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Tod am Nil

Tod am Nil

Titel: Tod am Nil
Autoren: Anton Gill
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Leben.«
    Huy warf rasch einen Blick auf Merymoses Hinterkopf. Der Medjay-Hauptmann war zweifellos dazu gezwungen worden, Kenamun von Huys Zusammentreffen mit Surere zu berichten - vielleicht hatte er auch politische oder strategische Gründe dafür gehabt -, aber der Vertrauensbruch hatte eine Mauer zwischen ihnen errichtet. Huy hatte allmählich den Verdacht, daß Merymose, genau wie Kenamun, eine Verhaftung um jeden Preis wollte, und zwar so schnell wie möglich. Aber wenn Surere nicht der Mörder war, dann würden die Morde weitergehen. Das mußte doch auch Merymose sehen. Kenamun ging es natürlich nur um eins: Durch eine schnelle und eindrucksvolle Verhaftung hoffte er, zu Ruhm und Ehren zu kommen und sich dann anderen Aufgaben widmen zu können.
    »Der vierte Mord bestätigt die eskalierende Gewalttätigkeit im Herzen dieses Mannes. Er ist von Sinnen. Weit kann er nicht sein. Ich will, daß er gefunden wird. Ich will, daß ihm ein Geständnis abgerungen wird, und ich will, daß er hingerichtet wird!« wiederholte Kenamun beharrlich.
    Merymose antwortete nicht. Huy schaute auf die schwarzpolierte Tischplatte, hinter der Kenamun stand, auf den Tintenbehälter, die lederne Unterlage für den Papyrus, die ordentlich aufgereihten Pinsel, die Papierrollen, den zylindrischen Topf mit Bronzenadeln und das Papiermesser. Von dort wanderte sein Blick weiter zu den Händen auf der Stuhllehne; er sah ein rotes Mal, geformt wie die Mondsichel, auf der einen, und er sah den schweren, türkisgoldenen Amtsring am Mittelfinger der anderen.
    Kenamun war am Ende seiner Tirade angelangt, und als sein Gesicht sich jetzt entspannte, glaubte Huy, hinter dem Zorn in seinen Augen noch etwas anderes zu erkennen - einen so flüchtigen Ausdruck, daß er ihn nicht hätte benennen können, der aber einen verstörenden Eindruck in seinem Herzen hinterließ. Aber jetzt hatte Kenamun wieder angefangen zu sprechen.
    »Es kommt natürlich nicht in Frage, diesen Mann weiter in Dienst zu nehmen. Du sagst, er habe einen wichtigen Beitrag zum Fortgang deiner Ermittlungen geleistet. Ich glaube jedoch nicht, daß er irgend etwas beigetragen hat, was wir ohne seine Hilfe nicht herausgefunden hätten. Dein Vertrauen auf seine Fachkenntnis war schlecht begründet und gereicht einem Offizier deines Ranges und deiner Erfahrung nicht zur Ehre.«
    Merymose wollte etwas sagen.
    »Ich verbiete dir, weiter mit ihm zusammenzuarbeiten. Ist das klar?«
    Merymose schwieg.
    »Ist das klar ?« Wenn er auftrumpfte, klang Kenamun wie ein kleiner Beamter, der sich mühsam hochgearbeitet hatte, und im Grunde war er das ja auch. Huy betrachtete das überlange Gesicht, den lächerlichen Bartschatten - und mit jähem Schreck erkannte er, daß der Mann Angst hatte. Aber wovor? Setzte Haremheb ihn unter Druck, weil er Resultate wollte? Wenn ja, hatte er allen Grund, für seine künftigen Ambitionen zu fürchten.
    »Flußpferdemist«, sagte Merymose, als sie draußen waren. Die Sonne brannte vom Himmel und blendete sie. Sie hatten beide nicht geschlafen, und beide sahen nach der langen Nacht ziemlich heruntergekommen aus. Dazu kam, daß Kenamun sie eine Stunde in einem unbelüfteten Vorzimmer hatte warten lassen, ehe er sie empfangen hatte. Huy sagte nichts; er widerstand dem Drang, Merymose zu fragen, weshalb er Kenamun von seinem Treffen mit Surere erzählt habe, und er fragte sich, ob der Medjay ihm wohl eine Erklärung geben würde. Es kam keine. Sie gingen nordwärts, auf das Stadtzentrum zu.
    »Der Kerl ist Flußpferdemist, und er verdient es, daß man Skarabäeneier aus ihm macht.«
    »Vielleicht sind seine Vorgesetzten nicht zufrieden mit ihm.« »Dann sollen sie ihn absetzen.« Merymose sah Huy verlegen an. »Ich habe dich den Krokodilen vorgeworfen, um meinen Posten zu retten.«
    »Dann bist du auch Flußpferdemist.«
    Merymose raffte sich auf. »Das geht schon in Ordnung. Deine Arbeit wird nicht leiden.«
    »Und was kriege ich dafür?«
    »Ich werde ein Honorar für dich anfordern.«
    »Bei wem denn? Bei Kenamun? Verstecke dich nicht hinter deinem Beamtenkauderwelsch.«
    »Du weißt nicht, wie glücklich du dich schätzen kannst, daß du diesem System nicht angehörst.«
    »Wenn du nicht soviel durchgemacht hättest, würde ich dir die Zähne einschlagen.«
    Merymose blieb stehen. »Du glaubst doch wohl nicht, ich hätte dich ohne Grund verraten, oder?«
    Huy sah ihn an. »Glaubst du immer noch, daß ich Surere decke?«
    Merymose antwortete nicht schnell genug. Huy
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