Tochter der Hoffnung (German Edition)
wütend. Seit Tagen stürmt es in dieser Region. Einige Häuser müssen bereits abgerissen werden, da die Bewohner sie nicht mehr reparieren können.“ Nun trat Alaina neben Danil und richtete ebenfalls das Wort an den Wirt.
„Wie meint ihr das? Von welchem Ungeheuer sprecht ihr?“ Der Mann jedoch musterte sie erst ein paar Minuten, ehe er antwortete. Ihre Haltung erinnerte ihn stark an ein Mitglied der Königsfamilie, doch warum sollte sich ausgerechnet so eine Person in diesen abgelegenen Teil der Welt verirren?
„In diesem Teil des Meeres lebt ein Ungeheuer, dass über uns wacht. Bisher hat es noch keinem Seemann Schaden zugefügt. Doch seit einiger Zeit hört man es nachts rufen. Ich denke, es ruft nach jemandem. Nach einem bestimmten Lebewesen. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Ungeheuer für die Unwetter verantwortlich ist.“
„Habt dank, junger Mann.“ Die beiden Frauen nahmen ihre wenigen Habseligkeiten und stiegen die Treppe ins obere Stockwerk hinauf. Den Blick, den der Gastwirt auf Danil`s Rückseite warf, bemerkten sie nicht.
„Sei mir nicht böse Alaina, aber ich bin sehr müde. Ich denke, ich werde mich gleich hinlegen.“ Besorgt schaute die ältere Frau sie an.
„Geht es dir gut? Ist eine deiner Verletzungen wieder aufgegangen?“ Kopfschüttelnd erwiderte sie: „Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Ich bin einfach nur müde.“ Und so ging jede in ihr eigenes Zimmer. Erstaunt bemerkte Danil, dass ihr Zimmer sehr geräumig und zugleich sehr gemütlich war. Über dem Bett lag eine Tagesdecke aus einem wunderschön gewebten Stoff. An den Wänden hingen gemalte Gemälde mit Landschaftsmotiven. Ein weicher Teppich füllte die Mitte des Raumes aus. Danil wusste sofort, dass das Zimmer mit sehr viel Hingabe eingerichtet wurde. Nachdem sie ihre Sachen sorgfältig verstaut hatte, so, wie es ihre Art war, zog sie ihre Schuhe aus und legte sich auf das Bett. Eigentlich hatte sie nicht vor, einzuschlafen und doch fielen ihr schon nach kurzer Zeit die Augen zu.
Als sie wieder aufwachte, prasselte der Regen auf das Dach in einem stetigen Rhythmus und die Fensterläden klapperten im Wind. Im Zimmer war es so dunkel, dass sie ihre Hand vor Augen nicht mehr sehen konnte. Mehrere Kerzen standen auf einer Kommode in der Ecke. Mit einer Handbewegung ließ sie die Dochte in Flammen aufgehen. Insgeheim freute sie sich über ihre wenigen wiedergewonnenen Kräfte und doch wusste sie, dass diese nicht von Dauer sein würden. Als sie das Fenster nach oben schob, um die Fensterläden zu schließen, hörte sie es. Es war eine Melodie mit wunderschönen Tönen. Der Wind zerzauste ihr Haar und doch konnte sie sich nicht bewegen, so sehr rührten die Töne an ihr Herz. Danil wusste nicht, woher diese Melodie kam, doch irgendetwas daran schien sie magisch anzuziehen. Schnell streifte sie sich die Schuhe wieder über und nahm eine Decke, die sie sich um die Schultern warf. Sie würde bestimmt bis auf die Knochen nass werden und doch wollte sie unbedingt hinaus. Es war wie ein innerer Zwang. Leise schloss sie ihre Tür und ging auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Zum Glück war die Tür des Schankraumes nicht abgesperrt und so schlüpfte sie durch die schwere Tür nach draußen. Der Wind schlug ihr eisig ins Gesicht und auch die Regentropfen kamen ihr wie tausend kleine Nadelstiche vor. Wie von selbst führten ihre Beine sie in Richtung Strand. Benommen bemerkte sie, wie einzelne Sandkörner in ihre Schuhe eindrangen und an ihrer Haut rieben. Leicht fröstelnd zog sie die nun durchnässte Decke fester um die Schultern. Mit einer Hand strich sie sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht und schaute hinaus auf das Meer. Dort draußen bewegte sich etwas. Das Meer bewegte sich in einem stetigen Rhythmus und weit draußen störte etwas diesen Rhythmus. Die Melodie hörte nicht auf und so, als ob etwas sie anzog, ging Danil langsam ins Wasser, bis sie knietief im kalten Nass stand. Eine Hand, die sich von hinten um ihre Teile schlang und sie aus dem Wasser zog, holte sie aus ihrem tranceähnlichen Zustand wieder zurück. Mit klappernden Zähnen und vor Schreck geweiteten Augen drehte sie sich um. Der Mann, der ihnen die Zimmer vergeben hatte, stand vor ihr, mit vor Zorn blitzenden Augen und die Hände in die Hüften gestemmt. Doch ein Blick auf ihre zitternde Gestalt ließ ihn die Predigt, die er ihr halten wollte, noch eine kurze Zeit zurück halten. Mit einem Brummen hob er die junge Frau auf seine Arme und
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