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Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Juergen Sittig
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schwierige Angelegenheit. Man sah den Hecht, der da irgendwo in der Tiefe
lauerte, eben nie. Ein klein wenig beneidete Bayer da die Jäger, die auf Sicht
handeln konnten. Die sahen ihre Beute vor sich. Aber das Wasser behielt sein
Geheimnis lange für sich. Wenn etwas biss, war – je nach Gewässer – noch immer
nicht mit Sicherheit gesagt, dass es die Fischart war, auf die man es abgesehen
hatte. Und die Größe des Fisches war zunächst auch noch ungewiss. Es konnte
immer noch ein Untermaßiger sein. Bei Hechten also alle Exemplare, die kürzer
als einen halben Meter waren. Das war das Mindestmaß für diese Räuber in
Rheinland-Pfalz.
    Andererseits war genau das aber auch das Faszinierende an dieser
»Jagd« auf Fische: dass es spannend blieb bis zuletzt. Weil man eben nicht
alles von vornherein erkennen konnte.
    Bayer wollte hinüber auf die Westseite, um dort an der sogenannten
Scharkante entlangzufischen. Das war die Linie unter Wasser, an der der
Seeboden plötzlich stärker in die Tiefe abfiel. Ein von großen Hechten gern
aufgesuchter Bereich. Warum auch immer. So ganz konnte das selbst ein so
erfahrener Angler wie Bayer nicht sagen. Aber es hatte sich bewährt, dort zu
fischen. Außerdem wusste er aus Naturfilmen im Fernsehen, dass die Scharkanten
auch in den Meeren beliebte Plätze für Raubfische waren.
    Der See war an dieser Stelle etwas mehr als einen Kilometer breit.
Bayer benötigte für die etwa achthundert Meter bis zu seinem Zielgebiet rund
zehn Minuten. Dann machte er eine der beiden Angeln klar. Er wählte seinen
Lieblingswobbler und hängte ihn ans Ende des Stahlvorfaches. Jetzt konnte er
auswerfen.
    Rund zwanzig Meter hinter dem Boot klatschte der Köder auf die
Wasseroberfläche, und der relativ schwere Wobbler begann zu sinken. Bayer zog
noch etwas Schnur von der Rolle, um dem Köder Spielraum zu geben. Dann klappte
er den Bügel der Rolle um und lehnte die Rute in Reichweite an die rechte
Bordwand, sodass er sie im Falle eines Bisses erreichen konnte.
    Jetzt kam die Phase des »Trollings«, des geduldigen Fahrens und
Abfischens der Scharkante und der Umgebung. Die Scharkante lag hier etwa sieben
Meter unter der Wasseroberfläche. Bayer zog seinen Köder darum zunächst in
einer Tiefe von rund drei Metern hinter sich her, in einem Abstand von
vielleicht dreißig Metern hinter dem Boot. Er hatte Geduld, viel Geduld, wie
sie einem guten und ausdauernden Angler eigen war. Die brauchte er auch.
Möglicherweise würde er den Köder lange in dieser Tiefe ziehen, ohne dass etwas
geschah. Darauf war er gefasst. Er hatte schon halbe Tage ohne nennenswerte
Fänge auf dem Wasser verbracht. Aber manchmal war seine Geduld eben doch
belohnt worden, und er hatte einen kapitalen Fang gemacht. Bayer vertraute auf
sein Glück und genoss es außerdem über die Maßen, draußen zu sein und den
frischen Wind um die Nase zu haben. Es ging eben nicht nur um das Fischefangen.
Es war die Kombination aus beidem, der stillen Anspannung der Jagd ebenso wie
dem in der Natur sein. Entrückt vom Alltag, der ihm als Intensivpfleger in einem
Koblenzer Krankenhaus einiges abverlangte.
    Nachdem Bayer eine halbe Stunde ohne einen Biss gerudert war,
veränderte er seine Strategie. Er wählte einen noch größeren und schwereren
Wobbler, der auch etwas dunkler in seiner Färbung war. Den zog er nun in rund
fünf bis sechs Metern Tiefe hinter sich her. Wieder folgte er dem Ufer auf
einer unsichtbaren parallelen Bahn in der Nähe der Scharkante. Doch auch jetzt
blieb es beinahe zwanzig Minuten ruhig. Bis zu dem Moment, in dem sich die
Rutenspitze abrupt krümmte und Bayer die Ruder losließ und die Rute packte, um
den Fisch anzuschlagen und die Haken tiefer ins Maul zu treiben. Denn ein Fisch
musste es sein. Sogar ein großer. In dieser Wassertiefe, ein gutes Stück über
dem Seegrund, gab es keine Hindernisse. In Ufernähe konnte man sich am Grund an
versunkenen Stämmen oder Ästen verhaken. Aber das war hier ausgeschlossen. Es
gab also nur eine Erklärung: Es musste ein großer Hecht sein, der seinen
Wobbler angenommen hatte.
    Als Bayer jedoch die Rute in der Hand hielt, kamen ihm sofort die
ersten Zweifel. Der Widerstand wurde größer, da das Boot noch etwas Fahrt
hatte, aber es gab keine Schläge und keine Bewegung wie bei einem Fisch, der
sich im Wasser hin und her bewegte und um seine Freiheit kämpfte. Was auch immer
da gebissen hatte: Es stand anscheinend still und fest an einer Stelle im
Wasser. Aber das machte keinen

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