Tochter des Drachen
gute Investition. Jetzt schwankte er vorwärts. Der beschädigte rechte Knöchel und der nutzlose linke Arm des Panther hoben einander auf. Er feuerte die PPK ab und schleuderte blaue Vernichtung, während der Tomahawk die anderen Gebäude in Trümmer legte. Morgen würde die Energie der Krötenrüstungen aufgebraucht sein, und Bann-sons Leute würden keine Basis mehr haben, in die sie zurückkehren konnten. Also würden sie erfrieren. Wahrscheinlich war das eine Gnade. Zu verdursten war so unangenehm.
Dann hielt Jonathan an, lauschte Worridge, danach Katana - und dann diesem Mann, einer Stimme, die er kannte ...
»Mein Gott!« Das war der Pilot des Tomahawk. »Das ist Theodore Kurita !«
»Ist es zu fassen«, bemerkte Jonathan. Ein schneller Blick zur Seite bestätigte ihm, dass sein Transponder bedauerlicherweise immer noch ausgefallen war. Er schwenkte zur Seite und machte die Raketen scharf.
»Das nenne ich Timing«, sagte er und schoss.
Imperial City, Luthien Militärdistrikt Pesht, Draconis-Kombinat
30. November 3135
So, dachte Katana, als sie in dem riesigen, stillen Saal stand. Was nun? Sie drehte sich langsam im Kreis, ließ die Weite des Thronsaals auf sich wirken. Sie war sich sehr bewusst, wie ihre Kleidung dabei raschelte, hörte das leise Schaben ihrer Sohlen auf dem polierten Holzboden. Ihre Blicke kehrten immer wieder zum Drachenthron auf der Empore zurück: Selbst ohne den Koordinator war die Präsenz, die er ausstrahlte, gewaltig. Sie hatte den Thron schon einmal in einer Dokumentation von 3133 gesehen, als Teil einer Reihe mit dem Titel Reise zwischen den Sternen. Als sie jetzt zu den sich windenden Drachen und dem gewaltigen Drachen an der Wand dahinter hinaufschaute, erstarrte sie vor Ehrfurcht.
»Wunderschön, nicht wahr?« Eine Stimme, unmittelbar hinter ihr.
Erschrocken drehte sich Katana um, starrte, blinzelte. Er war lautlos - auf Socken - hinter sie getreten: Vincent Kurita persönlich, in einem prächtigen Kimono aus pfauenblauer Seide, verziert mit Chrysanthemen und fünfzehigen Drachen in Goldstickerei, von einem goldenen Obi in Höhe der Taille verschlossen. Hastig verbeugte sie sich. »Verzeiht mir, Tono. Ich war mir Eurer Anwesenheit nicht bewusst.«
»O doch, das warst du«, erwiderte Kurita. Er hatte eine angenehme Stimme, leise und voll, und die haselnussbraunen Augen waren klar. Er deutete auf den Thron und das Drachengemälde dahinter. »Wenn du das Kombinat betrachtest, schaust du auf uns. Dir der Größe des Kombinats bewusst zu werden, bedeutet, deinen Geist den Winkeln des bekannten Universums zu öffnen, die wir bewohnen, und auch denen, die wir noch erobern werden.« An seinen Augenwinkeln zeichneten sich Lachfalten ab. »Aber unsere Frage war, ob du es schön findest.«
»Hai«, bestätigte Katana augenblicklich. »Es war wunderschön, als es angefertigt wurde, Tono. Doch jetzt ist es noch schöner.«
»Ach?« Kurita hob die kohlschwarzen Augenbrauen. »Wie das?«
Katana deutete auf die Wand. »Die Welten, die das Kombinat bei der Gründung der Republik verlor, sind zurückgekehrt. Was Tai-shu Sakamoto begonnen hat, hat Euer Sohn zu Ende geführt. Saffel ist erobert, ebenso wie Styx, Athenry und Pike IV.« Sie verstummte und dachte zurück an den Feldzug, in dem sie, Worridge und Theodore Kurita Seite an Seite gekämpft hatten, bis Kurita kurz vor Dieron ein Ende befahl, eine Entscheidung, die sie dann ange-fochten hatte. Daraufhin hatte er ihre Schwerter eingefordert. Sie betrachtete den Koordinator. Na schön, wenn er das als Kritik auffasst, soll es so sein. »Aber das Kombinat ist noch nicht vollständig. Noch nicht. Dieron wartet nach wie vor auf seinen Koordinator.«
»Ah. Und du?«
»Ich bedaure nichts. Was ich tat, tat ich für den Drachen.«
»Ohne unsere Einwilligung.«
»Oder Ablehnung. Ich habe auf Euer Schweigen hin gehandelt.«
»In der Tat«, sagte Kurita, und seine wohlwollende Art weckte etwas lange Vergessenes in ihrem Geist: Sie erinnerte sich daran, wie sie bei ihrem Vater gesessen hatte, als er Geschichten über die Republik erzählte, oder noch besser, darüber, wie er ihre Mutter kennengelernt hatte. »Dann haben wir unsere Pflicht gut erfüllt.«
Katana runzelte die Stirn. »Tono?«
»Du vergisst, dass der Koordinator die Leere im Innern der Nabe ist, um die sich das Rad dreht. Ohne Mitte gibt es kein Rad. Das Kombinat dreht sich, aber es dreht sich fest verankert durch die Leere, die unser Schweigen ist. Glaubst du, wir wären
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