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Tod am Nil

Tod am Nil

Titel: Tod am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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- wahrscheinlich in der Bergwerkbehörde -, und später gelang es ihm, es zu behalten. Neben den Idealisten gab es ja jede Menge Beamte und Geschäftsleute, die nur ihre Karriere im Sinn hatten, weißt du. Und die brauchte Echnaton so nötig wie die Idealisten, vielleicht noch nötiger.«
    »Und den meisten wurde verziehen.«
    »Das sollte dich nicht verbittern. Natürlich. Man gab ihnen Gelegenheit, zu widerrufen, sie taten es, und dann machten sie weiter ihre Arbeit. Sie sind das Rückgrat des Schwarzen Landes, und die Armee ist ihre Muskulatur. Ohne sie kann das Herz nicht funktionieren, auch wenn es alles beherrscht.«
    »Kann es beherrschen, was es nicht in der Gewalt hat?«
    »Ja, solange es glaubt, es habe die Gewalt über alles. Echnaton hat versucht, dieses Muster zu durchbrechen, und sieh dir an, was daraus geworden ist.«
    »Erzähl mir mehr über Ipukys Familie.«
    Taheb überlegte. »Iritnofret war seine älteste Tochter. Sie war unverheiratet, und es gab auch keinen Bewerber, soweit ich weiß. Ihre Mutter ist von Ipuky geschieden; sie wohnt im Norden des Landes. Sie stammt aus Buto. Bist du ihr begegnet, als du in der Stadt des Horizonts warst?«
    »Nein. Sprich weiter.«
    »Wie seine neue Hauptfrau heißt, weiß ich nicht, aber ich glaube, von ihr abgesehen hat er nur Konkubinen. Viele behaupten, Ipuky sei mit seiner Arbeit verheiratet. Er steht in dem Ruf, ein kaltherziger Mann zu sein, der anscheinend weder seinen Reichtum noch seine Macht genießt. Mir fällt das allerdings schwer zu glauben, wo er doch so hart arbeitet, um beides zu erhalten.«
    »Gibt es noch andere Kinder?«
    »Ja, aber ich kenne sie nicht, und ich weiß auch nicht, wie viele es sind.«
    »Wie alt könnten sie sein?«
    »Sicher nicht älter als acht. Kinder noch.«
    Huy schwieg und dachte nach. »Wie alt sind deine eigenen Kinder?« fragte er dann.
    Sie sah ihn schelmisch an. »Sie werden erwachsen. Ich bin fünfundzwanzig. Eine alte Frau.«
    »Das erzähle mir in fünfzehn Jahren wieder. Bis dahin wirst du noch manchen Seufzer hervorrufen.«
    »Du hättest Höfling werden sollen.«
    »Versucht habe ich es.«
    Ein Schreiber kam schüchtern in den Hof; der Federkasten baumelte an der linken Schulter, und er hielt ein Bündel Dokumente in den von der Tinte rot und schwarz gefleckten Händen.
    »Verzeih die Störung«, sagte er zu Taheb, nickte Huy befangen zu und kreuzte grüßend die Arme vor der Brust. »Das sind die Frachtlisten, nach denen du gefragt hast. Du wolltest sie haben, sobald sie fertig wären.«
    Huy stand auf.
    »Du brauchst nicht zu gehen«, sagte Taheb.
    »Doch.«
    Sie zuckte die Achseln und stand ebenfalls auf; sie nahm die Papiere in Empfang und nickte dem Schreiber zu, er möge sich zurückziehen. Dann näherte sie sich Huy. »Wenn ich nur hier eine Arbeit für dich finden könnte.«
    »Vor langer Zeit wollte ich Schiffsführer werden. Jetzt weiß ich, daß ich es nie mehr lernen werde. Als Schreiber kann ich nicht arbeiten, und allmählich genieße ich meine Freiheit. Wie könnte ich dir nützen?«
    Wieder sah Taheb ihn zärtlich an, aber sie sagte nichts. Huy wußte den Blick nicht zu deuten. »Ich muß dir noch eine Frage stellen. Du kanntest Iritnofret ein bißchen?«
    »Ja, ein bißchen.«
    »Wie war sie?«
    Sie antwortete erst nach einer Weile. »Wie ein Feuer im Wind.«

V IER

    Es war ein langwieriges Verfahren, das eine Geduld erforderte, die er nicht besaß, aber wenigstens blieb ihm die öde Arbeit der Schnitter erspart, deren einzige Aufgabe es war, die Schilfrohre auf eine gleichmäßige Länge zu trimmen, etwa so lang wie ein Männerunterarm. Danach zogen die Schäler die Rinde von den Rohren ab; sie schälten sie mit scharfen, zweischneidigen Feuersteinmessern herunter. Wenn diese beiden Schritte vollzogen waren, wurde das freigelegte Mark in schmale, bandförmige Streifen geschnitten, die dann nebeneinander auf eine große, flache Kalksteinplatte gelegt wurden. Jungen besprengten sie ständig mit Wasser; ihre behenden Finger versprühten die Tropfen aus irdenen Töpfen.
    Die Streifen wurden schnurgerade ausgerichtet, und dann wurde rechtwinklig dazu eine zweite Schicht darübergelegt. Huys Arbeit bestand darin, die zweite Lage auf die erste zu stampfen. Zusammen mit zwei anderen Männern bearbeitete er rhythmisch die ganze Fläche; mit runden Hämmern klopften sie behutsam die zweite Schicht fest, bis die Stärke, die dabei aus dem Mark hervorquoll, alle Streifen zu einem weißen Papyrusbogen

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