten, schob sein Bike zu dem Wagen und äugte hinein.
    Die Plane über dem Stauraum war aufgerollt, die
    Standfläche leer, die Fahrertür abgeschlossen.
    Der TKKG-Häuptling sah sich um. Wo war Körner? Es gab zig Möglichkeiten. Ein Dutzend Einfahrten und Torwege bot sich einladend an. Schräg gegenüber firmierte ein Hersteller von Werkzeugmaschinen, dort eine Knopf-Fabrik, dort die

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