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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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vorerst am Leben lassen zu wollen, doch es war fraglich, wie lange das noch der Fall sein würde. Bevor er aus der Hütte trat, um das Huhn zu holen, spuckte er Thiderich ins Gesicht. »Heute habe ich großen Hunger, Kaufmann. Ich denke nicht, dass etwas für Euch übrig bleiben wird.«
    »Nicht kratzen, mein Schatz«, sagte Runa mit einem besorgten Blick auf Freyjas zerschrammte Arme und nahm die Händchen ihrer Tochter in ihre.
    »Aber es juckt so, Mutter«, jammerte das Mädchen wahrlich gepeinigt. Wie schon häufig in der Vergangenheit hatten sich vor wenigen Tagen erneut die roten Stellen an seinen Armen gezeigt, die unverhofft kamen und gingen. Das quälende Jucken hatte die Kleine in der Nacht geweckt, worauf sie ins Bett ihrer Eltern geschlüpft war.
    Liebevoll legte Walther seiner Tochter einen Arm um den schmalen Körper und redete ihr gut zu. »Sei ein tapferes Mädchen, Freyja. Oder glaubst du, dass es von deinen Tränen besser wird, hm?«
    Das Kind schaute mit rot geweinten Augen zu seinem Vater hoch und schüttelte den Kopf, sichtlich bemüht, den Kloß in seinem Halse hinunterzuschlucken.
    »Siehst du wohl. So ist es besser«, lobte Walther seine Tochter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
    Runa blickte ihren Mann von der Seite an. Er war ein wirklich wunderbarer Vater – jedenfalls für Freyja. »Ich werde heute zu Kethe ins Kloster gehen. Sicher kann sie mir etwas für die wunden Stellen geben.«
    »Ja, tue das«, war seine knappe Antwort.
    Kurze Zeit später war Freyja wieder eingeschlafen. Walther legte sie behutsam auf seine Bettseite und drehte sich Runa zu. Obwohl es schon längst Zeit war aufzustehen, machte Walther keine Anstalten, sich zu erheben. Stattdessen schaute er seiner Frau tief in die Augen und lächelte auf diese eine ganz bestimmte Weise.
    Runa konnte ihm deutlich ansehen, wonach ihm der Sinn stand. Sie schmunzelte, denn auch nach so vielen Wochen der Schwangerschaft belustigte es sie immer wieder, dass er sie mit ihrem dicken Bauch begehrenswert fand. »Walther, wir können doch nicht …«, flüsterte sie mit gespielter Empörung.
    »Du meinst wegen Freyja?«, unterbrach er seine Frau ebenfalls flüsternd. »Na, dann müssen wir wohl besonders leise sein.« Mit diesen Worten zog er ihnen lächelnd das Laken über und schnitt seiner Frau mit einem Kuss das Wort ab.
    Freyja erwachte tatsächlich erst, als Walther schon längst fort und Runa bereits angekleidet war. Wenig später begab sie sich mit ihrer Tochter und Johanna auf den Weg zum Kloster.
    »Wohin gehen wir, Mutter?«, fragte das kleine Mädchen neugierig.
    »Wir gehen Kethe besuchen«, antwortete Runa wahrheitsgemäß, wenngleich das nicht die ganze Wahrheit war. Auch wenn so einige Hamburger das Wissen kräuterkundiger Frauen in Anspruch nahmen, war es dennoch ratsam, das nicht laut auszusprechen. Erst innerhalb der Klostermauern konnte ihr nicht mehr viel geschehen.
    Sie liefen die Reichenstraße hinauf und machten einen kleinen Umweg in die Bäckerstraße, um ein paar honigsüße Köstlichkeiten für später zu kaufen. Es war Freitag, und wie immer an diesem Tage würde Runa heute zu ihrer Mutter gehen, um ihr und Margareta einen Besuch abzustatten.
    Die Straßen waren voller Frauen, Kinder, Bettler, Händler, Pferde- und Ochsenwagen. Sie kamen nur mühsam voran. Runa fiel das Laufen zunehmend schwerer. Schon jetzt stützte sie mit den Händen fortwährend ihren geschwollenen Leib, doch sie wollte sich die Anstrengung nicht anmerken lassen. Zu froh war sie über jede Gelegenheit, die sich ihr bot, Vater Everard zu entfliehen.
    Nachdem sich Walther für sie eingesetzt hatte, waren sie und ihr Gemahl wieder enger zusammengerückt; und auch der Geistliche hielt sich mit Tadel und Schelte zurück. Runa wusste nicht, ob sie sich über die neu erworbene Ruhe freuen oder eher besorgt darüber sein sollte.
    Die Frauen und das Kind hatten das Kloster schon fast erreicht, als Runa plötzlich ein Ziehen im Bauch verspürte. Schon seit heute Morgen fiel ihr das Atmen schwer. Wie immer an sonnigen Tagen wie diesem schwollen ihre Arme und Beine an. Von ihrer Mutter wusste sie, dass solche Sachen nicht immer etwas zu bedeuten hatten, und so versuchte sie Ruhe zu bewahren. Wahrscheinlich hatte sie sich bloß überanstrengt. »Johanna, reich mir bitte deinen Arm. Ich muss mich aufstützen.«
    Die Magd tat wie geheißen und warf Runa einen besorgten Blick zu.
    »Es ist nichts«, sagte sie beschwichtigend. »Mir ist nur etwas

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