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Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Juergen Sittig
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die hat er nie zur Rede
gestellt. Weil er nicht wollte, dass es eine öffentliche Angelegenheit wurde,
die seiner Frau Kummer gemacht hätte.«
    »Donnerwetter, da hat der Mann einiges ausgehalten.«
    »Das hat er. Aber offenbar gibt es für alles eine Grenze. Und die
ist wohl überschritten worden, als er Katharina verlor und kurz darauf auch
noch seine Tochter und seine Enkelin. Da muss etwas Schreckliches in ihm
geschehen sein, was seine ganze Wut und seinen Hass entfesselt hat. Irgendwann
wird es einfach zu viel.« Sie schaute ihn wieder an, bevor sie fragte: »Und
jetzt ist er verschwunden, sagen Sie?«
    »Ja, wir haben keine Ahnung, wo er sein könnte. Er ist
offensichtlich untergetaucht beziehungsweise geflohen. Aber es gibt keine
einzige Spur. Haben Sie vielleicht eine Idee, was er nach diesen Taten getan
haben könnte? Sie sind offenbar der einzige Mensch, der ihn etwas näher
kannte.«
    »Wenn er nicht will, dass Sie ihn finden, dann werden Sie ihn wohl
auch nicht finden. Er ist ein sehr intelligenter Mann, der gelernt hat, mit
schwierigen Situationen umzugehen. Aber er hat nie davon gesprochen, dass er an
irgendeinem Flecken der Welt, wo er schon mit der Marine war, hat leben wollen.
Ich fürchte, da kann ich Ihnen keine Hilfe sein.«
    »Sie waren mir schon eine große Hilfe, Frau Mühlhaupt. Ich kann das
alles nun viel besser verstehen. Und das ist wichtig, wenn man einen Mordfall
aufzuklären hat: zu wissen, warum alles so gekommen ist, wie es gekommen ist.«
    Sie nickte verständnisvoll. »Ich hab eine liebe Freundin in Berlin,
die dort als Psychologin und Therapeutin arbeitet. Sie war bisher der einzige
Mensch außer Ihnen, mit dem ich über dieses Familienschicksal gesprochen habe.
Manche Menschen haben ein sehr hartes Schicksal, Herr Hauptkommissar.
Wahrscheinlich, damit ihre Seele auf eine ganz bestimmte Weise reifen kann,
bevor sie ein weiteres Leben beginnen. Ich kann es mir nur so erklären. Alles
andere fände ich ungerecht.« Sie schaute ihn direkt an. »Würden Sie mir bitte
mitteilen, wenn Sie etwas Neues über Georg erfahren?«
    »Natürlich, ich melde mich bei Ihnen, ganz sicher.«
    »Aber eines müssen Sie noch wissen, Herr Hauptkommissar: Er war
einmal ein guter Mann, voller Liebe und Fürsorge, ein ganz liebevoller Ehemann
und seiner Tochter ein wunderbarer Vater. Es konnte keinen besseren geben. Er
hat nur zu vieles erleiden müssen.«
    »Das habe ich mir schon gedacht, als ich seine Geschichte nach und
nach erfahren habe. Aber mit welcher Vorgeschichte auch immer: Niemand darf zum
Mörder werden. Ich bin verpflichtet, ihn festzunehmen, wenn ich ihn finde. Er
hat sieben Menschen das Leben genommen.«
    Sie nickte nur, ohne noch etwas dazu zu sagen, und Wärmland
verabschiedete sich von der alten Dame.
    Auf dem Weg zurück nach Mayen ging ihm immer wieder das Gespräch mit
ihr durch den Kopf. Sie hatte selbst ein ungewöhnliches Schicksal erlebt und
bittere Verluste hinnehmen müssen. Und dennoch die Kraft gehabt für ein
Weiterleben bis zum hohen Alter von vierundneunzig Jahren. Kein Wunder, dass
sie die grausame Wahrheit um Georg Eicksen so gefasst aufgenommen hatte. Das
Leben hatte sie auf eine gewisse Weise hart gemacht. Doch trotz der erlittenen
Schicksalsschläge hatte sie sich eine liebenswerte, charmante Art bewahren
können. Eine bemerkenswerte Frau.
    ***
    Alexander Bayer stieß das Boot vom Steg ab und ruderte mit
kräftigen Schlägen hinaus auf den See. Es war ein kühler Tag mit bedecktem
Himmel und etwas Wind, sodass kleine Wellen klatschend gegen das Boot schlugen.
Bayer ließ sich davon nicht beirren. Er hatte im Laacher See schon bei beinahe
jedem Wetter Hechte gefangen. Und er rechnete sich auch heute eine Chance aus.
Jetzt war es Mitte Oktober. Bald würde es so ungemütlich und kalt werden, dass
er kaum noch Lust verspüren würde, hinauszufahren. Vielleicht war es das letzte
Mal in diesem Jahr, dass er auf dem See war.
    Bayer hielt auf die Mitte der Westhälfte des Gewässers zu. Er hatte
zwei starke Ruten an Bord mit dreißiger Schnüren auf den Rollen. Er wollte
»trollen«, also während des Ruderns einen künstlichen Fisch, einen sogenannten
Wobbler, hinter sich herziehen. Diese Methode wurde in aller Welt sehr erfolgreich
angewandt. Nicht nur auf Hecht. Auch auf große Salmoniden wie Seeforellen im
Süßwasser oder gar auf Thunfische oder Marline auf hoher See. Das Entscheidende
war, die richtige Wassertiefe zu treffen, in der der Fisch stand. Das war schon
eine

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