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Tod am Nil

Tod am Nil

Titel: Tod am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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weniger mühseligen Reise nach Byblos und Kheftyu überquerten.
    »Gefällt es dir?« fragte eine Stimme hinter ihm. Als er sich umdrehte, sah er Taheb. Heute trug sie ein gefälteltes Gewand aus leichter Wolle, an einer Seite zur Kühlung bis zu ihrem braunen Schenkel hinauf geschlitzt und mit einem dunkelblauen, golddurchwirkten Streifen gesäumt.
    »Ja. Du hast hier viel verändert.«
    »Das ist wichtig, wenn man im selben Haus weiterleben soll.«
    »Hast du daran gedacht, umzuziehen?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich fühle mich wohl hier, und da ist das Büro. Ich hege keinen Groll; also gibt es auch keine Geister, die sich gegen mich erheben.«
    Huy spreizte die Hände. »Du hast mich eingeladen; deshalb bin ich gekommen. Aber vielleicht hätte ich vorher eine Nachricht schicken sollen.«
    Sie lächelte. »Du hast dir einen guten Zeitpunkt ausgesucht. Wir haben frischen Wind, und die beiden Diorit-Barken, die nach Süden reisen sollen, konnten frühzeitig ablegen. Also - stehe ich dir zur Verfügung.« Sie breitete die langen Arme aus und ließ sie lächelnd wieder herunterfallen; dann deutete sie auf eine Couch und nahm selbst auf einer anderen Platz. Huy wünschte sich unversehens, er könnte mehr von ihr sehen als das, was der Schlitz im Kleid offenbarte.
    »Weißt du, warum Merymose so dringend von hier weggerufen wurde?« fragte Huy, während eine Leibdienerin Honigkuchen und Wein brachte.
    Tahebs Miene umwölkte sich. »Ja. Die arme Iritnofret.«
    »Ich wollte dich nach ihr fragen.«
    Sie hob die Brauen. »Hat Merymose dich zu dem Fall herangezogen?«
    »Nein - aber ich muß dir dafür danken, daß du mich ihm gegenüber erwähnt hast.«
    Sie zuckte die Achseln. »Deine Arbeit ist interessant, und ich glaube, du bist gut darin. Und Merymose ist ein intelligenter Mann. Ihr könntet voneinander lernen.«
    »Kanntest du das Mädchen?«
    »Wir kannten die Familie. Gelegentlich hat Ipuky uns beauftragt, Silberbarren aus den Minen am Östlichen Meer nach Norden zu transportieren, und dann vom Delta den Fluß herauf. Aber inzwischen gibt es eine Handelsstraße über Land, und seitdem machen wir nicht mehr so viele Geschäfte mit ihm.«
    »Was für ein Mann ist er?«
    Taheb wirkte zurückhaltend. »Wirst du meine Auskünfte vertraulich behandeln?«
    »Ja, das verspreche ich«, sagte Huy. »Ich kann ja nicht selbst mit Ipuky sprechen; Merymose wird es allerdings sicher tun.« Er zögerte und fuhr dann fort: »Es interessiert mich, das ist alles. Merymose hat mich gebeten, mir den Leichnam anzuschauen.«
    »Das arme Kind. War sie verstümmelt?«
    Huy sah sie an. »Nein. Sie war unversehrt. Fragst du aus einem bestimmten Grund?«
    »Nein. Ich verbinde Mord immer mit Gewalt. Ich hatte mir vorgestellt, sie sei erstochen und geschändet worden. Du hast einen inquisitorischen, mißtrauischen Verstand.«
    »Den brauche ich auch in dieser Zeit.«
    Sie spreizte die Hände. »Warum stellst du mir diese Fragen? Und weshalb sollte ich sie beantworten?«
    »Ich stelle sie, weil ich neugierig bin, und weil das Nichtstun mich langweilt. Es kann sein, daß man meine Hilfe verlangt. Wenn nicht, werde ich die Informationen, die ich von dir bekomme, vergessen, so als hätte dieses Gespräch niemals stattgefunden.«
    »Du bist ein Diplomat.« Sie sah ihn zärtlich an und streckte die Hand nach dem Wein aus, um ihnen einzuschenken; dabei gewährte sie ihm einen Blick auf ihr Bein. Feine goldene Härchen, die ohne das Sonnenlicht gar nicht sichtbar gewesen wären, schimmerten auf der glatten braunen Haut ihres Schenkels. Was war nur aus der alten Taheb geworden?
    »Ipuky ist Beamter. Ich bin zu jung, um mich noch genau daran zu erinnern, aber ich glaube, er begann seine Laufbahn als Aufseher in den Türkisbergwerken in der Nördlichen Wüste, gegen Ende der Herrschaft Nebmare Amenophis’. Ich weiß, daß er zu denen gehörte, die gegen das aufstrebende Militär eingestellt waren. Er bat Amenophis immer wieder, die Verleihung goldener Kampfesorden einzuschränken - nicht, daß die Kämpfe damals mehr als kleine Scharmützel gewesen wären.«
    »Weißt du, was in der Regentschaft des Großen Verbrechers aus ihm geworden ist?« Huy empfand eine finstere Genugtuung darüber, wie mühelos er den Namen seines früheren Herrn verleugnen konnte.
    »Hier brauchst du Haremhebs Verfügungen nicht zu gehorchen, und belauschen kann man uns nicht«, sagte Taheb. »Die Antwort auf deine Frage lautet: Ich weiß es nicht. Aber er war jedenfalls im Amt

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