Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Augen waren nachdenklich zusammengekniffen.
    Schließlich war er dem Thron um eine Leiche näher gerückt.
    Simon Sudbury, der Erzbischof von Canterbury, eilte an Richard vorbei, um Eduard die Sterbesakramente zu geben, soweit diese seinem erkaltenden Körper und seiner entfliehenden Seele noch helfen würden.
    Katherine saß auf ihrem Platz an der Haupttafel, die Hände vor das Gesicht geschlagen, ihre grauen Augen vor Schreck weit aufgerissen. Sie zitterte so heftig, dass ihr ganzer Körper bebte.
    Margaret gewann schnell ihre Fassung zurück und während Richard und Sudbury sich Lancaster und Gloucester anschlossen, ging sie zu Katherine hinüber und murmelte Thomas im Vorbeigehen zu, dass ihre Herrin ihren Trost brauchte.
    Geoffrey Chaucer stand mit verschränkten Armen da, den Kopf zur Seite geneigt. Seine Augen musterten das Bild, das sich ihm bot, mit großem Scharfsinn, als wollte er sich jede Einzelheit einprägen, um sie vielleicht in einem Gedenklied zu verwenden.
    Darüber hinaus waren noch sechs oder sieben weitere Adlige geblieben, Edelleute des Königreichs. Ein König war gestorben, und ein neuer musste gekrönt werden, in der Zwischenzeit würde das Reich jedoch von einem Rat regiert werden.
    Thomas stand immer noch an derselben Stelle, völlig regungslos, bis auf seine Augen, die ruhelos von einem zum anderen huschten.
    Wer war Mensch, wer Dämon?
    Als Lancaster seufzte, sich die Augen rieb und etwas sagen wollte, fiel Thomas’ Blick auf eine Gestalt, die sich im Dunkel am hinteren Ende des Saals verbarg, wo viele Kerzen und Fackeln erloschen waren, als die Türen von den Fliehenden, die erschrocken das Weite gesucht hatten, hastig aufgerissen worden waren.
    John Wycliffe stand dort mit funkelnden Augen und hing seinen Gedanken nach.
    »Der König ist tot«, sagte Lancaster, »und Gott allein weiß, wann der schwarze Prinz zurückkehren wird, um sein Erbe anzutreten. Wir müssen handeln, und zwar schnell, um die Ordnung im Königreich aufrechtzuerhalten. Ich berufe in der Morgendämmerung ein Treffen des Geheimen Rates ein. Gloucester, sorg du dafür, dass Wachen ausgeschickt werden, um die Ratsmitglieder herbeizuholen, die nicht im Saal anwesend sind.«
    Froh, eine Aufgabe zu haben, nickte Gloucester und ging davon.
    »Ich werde ebenfalls daran teilnehmen!«, sagte Richard, seine Stimme klang schrill und fordernd.
    Lancaster wollte den Kopf schütteln, überlegte es sich dann jedoch anders. »Ja, Ihr solltet daran teilnehmen. Verehrter Erzbischof«, sagte er an Sudbury gewandt, »werdet Ihr und die Euren Euch des Toten annehmen?«
    Nachdem alles besprochen war, wandte sich Lancaster mit leiser Stimme an Bolingbroke. »Hal, versuch unter allen Umständen, diese Mimen ausfindig zu machen. Bedien dich unserer Kundschafter und bezahlter Augen und Ohren. Hast du verstanden?«
    Hal nickte, und ehe er hinausging, blieb er noch kurz neben Thomas stehen. »Wir müssen uns miteinander unterhalten«, sagte er. »Du und ich und, ich glaube, auch mein Vater.«
    Damit ging er davon.
     
     
    Im Augenblick war für Thomas wenig zu tun. Er konnte sich nicht an den Treffen und dem Geraune beteiligen, die den Tod eines Königs stets begleiteten, selbst wenn er gewusst hätte, wer – oder was – ihn verursacht hatte.
    Nicht im Moment.
    Lancaster, mit Hal an seiner Seite, musste dafür sorgen, dass rasch wirksame Maßnahmen ergriffen wurden, um den Ausbruch von Unruhen zu verhindern.
    Aber wenn dies erledigt war, das wusste Thomas, musste er mit Lancaster sprechen und den Herzog davon überzeugen, dass er ihm die Erlaubnis erteilte, endlich in den Norden zum Konvent am Bramhamer Moor aufzubrechen.

Kapitel Neun
     
    Das Fest des heiligen Silvester
    Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
    (Donnerstag, 30. Dezember 1378)
     
    – I –
     
     
     
    In den Tagen nach dem Tod Eduard III. hatte Lancaster vom frühen Morgen bis zum späten Abend alle Hände voll zu tun. Gemeinsam mit den Mitgliedern des Geheimen Rates arbeitete er daran, England für den schwarzen Prinzen zu sichern. Bis der Prinz nach Hause zurückgekehrt sein würde, würde Lancaster als Regent auftreten. Eilboten wurden nach Bordeaux geschickt, in der Hoffnung, dass der schwarze Prinz spätestens Mitte Januar nach London zurückkehren würde. Nicht nur England stand auf dem Spiel, sondern auch Frankreich. Der Tod eines Königs verursachte stets großen Aufruhr, besonders, wenn auch noch ein Krieg eine Rolle dabei spielte.
    Eine von Lancasters

Weitere Kostenlose Bücher