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Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Juergen Sittig
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Moselweißer Straße die Seniorenresidenz lag.
    Schließlich klopfte er vorsichtig an Frau Mühlhaupts Tür, als habe
er Sorge, sie aus dem Mittagsschlaf zu wecken. Dabei war es genau die
verabredete Zeit, und sie öffnete beinahe augenblicklich. Wärmland sah eine
alte Dame mit feinen Zügen und wohlfrisiertem Haar vor sich, die in ihren
jüngeren Jahren sicher eine recht attraktive Frau gewesen war. Die Idealbesetzung
einer Urgroßmutter, wenn ich mal einen Familienfilm drehe, dachte Wärmland,
während er sich noch einmal vorstellte. Sie streckte ihm ihre kleine Hand
entgegen und musterte ihn eindringlich, als wollte sie alle seine Geheimnisse
bereits auf der Türschwelle ergründen. Wärmland versuchte sich mit einem
zurückhaltenden Lächeln, das eine gewisse Unverfänglichkeit und Entspanntheit
erzeugen sollte. Doch hatte er das Gefühl, dass sie ihn durchschauen würde,
wenn er sie zu täuschen versuchte. Vierundneunzig Jahre, dachte er, als sie ihn
hereinbat, und noch so wache Augen, hinter denen sicher ein ebenso wacher
Verstand wohnte.
    Sie bat ihn, auf einem gut gepolsterten Sessel Platz zu nehmen, der
an einem kleinen Tisch einer kleinen Zweiercouch gegenüberstand. Auf dieser
nahm sie selbst Platz.
    Die Einrichtung empfand Wärmland als sehr geschmackvoll. Alles war
wie aus einem Guss und mutete an wie aus einer Musterausstellung zur Wohnart
des späten 19. Jahrhunderts. Allerdings nicht in den damals oft
vorherrschenden dunklen Farbtönen, sondern in hellen, freundlichen Farben.
Wärmland kam das ganze Ensemble irgendwie bekannt vor, und er rätselte, woher
das kam. Sie bemerkte seine Blicke und schmunzelte.
    »Wenn ich Ihre Blicke richtig deute, Herr Hauptkommissar, dann fragen
Sie sich, warum Ihnen diese Art der Einrichtung bekannt vorkommt. Kann das
sein?«
    »Sie haben mich ertappt«, gestand Wärmland freimütig. »Es scheint
mir auf irgendeine Weise vertraut, als hätte ich etwas Derartiges schon einmal
gesehen. Aber ich weiß nicht mehr, wo das war.«
    Sie lächelte ganz charmant und fast ein wenig verlegen, bevor sie
zur Auflösung des Rätsels kam. »Sie werden sich vielleicht wundern, wenn ich
jetzt sage, dass es etwas mit Ihrem Namen zu tun hat.«
    Wärmland war eine Sekunde lang überrascht. Doch in der nächsten
Sekunde hatte sie ihm durch ihren Hinweis den Weg gebahnt. »Natürlich«, meinte
er und lächelte nun ebenfalls. »Schweden, nicht wahr, Sie meinen Schweden.«
    Sie nickte zustimmend. »Und wissen Sie noch mehr?«, wollte sie
sofort wissen. »Haben Sie es jetzt erkannt?«
    Wärmland konnte gar nicht verstehen, warum ihm das nicht gleich
eingefallen war. »Sie meinen den schwedischen Maler Carl Larsson, nicht wahr?
Der diese wunderbaren Bilder zu seinem Leben, seiner Familie und seinem Wohnen
gemalt hat. Diese herrlichen Aquarelle, die ihn berühmt gemacht haben.«
    »Genau der«, pflichtete sie ihm bei. »Mit seinen Bildern hat er den
alten schwedischen Einrichtungsstil unsterblich gemacht. Sodass selbst so eine
alte Frau wie ich in solchen Möbeln lebt und sich ganz wohl und geborgen darin
fühlt.«
    »Dass ich nicht gleich darauf gekommen bin«, beklagte Wärmland und
ließ noch einmal seinen Blick schweifen. »Hat sich nicht sogar IKEA auf diese Art der Einrichtung bezogen?«
    »Oh ja, und wie wir wissen, mit großem Erfolg.«
    »Jetzt haben Sie mich aber neugierig gemacht, wie Sie an diese
Sachen gelangt sind«, bekannte Wärmland.
    »Dafür gibt es die natürlichste aller Erklärungen: durch meine
Familie. Meine Mutter war Schwedin und hat diese Dinge aus ihrem Elternhaus
mitgebracht.«
    »Eine richtige Wohlfühleinrichtung«, bekräftigte Wärmland. »Ich habe
das noch nie in natura gesehen, nur auf den besagten Bildern. Aber es ist so
schön, wie ich es vermutet hatte.«
    »Danke«, sagte Frau Mühlhaupt lächelnd, doch dann wurde sie ernst.
Sie schaute Wärmland fragend an. »Da Sie nicht wegen meiner Einrichtung hier
sind, Herr Hauptkommissar, muss ich Sie nun fragen, was der Grund Ihres
Besuches ist. Sie haben schon meine Verwandten erwähnt. Was ist mit ihnen?«
    Wärmland konnte den Umstand, dass Eicksen ein gesuchter mehrfacher
Mörder war, kaum beschönigen. Also hatte er keine Wahl und nannte die Dinge
beim Namen.
    Frau Mühlhaupt hörte ihm zu, ohne ihn zu unterbrechen und zunächst
auch ohne irgendeine emotionale Reaktion. Damit hatte Wärmland nicht gerechnet.
Doch als er ihr die Zusammenhänge offenbart hatte, erhielt Wärmland eine
Erklärung für ihre ruhige

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