Tochter der Träume / Roman
am Leben bleiben.
Noah und ich standen auf, doch als wir vor dem Portal standen, hielt mich mein Vater auf. »Geh schon einmal vor, Noah«, sagte er. »Es passiert nichts. Du bist sicher.«
Es war nur zu offensichtlich, dass mein Vater unter vier Augen mit mir sprechen wollte, was Noah klaglos hinnahm. Er warf nicht einmal einen Blick zurück, sondern verschwand einfach durch das Portal. Morpheus winkte mich zu sich, und ich trat dichter an ihn heran, nur für den Fall, dass Noah von der anderen Seite lauschte.
Warme, starke Hände legten sich auf meine Schultern. Ich hätte mich gern fallen lassen, mich an seine Brust gelehnt und wäre nur für einen kurzen Moment wieder sein kleines Mädchen gewesen. Aber ich gab nicht nach. »Dawn, ich weiß, dass du dir Sorgen um ihn machst.«
»Verdammt richtig.«
»Aber du darfst ihn nicht wieder herbringen, nicht in körperlicher Gestalt jedenfalls.«
»Wegen deiner Gesetze?« Mein Ton war wahrscheinlich so wütend wie das Gesicht, das ich zog.
»Tu einfach, was ich dir sage.« Es steckte offenbar mehr dahinter, als er mir sagte. Auch wenn der Nachdruck in seiner Stimme dies nicht verriet, sprach sein flehender Blick Bände.
»Gut.« In diesem Moment war mir klar, dass ich totalen Mist gebaut hatte – und das vor Zeugen –, was Morpheus nun irgendwie wieder zurechtbiegen musste. Wenn er es konnte.
Er küsste mich auf die Stirn. »Sei vorsichtig.«
Ich nickte und gab mich tapferer, als ich mich fühlte. Ich wollte ihn fragen, ob er nicht mitkommen wolle, aber das hätte unsere Pläne durchkreuzt.
»Solltest du in Schwierigkeiten geraten, dann ruf mich.«
Klar. Wenn Karatos mir nicht die Zunge rausschnitt.
Ich war fest entschlossen, es nicht so weit kommen zu lassen, was mich auch davor bewahrte, in Tränen auszubrechen, als ich durch den Spalt zwischen den Dimensionen zurück in Noahs Wohnung schlüpfte.
Wir sprachen kein Wort miteinander, bis ich mich anschickte zu gehen.
Als ich aus der Traumwelt in Noahs Wohnung zurückgekommen war, hatte er gerade unsere Kaffeebecher in den Geschirrspüler gestellt. Er sah mich nicht an, und das war in Ordnung. Er war wütend auf mich, und ich war wütend auf ihn und die ganze Welt. Und eigentlich war ich wütend darüber, dass ich wütend war. Ich suchte meine Sachen zusammen, was in fünf Minuten erledigt war, schnappte mir meinen Mantel, zog meine Schuhe an und ging zur Tür. Ich hatte nicht einmal vor, ihm auf Wiedersehen zu sagen, so gekränkt war ich. Ich würde es ihm zeigen, ich würde seinen Hintern retten oder bei dem Versuch sterben. Und dann täte es ihm leid, was er mir angetan hatte.
Aber eigentlich tat er mir gar nichts an, das wusste ich. Noah war lediglich ein Opfer wie ich. Sogar noch mehr als ich.
»Hey.« Seine Stimme durchbrach die Stille, als ich die Hand bereits am Türknauf hatte.
Ich sah auf, als er die Treppe heruntergeeilt kam. Ich sagte nichts, sondern hob nur fragend eine Braue und wartete ab.
Er seufzte und umfasste meine Arme. »Geh nicht.«
Jetzt zog ich beide Brauen fragend hoch. Damit hatte ich nicht gerechnet. »Ich denke wirklich, ich sollte gehen.« Von wollen konnte keine Rede sein. Viel lieber hätte ich mich in seinen Armen verkrochen und alles gegeben, damit die Welt uns in Ruhe ließ.
»Sieh mal, ich weiß, dass du böse auf mich bist«, sagte er. »Aber ich will nicht, dass du das hier im Alleingang machst.«
Ich entwand mich seinem Griff. »Das muss ich aber.«
Er legte die Stirn in Falten, doch er war nicht ärgerlich. »Du hast recht.« Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und zerstrubbelte sie noch mehr. Sein besorgter Blick tat mir gut. »Ich hasse das alles.«
»Ich auch.«
»Rufst du mich später an? Nur damit ich weiß, dass alles in Ordnung ist.«
Wie konnte ich noch wütend auf ihn sein, wenn er mir solche Dinge sagte? »Mach ich.«
Dann küsste er mich – lang und weich und so süß, dass ich versucht war zu bleiben, aber ich riss mich trotzdem von ihm los. Und ehe er mich weiter in Versuchung brachte, öffnete ich die Tür und trat in die kalte Dunkelheit hinaus.
Lola war zu Hause. Sie saß auf dem Sofa und sah mit Fudge auf dem Schoß fern. Sie blickte auf, als ich hereinkam und die Tür hinter mir absperrte. »Na, du?«
»Hey, Lola.« Fudge sprang von ihrem Schoß und kam über die Teppiche auf unserem Parkett zu mir getänzelt, um sich an meinen Beinen zu reiben und mich mit einem lauten Maunzen zu begrüßen.
Ich hob ihn hoch und vergrub
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