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Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
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werden gebraucht, das schon, aber der durchschnittliche fette, verdorbene und ungebildete Priester? Die Bischöfe, Erzbischöfe, Kardinäle und Päpste? Nein, ich glaube, wir und selbst Gott würden ohne sie auskommen.«
    »Ich weiß nicht, warum der Papst… «
    »Von welchem der drei derzeitigen Päpste… so viele waren es jedenfalls, als ich sie das letzte Mal gezählt habe… sprecht Ihr?«
    »… Euch nicht schon längst der Ketzerei angeklagt hat! «
    »Vielleicht«, sagte Wycliffe ruhig und blickte Thomas in die Augen, »haben sie Angst vor dem, was ich sagen könnte, wenn man mich vor Gericht stellt. Aber«, Wycliffe wandte sich ab und ging weiter, »wir schweifen ab. Lord Lancaster hat mich gebeten, mit Euch zu sprechen, um Euer wahres Wesen herauszufinden.«
    Was? Thomas eilte hinter Wycliffe her. »Was meint Ihr damit?«
    »Mein Fürst hat mir berichtet, dass Ihr Euch auf irgendeiner göttlichen Mission zu befinden glaubt.« Wycliffe verzog den Mund. »Er will sichergehen, dass dies tatsächlich der Fall ist und dass Ihr nicht vom Teufel verblendet seid.«
    »Ich diene Gott mit Herz und Seele… was weit mehr ist, als Ihr… «
    »Ich diene den Interessen der Menschheit, mein Freund, nicht den Interessen der Kirche! «
    Sie waren beinahe bei dem Podest angelangt und blieben nun stehen, einige Schritte voneinander entfernt, Thomas kalkweiß im Gesicht und wütend, Wycliffe aufreizend ruhig.
    »Lancaster muss wissen, ob er sich auf Euch verlassen kann«, sagte Wycliffe.
    Thomas öffnete den Mund, um einzuwenden, dass sich Lancaster stets auf ihn verlassen konnte, hielt dann jedoch inne und dachte nach.
    Wer war Lancaster wirklich, und wem diente er?
    Wycliffe lächelte. »An den Akademien von Florenz gibt es einige Gelehrte«, sagte er, »die behaupten, die Welt würde in ein neues Zeitalter eintreten… das Zeitalter des Humanismus. Das Zeitalter des Menschen. Eine Epoche, in der Erlösung und Erfüllung in diesem Leben gefunden werden können und nicht erst im nächsten. In der«, er senkte die Stimme, »ein Mann seinem König und seinem Land, selbst seiner Frau, mehr Ergebenheit und Liebe schuldet als einem fernen, überheblichen Gott.«
    Thomas’ Herz hämmerte. Wycliffe ging über die reine Ketzerei, über einen Verrat an Gott hinaus.
    »Ich weiß, was Ihr seid! «, flüsterte Thomas.
    Wycliffe schüttelte den Kopf, sein Lächeln wurde noch feindseliger. »Nein. Ihr wisst gar nichts. Ich wünsche Euch alles Gute, Thomas.«
    Er drehte sich um und ging davon.
    »Wartet!«, rief Thomas. »Was werdet Ihr Lancaster sagen?«
    Wycliffe blieb stehen und sprach über seine Schulter. »Ich werde Lancaster sagen, dass Ihr keine Gefahr darstellt.«
    Und damit war er verschwunden.

Kapitel Fünf
     
    Nach der Non an der Vigil zur Geburt
    Unseres Herrn Jesus Christus
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III. (Freitagnachmittag, 24. Dezember 1378)
     
    – VORABEND DES WEIHNACHTSFESTES –
     
     
     
    Lancasters Gesellschaft war am späten Nachmittag zu Pferde zurückgekehrt, mit einer Sänfte für den französischen König. Wie Thomas vermutet hatte, war die Themse durch den Wind aufgewühlt worden, und auf dem Heimweg von Westminster war an eine Flussfahrt nicht zu denken gewesen. Thomas hatte sie nicht zurückkehren sehen. Er war zu dieser Zeit in der Kapelle gewesen und hatte gebetet und sich dann den ganzen Nachmittag und die Nacht hindurch bis zu den Matutingebeten am nächsten Morgen in seinem Gemach aufgehalten.
    Er war nicht dazu eingeladen worden, Lancaster und seiner Familie am Abend Gesellschaft zu leisten.
    Die Vigil vor der Geburt Jesu Christi war klar und kalt angebrochen: Der Sturm, der sich am Vortag angekündigt hatte, war nach Osten weitergezogen, ohne seine Drohung wahr zu machen, Londons Weihnachtsfeierlichkeiten ins Wasser fallen zu lassen. Thomas hatte die Messe bei Morgengrauen in der Kapelle des Savoy besucht, ein eindrucksvolles Gebäude, das an den Fluss angrenzte. Katherine war dort gewesen und einige ihrer Damen, darunter auch Margaret, mehrere andere Mitglieder des Haushalts der Lancasters, und die meisten der Diener, die gerade nicht gebraucht wurden. Lancaster und Bolingbroke waren nicht anwesend gewesen, und Wycliffe schien sich wieder in das dunkle Loch zurückgezogen zu haben, aus dem er hervorgekrochen war.
    Nach der Messe lud Katherine Thomas dazu ein, an ihrem Tisch sein Fasten zu brechen, doch er lehnte ab. Er brauchte Zeit für sich und das Gebet, um seine

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