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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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der Höhle, und der Mann, der uns hätte retten können, lag in tiefer Ohnmacht auf dem Steinboden. Oona, die uns mit dem Bogen hätte verteidigen können, war ebenfalls verschwunden. Ich selbst war unbewaffnet.
    Ich kniete neben Elric nieder und versuchte ihn zu wecken, doch er rührte sich nicht. Die Atemzüge kamen langsam und träge wie bei einem Tier im Winterschlaf, die Augen konnte ich nicht sehen. Er war und blieb bewusstlos.
    Widerstrebend fasste ich nach der Rabenklinge, die dicht neben seiner rechten Hand lag. Als ich gerade mit den Fingerspitzen die seltsame, lebendige Waffe berührte, fiel grelles Licht in die Höhle. Ein Berittener mit einer Fackel, hinter ihm kam ein weiterer und dann noch einer.
    Unsere Pferde wieherten und tänzelten, weil sie die Gefährten erkannten. Die anderen Pferde schnaubten und stampften auf dem Höhlenboden. Eine heisere Stimme sagte etwas in deutscher Sprache.
    Ich packte den vertrauten Griff der Waffe. Die Fackel hatte mich halb geblendet, doch ich richtete mich auf, indem ich mich auf das Schwert stützte. Die Bewaffneten hatten sich unterdessen zum Kampf aufgestellt. Gaynor hatte uns gefunden. Zweifellos hatte einer seiner Männer mein dummes Licht oder den Panther gesehen, als dieser die Höhle verließ, und war der Sache nachgegangen.
    Gaynors freudloses Lachen dröhnte im Helm. »Dies wird ein wundervolles Grab für euch zwei werden. Eine Schande, dass ihr hier unbekannt und vergessen bis in alle Ewigkeit liegen werdet.«
    Er bot einen prächtigen Anblick: mit der silbernen Rüstung, das schwarze Schwert an der linken und das geheimnisvolle Elfenbeinschwert an der rechten Hüfte. Ein Glühen ging von ihm aus, das ich nur für übernatürlich halten konnte. Sein Fleisch wirkte beinahe übertrieben gesund. Er stellte sich prahlerisch zur Schau und verhöhnte meine Schwäche.
    Oder meine frühere Schwäche.
    Die Wut half mir, die Angst zu überwinden. Ich griff fester zu und zog Rabenbrand an mich. Jetzt hielt ich mein altes Schwert mit beiden Händen. Ich spürte das vertraute Gewicht, doch die Waffe schien eine unbekannte Kraft in sich zu bergen. Ich knurrte Gaynor an. Als ich das Schwert fester packte, ging ein wenig von der schmutzigen, gestohlenen Lebenskraft auf mich über. Sie erfüllte meine Adern mit einer dunklen Energie, mit einer bösen Stärke. Jetzt lachte auch ich. Ich lachte meinen Vetter Paul Gaynor von Minct aus und freute mich über seinen nahen Untergang.
    Ein Teil in mir nahm mein Benehmen voller Empörung wahr, doch steckte jetzt auch ein Teil von Elric in mir, auf den das Schwert reagierte.
    »Sei gegrüßt, Gaynor«, hörte ich mich sagen. »Ich danke dir für die freundliche Geste, dass du es mir erspart hast, dich zu suchen. Jetzt werde ich dich töten.«
    Gaynor lachte nur, als er den hingestreckten Melnibonöer sah. Ich muss wohl wirklich einen seltsamen Anblick geboten haben - mit meinen zerfetzten Sachen aus dem zwanzigsten Jahrhundert, die mächtige Eisenklinge mit beiden Händen haltend. Doch Gaynors Gelächter klang nicht mehr so selbstbewusst wie früher und Klosterheim, der neben ihm wartete, schien überhaupt nicht amüsiert. Er hatte nicht damit gerechnet, uns beide hier vorzufinden.
    »Nun, mein Vetter«, erklärte Gaynor, indem er sich auf den Sattelknauf stützte, »du ziehst offenbar inzwischen die Dunkelheit dem Licht vor. Die Einseitigkeit war schon immer ein herausragender Zug deines Zweigs der Familie, was?«
    Das überhörte ich. »Du hast dich seit unserer letzten Begegnung mit dem Töten sehr hervorgetan, Prinz Gaynor. Du hast anscheinend ein ganzes Volk ausgerottet.«
    »Ach, die Off-Moo! Wer weiß, mein Vetter, wer weiß? Sie litten an einer Täuschung, die man bei allen isolierten Völkern findet. Sie hielten sich für unbesiegbar, weil ihr Land noch nie erobert worden ist. In unserer Welt leiden die Briten an der gleichen Illusion.«
    Ich war nicht hier, um die Selbsttäuschungen des britischen Königshauses oder die Philosophie des Isolationismus mit ihm zu diskutieren. Ich war hier, um ihn zu töten. Eine ganz ungewohnte Blutgier wuchs in mir heran. Ich spürte, wie sie nach und nach völlig von mir Besitz ergriff. Keine angenehme Empfindung für jemanden mit meiner Erziehung. War es nur eine Reaktion auf Gaynors Drohungen? Oder übertrug das Schwert auf mich, was es zuvor auf Elric übertragen hatte?
    Ich zitterte unter der gewaltigen Energie, die mich jetzt durchflutete. Ungewohnte Begierden verschiedener Art

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